Augsburger Allgemeine (Land West)
Bilderstürmer des Kinos
Filmkunst Altmeister Jean-Luc Godard wird 90 Jahre alt
Paris Statt wie üblich im Studio zu drehen, fing Jean-Luc Godard die Cafés und Straßen in Paris mit seiner Handkamera ein, vor der sich JeanPaul Belmondo frei bewegte. Seine Schnitte folgten weder Regeln noch Rhythmus. Mit „Außer Atem“schuf Godard ein Meisterwerk, das 1960 die Filmsprache revolutionierte. Seitdem experimentiert der französisch-schweizerische Altmeister unermüdlich mit Form, Inhalt und den Sehgewohnheiten der Zuschauer. Er brauche seine Freiheit. Und die bekomme er, indem er eine gewisse Verwirrung stifte und mit den herkömmlichen Regeln spiele, erklärte er damals.
Godard, der am Donnerstag 90
Jahre alt wird, gehört zu den bedeutendsten und eigenwilligsten Regisseuren Frankreichs. Während seine Gangstergeschichte „Außer Atem“und „Die Verachtung“noch Handlungen im klassischen Sinn besitzen, bricht er ab Mitte der 60er Jahre in Filmen wie „Weekend“und „Die Chinesin“die Erzählstrukturen ganz auf. Seine Geschichten werden fragmentarischer, Bilder und Szenen verlieren ihren inhaltlichen und zeitlichen Bezug.
Godards Filme sind Manifeste eines intellektuellen Kinos, in denen es die Geschichte und die Reflexion über die Geschichte gibt, die Erzählung und die Infragestellung der Erzählung. Und dazu gehört die Frage nach Bild und Sprache und ihrer Beziehung zueinander. Jean-Luc Godard lehnt die Idee ab, dass Sprache und Wörter Kopien der Realität sind.