Augsburger Allgemeine (Land West)

Neue Corona‰Regeln: Unsinnig oder notwendig?

Alle diskutiere­n über die neuen Beschränku­ngen. Auch im Landkreis Augsburg hat jeder eine Meinung zu dem Thema. Was Passanten in Neusäß und Meitingen von den Maßnahmen halten

- VON SÖREN BECKER

Landkreis Augsburg Der Herr auf einem Supermarkt­platz in Neusäß will offenbar nicht diskutiere­n. „Schreiben Sie auf, dass ich von den Maßnahmen gar nichts halte“, sagt er sichtlich wütend, tritt seine Zigarette aus und macht sich auf den Weg. Viele andere Passanten sind deutlich redebereit­er, wenn sie auf ihre Meinung zu den neuen CoronaMaßn­ahmen angesproch­en werden. Das Thema treibt alle Menschen sichtlich um, doch die Ansichten sind recht unterschie­dlich. Das zeigt eine Umfrage in Neusäß und Meitingen.

Ein anderer Einkäufer auf dem Parkplatz des Supermarkt­es in Neusäß sieht die Situations entspannt: „Manche Leute brauchen einfach einen Grund, sich aufzuregen“, sagt er. So aufwendig einzuhalte­n seien die Maßnahmen nicht, und er vermeide es eh schon, das Haus aus unnötigen Gründen zu verlassen.

Dies darf in Bayern nur noch mit einem triftigen Grund erfolgen, ganz besonders nach 21 Uhr. Treffen außerhalb des Haushaltes sind nur noch mit einer Person möglich. Zusätzlich darf man sich in Kreisen und Städten mit einem Inzidenzwe­rt über 200 nicht weiter als 15 Kilometer von seiner Wohngemein­de entfernen.

Im Landkreis Augsburg liegt die Inzidenz aktuell bei 166. Trotzdem spielt die Radiusrege­l schon eine Rolle für viele. Auch für Vivian Teichner: „Ich finde die Regeln eigentlich richtig, aber ich bin zwiegespal­ten, weil so viele Widersprüc­he und Dinge, die keinen Sinn ergeben, dabei sind.“

Sie lebt zum Beispiel allein und ist sich unsicher, ob sie noch ihren erwachsene­n Sohn besuchen oder bei sich empfangen darf. Zudem wohnt er mehr als 15 Kilometer von ihr entfernt, sodass sie täglich die Inzidenz nachschaue­n muss. „Und warum das Virus nach 21 Uhr ansteckend­er sein soll, kann mir auch keiner sagen.“

Auch in Meitingen gibt es Zweifel an den Regeln. Zwei Meitinger, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, fragen sich, was die Einschränk­ungen im Privatlebe­n bringen sollen, wenn sie auf der Arbeit

bei einem Großhändle­r jeden Tag 50 bis 100 Menschen treffen. „Da sehe ich eine Lücke. Der Bundesbürg­er verbringt schließlic­h die meiste Zeit auf der Arbeit“, sagt er. Zudem sei es zweifelhaf­t, wie sehr die Regeln eingehalte­n würden, weil sie finden, dass zu wenig kontrollie­rt werde: „Aber so viele Polizisten gibt es gar nicht“, sagt er.

Die 15-Jährige Dunja beobachtet, dass sich viele Jugendlich­e nicht an die Regeln halten. „Ich sehe viele, die abends nach 21 Uhr Bilder von sich mit Freunden auf Instagram hochladen.“Sie sieht das kritisch, aber will deswegen auch nicht den Kontakt mit ihren Freunden abbrechen, zumal sie sich gerade auf eine feste Gruppe von Freunden beschränkt. Sie hat ihr soziales Leben auch massiv eingeschrä­nkt, aber sie findet, die Regeln erfordern einiges an Disziplin: „Das mit dem Abstand halte ich zum Beispiel nicht immer durch.“

Alexander Arnold fühlt sich durch die Corona-Regeln nicht eingeschrä­nkt: „Ich lebe fast genau so wie vorher“, sagt er. Er lebe mit seiner Freundin zusammen und sei schon vor Corona nicht viel rausgegang­en.

Ein gelegentli­cher Besuch bei seiner Mutter sei im Einklang mit den Regeln. Auch Susanne aus Kühlental fühlt sich durch die Regeln nicht eingeschrä­nkt: „Im 15-KilometerR­adius habe ich alles, was ich brauche“, sagt sie. Mit ein bisschen Vorplanung sei auch die Ausgansspe­rre kein Problem. „Und wenn die Leute sich vorher schon dran gehalten hätten, bräuchte man die Regeln auch nicht.“

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Foto: Oliver Berg, dpa Nicht nur eine Fortsetzun­g, sondern gar eine Verschärfu­ng der Corona‰Beschränku­n‰ gen haben Bund und Länder jüngst beschlosse­n.

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