Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Ende einer Odyssee
Die Panther haben noch einmal auf dem Transfermarkt zugeschlagen und den US-Amerikaner Danny Kristo verpflichtet. Den Stürmer hat es aus Moskau über ein Sofa in Dresden nach Augsburg verschlagen
Der Schweiß rann Danny Kristo am Freitagvormittag in Strömen über das Gesicht. Gerade hatte er eine Stunde mit seinen neuen Kollegen trainiert. Es war das erste Mannschaftstraining des US-Amerikaners seit rund zwei Monaten. Augsburg ist für ihn das Ende einer Odyssee, die in Russland begann. Dort hatte Kristo zuletzt gespielt – für das chinesische Team Kunlun Red Star aus Peking, das in der russischen KHL beheimatet ist.
Normalerweise sind Jobs bei KHL-Klubs begehrt, denn dort werden sehr ordentliche Gehälter gezahlt. Nicht so ordentlich wie in der nordamerikanischen NHL, aber deutlich ordentlicher als zum Beispiel in der Deutschen EishockeyLiga (DEL). Als Matt White 2019 nach zwei überragenden Jahren in Augsburg zu Neftekhimik Nizhnekamsk wechselte, dürfte das sicher nicht nur an der hübschen Einkaufsmeile des tatarischen Städtchens gelegen haben.
Auffällig ist aber auch, dass viele Nordamerikaner, die in die KHL wechseln, dort nicht glücklich werden. Matt White wechselte aus Nizhnekamsk erst nach Riga und von dort nach nur 16 Spielen zurück nach Deutschland. Dort spielt er jetzt für die Eisbären Berlin.
Augsburgs Neuzugang Kristo hatte bei den Kunlun Red Stars offenbar auch nicht die beste Zeit seiner Profikarriere. Nach starken Auftritten in der nordamerikanischen AHL hatte es ihn 2017 schon einmal in die KHL verschlagen, damals zu Dinamo Riga. Es ging weiter nach Schweden (Brynäs IF) und in die Schweiz (SC Rapperswil-Jona Lakers), ehe er sich 2020 den Red Stars anschloss. Die sind eigentlich in Peking beheimatet. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde aber das gesamte Team nach Mytischtschi im Großraum Moskau verfrachtet und dort kaserniert. Kurz zusammengefasst also: ein US-Amerikaner in einem chinesischen Team, das nach Russland ausgelagert wurde.
Kristo lässt nur zwischen den Zeilen durchscheinen, dass das Leben dort nicht ganz so war, wie er es sich vorgestellt hatte. Unter anderem musste er im November eine Corona-Infektion überstehen. „Es war anders“, formuliert er vorsichtig mit einem Grinsen im Gesicht. Und:
„Nicht viele können von sich sagen, dass sie mal in Moskau gelebt haben. Es war eine interessante Erfahrung, das ist sicher.“Es seien aber einige unglückliche Dinge passiert, die beide Seiten zu einer Vertragsauflösung bewogen hätten. Unter anderem hätten die Teambesitzer gewechselt. Und die neuen scheint Kristo nicht mehr überzeugt zu haben, obwohl er in 14 Spielen immerhin vier Treffer erzielte.
In Corona-Zeiten ist es für einen Eishockey-Profi allerdings kein guter Zustand, ohne Vertrag dazustehen. Die meisten Klubs sind zum Sparen gezwungen, da sie ohne Zuschauer auf einen Großteil ihrer Einnahmen verzichten müssen.
Und gespart wird am Personal. Diesen Plan hatten sie auch bei den Augsburger Panthern – mussten dort aber nach den ersten Spielen einsehen, dass es an sportlicher Qualität fehlte. Zudem verletzte sich Thomas Holzmann schwer und fällt bis zu zehn Wochen aus. Hauptgesellschafter Lothar Sigl und Trainer Tray Tuomie reagierten und holten erst den Kanadier Spencer Abbott, dann Danny Kristo. Beides Kaliber, die ohne eine Pandemie eher nicht den Weg nach Augsburg gefunden hätten.
Nun aber sind beide froh, doch noch untergekommen zu sein – wenn auch zu vermutlich deutlich schlechteren Konditionen als gewohnt.
Kristo machte sich nach seinem Aus in Moskau auf den Weg in Richtung Westen. In Dresden kam er bei seinem alten Kumpel Evan Trupp unter. Der spielte zwischen 2016 und 2018 ebenfalls schon in Augsburg, inzwischen hat es ihn zu den Dresdner Eislöwen in die DEL2 verschlagen. Von Trupps Sofa war es dann nicht mehr weit zu erfolgreichen Vertragsgesprächen mit Panther-Chef Lothar Sigl.
Trainer Tuomie freut sich auf einen „läuferisch starken Außenstürmer mit Torjägerqualitäten. Die Geschwindigkeit, die er in unser Spiel bringt, wird unsere Offensive weiter beleben. Mit seinem guten Schuss sorgt er im Angriff immer für Gefahr für das Tor des Gegners.“
Ob der 30-Jährige das bereits am Sonntag im Heimspiel gegen die Adler Mannheim (17 Uhr) zeigen darf, ist noch offen. Tuomie will sich erst noch dessen zweites Mannschaftstraining am Samstag anschauen. Kristo selbst fühlt sich bereit, „auch wenn ich natürlich noch nicht bei 100 Prozent bin“. Zudem muss er erst noch einen zweiten SarsCoV-2-Abstrichtest überstehen, den die DEL zwingend vorschreibt. Immerhin spart sich Kristo eine Quarantäne, da er ja schon einige Zeit in Deutschland weilt.
Offen ist auch noch, ob Verteidiger Henry Haase gegen Mannheim schon wieder einsatzbereit ist. Nach einem heftigen Check im Spiel gegen Straubing hatte er stark aus der Nase geblutet und musste in der Kabine bleiben. Nach Klubangaben seien deshalb noch weitere Untersuchungen nötig.
Sicher ausfallen wird dagegen Torwart Olivier Roy. Ihn wird wieder Markus Keller ersetzen, der beim Sieg in Straubing eine starke Leistung gezeigt hatte.