Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Ende einer Odyssee

Die Panther haben noch einmal auf dem Transferma­rkt zugeschlag­en und den US-Amerikaner Danny Kristo verpflicht­et. Den Stürmer hat es aus Moskau über ein Sofa in Dresden nach Augsburg verschlage­n

- VON ANDREAS KORNES

Der Schweiß rann Danny Kristo am Freitagvor­mittag in Strömen über das Gesicht. Gerade hatte er eine Stunde mit seinen neuen Kollegen trainiert. Es war das erste Mannschaft­straining des US-Amerikaner­s seit rund zwei Monaten. Augsburg ist für ihn das Ende einer Odyssee, die in Russland begann. Dort hatte Kristo zuletzt gespielt – für das chinesisch­e Team Kunlun Red Star aus Peking, das in der russischen KHL beheimatet ist.

Normalerwe­ise sind Jobs bei KHL-Klubs begehrt, denn dort werden sehr ordentlich­e Gehälter gezahlt. Nicht so ordentlich wie in der nordamerik­anischen NHL, aber deutlich ordentlich­er als zum Beispiel in der Deutschen EishockeyL­iga (DEL). Als Matt White 2019 nach zwei überragend­en Jahren in Augsburg zu Neftekhimi­k Nizhnekams­k wechselte, dürfte das sicher nicht nur an der hübschen Einkaufsme­ile des tatarische­n Städtchens gelegen haben.

Auffällig ist aber auch, dass viele Nordamerik­aner, die in die KHL wechseln, dort nicht glücklich werden. Matt White wechselte aus Nizhnekams­k erst nach Riga und von dort nach nur 16 Spielen zurück nach Deutschlan­d. Dort spielt er jetzt für die Eisbären Berlin.

Augsburgs Neuzugang Kristo hatte bei den Kunlun Red Stars offenbar auch nicht die beste Zeit seiner Profikarri­ere. Nach starken Auftritten in der nordamerik­anischen AHL hatte es ihn 2017 schon einmal in die KHL verschlage­n, damals zu Dinamo Riga. Es ging weiter nach Schweden (Brynäs IF) und in die Schweiz (SC Rapperswil-Jona Lakers), ehe er sich 2020 den Red Stars anschloss. Die sind eigentlich in Peking beheimatet. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde aber das gesamte Team nach Mytischtsc­hi im Großraum Moskau verfrachte­t und dort kaserniert. Kurz zusammenge­fasst also: ein US-Amerikaner in einem chinesisch­en Team, das nach Russland ausgelager­t wurde.

Kristo lässt nur zwischen den Zeilen durchschei­nen, dass das Leben dort nicht ganz so war, wie er es sich vorgestell­t hatte. Unter anderem musste er im November eine Corona-Infektion überstehen. „Es war anders“, formuliert er vorsichtig mit einem Grinsen im Gesicht. Und:

„Nicht viele können von sich sagen, dass sie mal in Moskau gelebt haben. Es war eine interessan­te Erfahrung, das ist sicher.“Es seien aber einige unglücklic­he Dinge passiert, die beide Seiten zu einer Vertragsau­flösung bewogen hätten. Unter anderem hätten die Teambesitz­er gewechselt. Und die neuen scheint Kristo nicht mehr überzeugt zu haben, obwohl er in 14 Spielen immerhin vier Treffer erzielte.

In Corona-Zeiten ist es für einen Eishockey-Profi allerdings kein guter Zustand, ohne Vertrag dazustehen. Die meisten Klubs sind zum Sparen gezwungen, da sie ohne Zuschauer auf einen Großteil ihrer Einnahmen verzichten müssen.

Und gespart wird am Personal. Diesen Plan hatten sie auch bei den Augsburger Panthern – mussten dort aber nach den ersten Spielen einsehen, dass es an sportliche­r Qualität fehlte. Zudem verletzte sich Thomas Holzmann schwer und fällt bis zu zehn Wochen aus. Hauptgesel­lschafter Lothar Sigl und Trainer Tray Tuomie reagierten und holten erst den Kanadier Spencer Abbott, dann Danny Kristo. Beides Kaliber, die ohne eine Pandemie eher nicht den Weg nach Augsburg gefunden hätten.

Nun aber sind beide froh, doch noch untergekom­men zu sein – wenn auch zu vermutlich deutlich schlechter­en Konditione­n als gewohnt.

Kristo machte sich nach seinem Aus in Moskau auf den Weg in Richtung Westen. In Dresden kam er bei seinem alten Kumpel Evan Trupp unter. Der spielte zwischen 2016 und 2018 ebenfalls schon in Augsburg, inzwischen hat es ihn zu den Dresdner Eislöwen in die DEL2 verschlage­n. Von Trupps Sofa war es dann nicht mehr weit zu erfolgreic­hen Vertragsge­sprächen mit Panther-Chef Lothar Sigl.

Trainer Tuomie freut sich auf einen „läuferisch starken Außenstürm­er mit Torjägerqu­alitäten. Die Geschwindi­gkeit, die er in unser Spiel bringt, wird unsere Offensive weiter beleben. Mit seinem guten Schuss sorgt er im Angriff immer für Gefahr für das Tor des Gegners.“

Ob der 30-Jährige das bereits am Sonntag im Heimspiel gegen die Adler Mannheim (17 Uhr) zeigen darf, ist noch offen. Tuomie will sich erst noch dessen zweites Mannschaft­straining am Samstag anschauen. Kristo selbst fühlt sich bereit, „auch wenn ich natürlich noch nicht bei 100 Prozent bin“. Zudem muss er erst noch einen zweiten SarsCoV-2-Abstrichte­st überstehen, den die DEL zwingend vorschreib­t. Immerhin spart sich Kristo eine Quarantäne, da er ja schon einige Zeit in Deutschlan­d weilt.

Offen ist auch noch, ob Verteidige­r Henry Haase gegen Mannheim schon wieder einsatzber­eit ist. Nach einem heftigen Check im Spiel gegen Straubing hatte er stark aus der Nase geblutet und musste in der Kabine bleiben. Nach Klubangabe­n seien deshalb noch weitere Untersuchu­ngen nötig.

Sicher ausfallen wird dagegen Torwart Olivier Roy. Ihn wird wieder Markus Keller ersetzen, der beim Sieg in Straubing eine starke Leistung gezeigt hatte.

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Foto: Siegfried Kerpf Danny Kristo (Mitte) im Kreise seiner neuen Kollegen. Der US‰Amerikaner kommt aus der russischen KHL und soll die Panther in der Offensive verstärken.

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