Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Lockdown für die Wirtschaft?
Reaktionen Was Unternehmer über die Forderung nach verschärften Regeln sagen
Landkreis Augsburg Weil die Corona-Zahlen weiter steigen, fordern erste Politiker auf Bundesebene härtere Einschränkungen für die Wirtschaft. Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhard sieht Millionen Beschäftigte täglich bedroht und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow forderte gar einen Lockdown für die Wirtschaft.
Wie stehen Unternehmen im Landkreis Augsburg zu den Forderungen und was würde ein Lockdown für sie bedeuten?
„Gäbe es einen harten Lockdown, könnten wir an den betroffenen Standorten wohl nicht produzieren“, sagt Torsten Wolf vom LichtUnternehmen Osram, das ein Werk in Schwabmünchen betreibt. Die Folgen eines Lockdowns und von strengen Beschränkungen für Firmen hat Osram schon bei Werken in China und Malaysia gespürt. „Da war zeitweise nur noch ein Notbetrieb möglich“, sagt Wolf. In Schwabmünchen würde so ein Schritt wahrscheinlich zu Kurzarbeit mit wenig Arbeitszeit führen, eine andere Möglichkeit wäre, die auf Arbeitszeitkonten gesammelten Überstunden von Mitarbeitern aufzubrauchen. „Das wurde aber letztes Jahr schon reichlich in Anspruch genommen, weil wir da auch schon zeitweise weniger produziert haben.“
Dass die Produktion heruntergefahren wird, glaubt Anke Vollenbröker von der Bobinger Chemiefaserhersteller Trevira aktuell nicht. Das Werk in Bobingen war bislang noch nicht von Kurzarbeit betroffen. Laut Vollenbröker liegt das auch daran, dass Trevira Fasern aus Polyester für systemrelevante Einsatzbereiche wie Schutzkleidung und Mund-Nasenschutz herstellt.
Systemrelevant ist auch ein Produktionszweig der Schwabmünchner Kunststoff-Firma Ritter. Sie fertigt unter anderem Verbrauchsmaterial für die Corona-Diagnostik. „Diese Fertigung kann und wird niemals geschlossen werden, weil die Labore sonst kein Diagnostikmaterial mehr haben“, sagt Ralf Ritter, der Mitglied der Geschäftsführung ist.
Das Schwabmünchner Unternehmen fertigt Pipettenspitzen und Diagnostikplatten, die bei CoronaTests in den Laboren eingesetzt werden. Ritter beliefert damit unter anderem auch das Landesamt für Gesundheit in München. Der andere Zweig ist die Herstellung von Produkten für die chemische Industrie und den Garten- und Landschaftsbau und könnte laut Ritter von einem Lockdown betroffen sein, auch wenn der Geschäftsführer nicht damit rechnet: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Politik einen Wirtschaftslockdown durchbringt, die Schäden in der Wirtschaft wären verheerend.“
Das sieht auch Traudel Haug, die die Königsbrunner Firma Haug Bürsten leitet, so: „Uns würde ein Wirtschaftslockdown empfindlich treffen“, teilt sie mit. Ihre Firma stellt unter anderem Hygienebürsten für Lebensmittelbetriebe wie Metzger und Bäckereien, aber auch zur Reinigung von Krankenhäusern her. Weil diese Reinigung systemrelevant ist, hofft Haug, dass für systemrelevante Zulieferer kein Lockdown kommt.