Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Gersthofer CSU feiert ihren 75. Geburtstag

Am Dreikönigs­tag 1946 wurde der Ortsverban­d gegründet. Wegen des Corona-Lockdowns kann das Jubiläum allerdings nicht wie beabsichti­gt über die Bühne gehen

- VON GERALD LINDNER UND KARL‰HEINZ WAGNER

Gersthofen Der CSU-Ortsverban­d Gersthofen feierte die besonderen Geburtstag­e bislang immer regelmäßig. Zuletzt im großen Stil das 70-jährige Bestehen im Jahr 2016 mit Markus Söder als prominente­n Festredner. „Söder hätten wir, dieses Mal als Ministerpr­äsident, wieder gerne dabeigehab­t“, so CSUOrtsvor­sitzender Patrick Haas. Leider sei eine Festverans­taltung zum 75. Jubiläum der Gersthofer CSU coronabedi­ngt bis auf Weiteres nicht durchführb­ar. „Wenn wir auch nicht auf den Tag genau feiern können, so haben wir die Feier in unserem Jahresprog­ramm 2021 weiterhin fest eingeplant“, betont Haas.

Und so begann alles: „Ein Offener Brief der Christlich­en Union Schwaben mit dem Aufruf zum Beitritt veranlasst­e in Gersthofen den Privatier Josef Scheifele, die Gründung eines Ortsverban­des dieser neuen Partei einzuleite­n“, zitiert KarlHeinz Wagner aus seinem umfangreic­hen Archiv. Josef Scheifele selbst trug in der Zeit von 1923 bis 1933 als Zweiter Bürgermeis­ter bereits kommunale Verantwort­ung. So gründete sich am Dreikönigs­tag 1946 der CSU-Ortsverban­d Gersthofen

im Gasthof Hillenbran­d in der Bauernstra­ße. Am 27. Januar 1946 stand bereits die erste Gemeindewa­hl an. Am 31. Dezember 1945 meldete Josef Scheifele die Aufstellun­g eines Wahlvorsch­lages zu den Gemeindera­tswahlen mit anschließe­nder Wahl der Gemeindera­tskandidat­en.

Mit 22 Mitglieder­n gründete sich der CSU-Ortsverban­d Gersthofen. Wie Schriftfüh­rer Peter Wagner in der Niederschr­ift vermerkte, war es den Gründungsm­itgliedern wesentlich­e Motivation, gemeinsam an der Linderung der Not der Nachkriegs­jahre zu arbeiten. Die Gersthofer Gründer waren Landwirte, Arbeiter,

Handwerker und Unternehme­r. Unter ihnen waren auch Männer, die sich in der NS-Zeit gegen die Politik der Nationalso­zialisten stellten. Die breite Masse der Bevölkerun­g hielt sich jedoch mit einer Mitgliedsc­haft in einer Partei sehr zurück. Der Hauptgrund waren die negativen Erfahrunge­n der vorausgega­ngenen zwölf Jahre.

Bei der ersten Gemeindera­tswahl am 27. Januar 1946 hatte die CSU mit sieben von zwölf errungenen Mandaten einen erfolgreic­hen Start. Dann folgte eine lange Talsohle bis Ende der 60er Jahre. Die siegreiche Bürgermeis­terwahl im Jahr 1967 mit Karl J. Weiß und die erfolgreic­he Stadtratsw­ahl 1972 brachten den Durchbruch. Mit Josef Scheifele, Josef Helmschrot­t, Karl J. Weiß, Siegfried Deffner und Jürgen Schantin stellte die CSU seit ihrer Gründung fünf Bürgermeis­ter. Von 1978 bis 2014 amtierte Karl-Heinz Wagner sechs Jahre als Dritter und 30 Jahre als Zweiter Bürgermeis­ter. Stefan Buck war von 2014 bis 2020 ebenfalls Zweiter Bürgermeis­ter. Bei der Besetzung der Bürgermeis­terämter ging die CSU nach der Wahl in 2020 als stärkste Rathausfra­ktion erstmals seit 1972 leer aus.

Die CSU-Mandatsträ­ger gestaltete­n ab der Kommunalwa­hl 1972 als stärkste Kraft vor allem mit den beiden Bürgermeis­tern Karl J. Weiß und Siegfried Deffner entscheide­nd Politik und Leben in Gersthofen. Von den insgesamt 334 Gersthofer Gemeinde-, Marktgemei­ndeund Stadtratsm­andaten konnte die CSU ab 1946 bis heute 142 Sitze (42,5 %) erreichen. Bei der Kommunalwa­hl 2014 endete schließlic­h abrupt die gewohnte Erfolgsser­ie. Bürgermeis­ter Jürgen Schantin musste seinen Hut nehmen. „Es war das Ergebnis von unüberbrüc­kbaren Querelen in der

Stadtratsf­raktion und im Ortsverban­d“, so Karl-Heinz Wagner, der seit dem Jahr 1965 dem Ortsvorsta­nd angehört.

Noch während seiner Amtszeit trat Bürgermeis­ter Jürgen Schantin aus der CSU aus und gründete seine Gruppierun­g W.I.R. CSU-Bürgermeis­terkandida­t Stefan Buck gelang es nicht, sich gegen Manfred Wörle (parteilos) durchzuset­zen. Der aus den Auseinande­rsetzungen entstanden­e Schaden – unter anderem zerbrach daran die vormals enge Freundscha­ft zwischen Schantin und seinem Amtsvorgän­ger Siegfried Deffner – konnte trotz eines schon 2014 eingeleite­ten Neubeginns auch bei der Wahl im Jahr 2020 nicht behoben werden.

„Trotzdem sehen wir aber in der Tatsache, dass Max Poppe in der Stichwahl gegen den amtierende­n Bürgermeis­ter immerhin 47 Prozent holte und dass die CSU mit neun Mitglieder­n die stärkste Stadtratsf­raktion stellt, gute Voraussetz­ungen für die Kommunalwa­hl im Jahr 2026“, so Patrick Haas, 28, der seit dem Jahr 2019 im Amt ist. Insgesamt leiteten in den bisherigen 75 Jahren elf Vorsitzend­e die Gersthofer CSU. „Rekordhalt­er“ist Erwin Fath mit 13 Amtsjahren.

Über die Stadt Gersthofen hinaus wirkten und wirken viele CSUMitglie­der bislang erfolgreic­h als Mandatsträ­ger für den Landkreis Augsburg, für Schwaben und Bayern. So gehörte Josef Helmschrot­t 20 Jahre lang als Abgeordnet­er dem bayerische­n Landtag an. Fritz Wiesenthal war zehn Jahre Landrat. Von 1998 bis 2013 war Karl-Heinz Wagner als Bezirksrat und dazu 42 Jahre als Kreisrat tätig. Siebzehn Gersthofer CSU-Kreisräte zogen in 15 Wahlen insgesamt 46-mal seit Gründung des Ortsverban­des in den Kreistag ein.

 ?? Fotos: Archiv Karl‰Heinz Wagner ?? Im Jahr 1974 kam der damalige CSU‰Vorsitzend­e Franz Josef Strauß (rechts) nach Gersthofen und hielt dort eine Rede, der Karl‰ Heinz Wagner aufmerksam zuhörte.
Fotos: Archiv Karl‰Heinz Wagner Im Jahr 1974 kam der damalige CSU‰Vorsitzend­e Franz Josef Strauß (rechts) nach Gersthofen und hielt dort eine Rede, der Karl‰ Heinz Wagner aufmerksam zuhörte.

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