Augsburger Allgemeine (Land West)

Bayern paradox

Statt erneut einen Rückstand aufzuholen, verspielen die Münchner diesmal einen 2:0-Vorsprung in Gladbach und verlieren noch. Ein Borusse ist an sämtlichen Toren beteiligt

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Mönchengla­dbach Haarsträub­ende Abwehrfehl­er haben den FC Bayern im furiosen Bundesliga-Klassiker bei Borussia Mönchengla­dbach erneut zu Fall gebracht. Erstmals seit zehn Jahren verspielte der Rekordmeis­ter beim 2:3 (2:2) am Freitagabe­nd wieder einen 2:0-Vorsprung. Dem Team von Trainer Hansi Flick, der damit in Gladbach seine zweite von erst vier Niederlage­n als Bayern-Coach kassierte, droht nun am Samstag der Verlust der Tabellenfü­hrung. Angeführt vom überragend­en Offensiv-Duo Lars Stindl und Jonas Hofmann nutzte der alte Bayern-Rivale die bekannten Defensivsc­hwächen der Münchner eiskalt aus.

Zwei überragend­e Pässe von Stindl auf Hofmann (36. Minute/45.) führten zum Ausgleich noch vor der Pause. Florian Neuhaus (49.) traf zum Sieg. Die Borussia gewann verdient zum vierten Mal in Folge das Hinspiel gegen die Bayern, die zuletzt im Februar 2011 beim 1. FC Köln eine Zwei-ToreFührun­g verspielt hatten. Ein Handelfmet­ertor von Robert Lewandowsk­i (20.) und ein Treffer von Leon Goretzka (26.) reichten für den Triple-Sieger nicht.

Die Gladbacher zeigten schon gute erste 15 Minuten im offensiven 4-3-3-System, der Rekordmeis­ter war wie von Flick prophezeit „von der ersten Sekunde an“gefordert. In der Münchner Viererkett­e setzte der Bayern-Trainer auf den zuletzt schwächeln­den Benjamin Pavard als Rechtsvert­eidiger, Joshua Kimmich spielte seine Paraderoll­e als Antreiber im Mittelfeld. Gladbach suchte mit hohem Tempo und langen Bällen den Weg nach vorne – dann patzte hinten Neuhaus. Der Nationalsp­ieler ging im eigenen Strafraum unnötig mit der Hand zum Ball und berührte diesen mit den Fingerspit­zen, den fälligen Elfmeter nach Videobewei­s verwandelt­e Lewandowsk­i spielend sicher zu seinem 20. Saisontor.

Der Weltfußbal­ler wandelt damit weiter auf den Spuren des großen Gerd Müller, der vor knapp 50 Jahren 40 Tore in einer Spielzeit erzielt hatte. Flick jubelte an der Seitenlini­e – in den vorausgega­ngenen acht

Bundesliga-Spielen waren die Bayern immer in Rückstand geraten. Dieses Mal lief es besser, zumindest zunächst.

Zwar versuchte Gladbach, den Druck auf die Gäste sofort wieder zu erhöhen. Mit cleverem Pressing brachten aber die Bayern nur kurz nach der Führung Goretzka in Position, dessen Schuss aus gut 25 Metern für Gladbach-Torwart Yann Sommer nicht zu halten war. Die Borussia kassierte ihren 200. Gegentreff­er gegen die Bayern, kam dann aber schnell wieder ins Spiel zurück.

Und wie! Stindl und Hofmann sorgten für die beiden Tore zum Ausgleich noch vor der Pause – nach etwa gleichem Schema. Stindl setzte Hofmann zweimal mit ganz starken Pässen gegen unsortiert­e Bayern gekonnt in Szene, der 28-Jährige behielt vor dem Bayern-Tor von Manuel Neuer die Nerven und sorgte dafür, dass der Nationalma­nnschaftsk­apitän zum zehnten Mal in Folge ein Gegentor kassierte. Ein persönlich­er Negativrek­ord für den 34-Jährigen. Entspreche­nd bedient ging es für die Bayern in die Pause.

Ein Abspielfeh­ler von Niklas Süle verschlech­terte die Münchner Ausgangsla­ge bedenklich. Die Gladbacher spielten gedankensc­hnell über Hofmann in Richtung Strafraum und Neuhaus machte mit seinem Führungsto­r den Handelfmet­erPatzer wieder gut.

Die folgenden Angriffsbe­mühungen der Bayern hatten die Gladbacher zunächst im Griff. Über die Außen Douglas Costa und Leroy Sané entwickelt­e der Rekordmeis­ter trotz hohen Pressings lange nicht den gewünschte­n Druck. David Alabas Abschluss wurde geblockt (70.). Und Gladbach lauerte auf weitere Chancen. Mönchengla­dbach Sommer – Lainer, Ginter, Elvedi, Bensebaini (89. Jantschke) – Zakaria (74. P. Herrmann), C. Kramer, Neu‰ haus – Embolo, Stindl (82. Wolf), Hofmann (89. Wendt) Bayern München Neuer – Pavard, Süle, Alaba, Davies – Kimmich, Goretzka – L. Sané, Müller, Douglas Costa (68. Coman) – Lewandowsk­i Tore 0:1 Le‰ wandowski (20./Handelfmet­er), 0:2 Go‰ retzka (26.), 1:2 Hofmann (36.), 2:2 Hof‰ mann (45.), 3:2 Neuhaus (49.) Schieds‰ richter Harm Osmers (Hannover)

Ohne Tönnies aber taumeln die Schalker durch die Liga. Niemand, der nun mit der Selbstvers­tändlichke­it des Ex-Bosses vorneweg geht. Schalke braucht Hilfe. Die Mannschaft ist allem Anschein nach zu schwach, um die Liga zu halten. Geld für Neuzugänge: nicht vorhanden. Also bot Tönnies (der dem Verein noch als Sponsor verbunden ist) eine Finanzspri­tze an. Allerdings nur, wenn der elfköpfige Aufsichtsr­at einstimmig zustimmt. Sehr eitel. Denn vollumfäng­liche Sympathien kann Tönnies nun wirklich nicht erwarten. Er erhielt sie auch nicht.

Weil zwei Aufsichtsr­äte nicht minder eitel waren. Statt die dringend benötigten Millionen anzunehmen, verweigert­en sie die Gefolgscha­ft. Menschlich verständli­ch. Schließlic­h würde sich andernfall­s Tönnies zweifellos im Falle des Klassenerh­alts feiern lassen.

Kann der Verein aber deswegen auf das Geld verzichten? Ohne Tönnies-Kohle absteigen oder mit den Millionen Chancen auf den Nichtabsti­eg: Das scheinen die beiden Möglichkei­ten. Der mögliche Schaden, den der Klub in der Zweitklass­igkeit nimmt, dürfte größer sein, als jener, den der Anblick des jubelnden Ex-Chefs anrichtet.

So aber wird der Verein zur Geisel der Eifersucht. Und dafür ist nicht nur Clemens Tönnies verantwort­lich.

 ?? Foto: Ulrich Hufnagel ?? Ein Traum von einem Tor: Florian Neuhaus zirkelte den Ball kurz nach der Halbzeit zum 3:2 in den Münchner Kasten. Anschließe­nd fiel den Bayern nicht mehr viel ein, so dass bereits früh im Jahr die erste Niederlage zu Buche steht.
Foto: Ulrich Hufnagel Ein Traum von einem Tor: Florian Neuhaus zirkelte den Ball kurz nach der Halbzeit zum 3:2 in den Münchner Kasten. Anschließe­nd fiel den Bayern nicht mehr viel ein, so dass bereits früh im Jahr die erste Niederlage zu Buche steht.

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