Augsburger Allgemeine (Land West)
Spahn fürchtet, dass sich zu wenige impfen lassen
Pandemie Minister will dennoch keine Pflicht, sondern die Bürger mit Argumenten überzeugen
Berlin Im Kampf gegen die CoronaPandemie wächst innerhalb der Bundesregierung die Sorge, dass es gar nicht genügend Freiwillige für die anstehenden Impfungen geben könnte, um die sogenannte Herdenimmunität zu erreichen. „Wenn wir das Virus besiegen wollen, wird es bald um die Impfbereitschaft gehen“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Mittwoch in einer Regierungserklärung. Hintergrund sind unionsinterne Schätzungen, wonach die Quote der Impfverweigerer unter den Beschäftigten in Pflegeberufen bis zu 70 Prozent betragen könnte. In der Gesamtbevölkerung wird mit rund einem Drittel Impfunwilligen gerechnet. In Bayern wollen sich immerhin mehr als drei Viertel der Bürger impfen lassen. Das geht aus einer Umfrage des Instituts Infratest dimap hervor.
Noch allerdings gibt es zu wenig Impfstoff – auch weil noch nicht alle
Präparate zugelassen sind. Spahn verteidigte, dass die Zulassung in Deutschland und Europa teilweise länger dauert als in anderen Ländern. „Wir werden auf der Strecke merken, dass wir das Vertrauen in den Impfstoff noch sehr brauchen werden. Und zu diesem Vertrauen trägt eine ordentliche Zulassung bei.“Das heiß diskutierte Thema einer Impfpflicht – zumindest für das Personal in Alten- oder Pflegeheimen – sprach der CDU-Politiker im Bundestag nicht an. „In dieser Pandemie wird es keine Impfpflicht geben. Und das gilt“, bekräftigte der Minister aber im Deutschlandfunk. Man setze auf Argumente, Informationen und Vertrauen in den Impfstoff. Auch das Pflegepersonal wolle er mit Argumenten überzeugen. Zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Debatte über eine Impfpflicht für Pflegekräfte in Heimen losgetreten. Der Bundesverband der Arbeitgeber lehnt das ab. „Als Arbeitgeber setzen wir auf Freiwilligkeit“, erklärte der Verband auf Nachfrage unserer Redaktion und fügte hinzu: „Wir erwarten allerdings vom Staat, dass er aktiv über die Chancen der Impfung informiert, denn eine klare Kommunikation stärkt die Impfbereitschaft.“Die Arbeitgeber appellieren auch an das Verantwortungsbewusstsein der Beschäftigten: „Gerade für Mitarbeiter, die mit gefährdeten Personengruppen arbeiten, ist die Bereitschaft zur Impfung nicht nur ein Zeichen von Pflichtgefühl und Arbeitsbereitschaft, sondern auch Ausdruck von Rücksichtnahme auf ihre Mitmenschen.“
Die Präsidentin des Marburger Bunds, Susanne Johna, nannte die Impfpflicht-Debatte grotesk. „Die Impfkampagne ist noch gar nicht flächendeckend gestartet, da wird schon über unzureichende Impfquoten beim medizinischen Personal diskutiert und sogar ein Impfzwang für das Personal im Gesundheitswesen ins Spiel gebracht“, sagte die Chefin der Ärztegewerkschaft unserer Redaktion. „Das halten wir für verfehlt.“In manchen Unternehmen laufen Vorbereitungen für eigene Impfaktionen. Andreas Haller, Leiter des Gesundheitswesens bei Audi, bestätigte: „Unser medizinisches Personal ist bereits geschult und durch die jährliche betriebliche Grippeschutzimpfung auch bestens geübt und vorbereitet.“
Bislang allerdings gibt es zu wenige Impfdosen, um nur alle Personen zu impfen, die das wollen. Spätestens im Sommer werde aber jedem in Deutschland ein Impfangebot gemacht werden können, versicherte Spahn. Entwickelt wurde der erste Impfstoff von Biontech. Wie der Chef des Mainzer Unternehmens, Ugur Sahin, die aktuelle Lage einschätzt, steht in der
„In dieser Pandemie wird es keine Impfpflicht geben.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn