Augsburger Allgemeine (Land West)
„Wehret den Anfängen“
Gute Frage. Jedenfalls ist es bequemer, das der Politik zu überlassen. Ich bin viel in der Welt herumgekommen. Dadurch erschließen sich Zusammenhänge, die man in den eigenen vier Wänden weder sieht noch verbinden kann. Allein schon daraus erwächst eine Verantwortung. Ob man dann als angestellter Manager immer einen Tweet schreiben muss, ist eine andere Sache. Das muss jeder für sich entscheiden, schließlich gibt es ja auch in extremen Lagern Kunden. Jeder Manager sollte es sich sorgfältig überlegen, ob und wie er oder sie sich politisch einmischt. Am Ende muss man zu den Konsequenzen stehen, die ein solches Engagement nach sich zieht.
Am meisten fordert Sie immer wieder Rassismus heraus. Dann mischen Sie sich ein.
Kaeser: Das war schon immer so.
Woran liegt das?
Kaeser: Das ist für mich vorwiegend die klare Konsequenz aus der deutschen Geschichte, also dem Nationalsozialismus. So etwas darf nie wieder passieren. Es schmerzt mich, wenn ich 75 Jahre nach Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz darüber nachdenke, wie es möglich war, dass Deutsche solche Taten begangen haben, einen solchen Zivilisationsbruch. Das alles konnte eigentlich nur passieren, weil zu viele Verantwortliche aller gesellschaftlichen Gruppierungen zu lange geschwiegen haben. 1939 war es dann zu spät. Wirtschaftslenker, wie ich heute einer bin, haben zu lange geschwiegen. Deswegen schweige ich nicht – gerade auch weil Antisemitismus und Ausgrenzung nicht aus Deutschland verschwunden sind. Wir müssen verhindern, dass diese Tendenzen in unserer Gesellschaft stärker werden.