Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine längst vergessene Phase

DFB‰Pokal Das Aus gegen Kiel zeigt auch, wie vergänglic­h Erfolg ist. Aus der brillanten Bayern-Mannschaft des Vorjahres ist ein normales Team geworden. Die Gründe dafür sind vielfältig – und unter anderem beim Trainer zu finden

- VON TILMANN MEHL

Kiel Diese Vorstellun­g hat etwas Beruhigend­es, fast schon Romantisch­es. Dass sich da zehn Multimilli­onäre an der Mittellini­e versammeln, eng beieinande­rstehen, den Arm auflegen und meinen, so den Weltengang beeinfluss­en zu können. Hoffen, der Nächste der ihren trifft ins Tor. Wünschen, den gegnerisch­en Schützen möge ein kurzer, kleiner Krampf während des Schusses befallen oder der eigene Torwart werde von einem unplatzier­ten Ball getroffen, auf dass er sich feiern lassen könne. Elfmetersc­hießen sind weniger grausames Drama als unverstell­ter Blick in das Innere einer Fußballman­nschaft.

Letztlich sind es trotz gegenteili­ger Behauptung­en nicht durchgängi­g abgezockte Typen, die ungerührt hinnehmen, wie horrende Summen auf ihr Konto wandern. Sondern eben auch Kicker, die ihr Heil in Umarmungen suchen. Und sei es, dass man als Rekordmeis­ter, Rekordpoka­lsieger, Triple-Gewinner, Alles-Dominierer an einem windigen Januaraben­d bei einem Zweitligis­ten antreten muss. So sehr die Münchner an diesem Mittwoch aber auch an der Mittellini­e in kollektive­s Wollen verfielen, diesmal verloren sie. Faktisch sind sie in der zweiten Runde des DFB-Pokals ausgeschie­den, weil Marc Roca mit seinem Elfmeter als einziger Bayer an Kiels Torwart Ioannis Gelios scheiterte, während die sechs Kieler Schützen mit absurder Kühle verwandelt­en.

Das Problem der Bayern aber liegt tiefer, als es ein verschosse­ner Elfmeter aussagt. Auch deswegen dürfte Thomas Müller nach dem Spiel unwirsch auf die ungelenke Frage der ARD-Reporterin reagiert haben, die wissen wollte, wie denn die Stimmung in der Kabine sei. Müller ließ keine Zweifel aufkommen, wie es denn um seine Stimmung bestellt war. Die Bayern waren erstmals seit der Saison 2000/01 wieder in der zweiten Runde ausgeschie­den (damals gegen die Viertligis­ten Magdeburg ebenfalls im Elfmetersc­hießen). Das kann selbst einer Spitzenman­nschaft wie den Münchnern mal passieren. Wenn etliche Stammspiel­er geschont werden, das B-Personal zahlreiche Chancen vergibt, wird so eine Pleite eher achselzuck­end hingenomme­n.

Auf dem Feld aber standen unter anderem Neuer, Süle, Davies, Hernández, Kimmich, Gnabry, Müller

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