Augsburger Allgemeine (Land West)
Auf wen setzt Laschet?
Parteitag Nach der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden beginnt jetzt die Debatte um dessen strategische Optionen. Selbst eine schwarz-gelbe Koalition ist plötzlich wieder ein Thema
Berlin Nach der Wahl von Armin Laschet zum neuen Vorsitzenden der CDU steuert Deutschland möglicherweise auf einen Lagerwahlkampf zu. Während FDP–Chef Christian Lindner für eine schwarzgelbe Regierungsperspektive im Bund wirbt, sehen sich die Grünen auf Augenhöhe mit der Union und wollen selbst den Kanzler stellen. „Wir kämpfen um die Führung in diesem Land“, betonte Fraktionschef Anton Hofreiter im Interview mit unserer Redaktion. „Es geht also um Grün gegen Schwarz und nicht um Schwarz-Grün.“
Im Moment weisen die Umfragen eine komfortable Mehrheit für ein schwarz-grünes Bündnis aus – mit der Union als stärkster Kraft. Auch SPD und Union könnten weiterregieren, das aber ist von beiden Seiten nicht gewollt. Ein konservativliberales Bündnis dagegen hat Stand heute keine Mehrheit, Union und FDP kommen je nach Institut zusammen nur auf Werte zwischen 42 und 44 Prozent. Die Wahl von Laschet allerdings, betonte Lindner gegenüber unserer Redaktion, werde das Verhältnis von Union und FDP verbessern. „Deutschland muss wieder eine Politik für Wachstum und Beschäftigung und für die Modernisierung des Staates machen. Da sind wir in Nordrhein-Westfalen in der Regierung ein Faktor, das streben wir auch im Bund an.“
Zuvor hatte die CDU auf ihrem ersten digitalen Parteitag Laschet zum neuen Vorsitzenden gewählt. Der für einen moderaten MitteKurs stehende Laschet setzte sich in der Stichwahl gegen den früheren Fraktionschef Friedrich Merz durch, der als Hoffnung der Konservativen galt. Laschet holte im zweiten Wahlgang 521 Stimmen und wurde vermutlich auch dafür belohnt, dass er bereits Regierungserfahrung mit der FDP vorweisen kann. Merz kam auf 466 Stimmen. Der dritte Kandidat, der Außenpolitiker Norbert Röttgen, hatte sich vor dem Parteitag gegen eine Koalition mit der FDP ausgesprochen. Er schied im ersten Wahlgang aus.
Laschet rief die CDU mit Blick auf das Wahljahr 2021 mit einer Bundestagswahl und sechs Landtagswahlen zur Geschlossenheit auf. „Alle werden gegen uns sein, SPD, Grüne und Linke“, sagte er. Lindner betonte, Laschet sei oft unterschätzt worden, aber die Ergebnisse sprächen für ihn. In NordrheinWestfalen zu siegen, sei kein Selbstläufer, dort eine schwarz-gelbe Mehrheit zu bekommen, sei etwa so eine Leistung wie eine absolute Mehrheit für die CSU in Bayern.
Als CDU-Chef ist Laschet nun zwangsläufig auch ein Anwärter für die Kanzlerkandidatur der Union. Ob er es wird, muss der 59-jährige mit CSU-Chef Markus Söder klären. „Armin Laschet und ich werden, da bin ich ganz sicher, für alle weiteren Fragen, die mal anstehen, eine gemeinsame, kluge und geschlossene Lösung finden“, sagte Söder. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey für unsere Redaktion sind 48,5 Prozent der
Deutschen der Ansicht, dass durch den Wechsel bei der CDU Söders Chancen gestiegen sind, Kanzlerkandidat zu werden. Nur 18,4 Prozent sind gegenteiliger Meinung.
Die politische Zukunft von Merz dagegen ist nach dem Parteitag unklarer denn je. Einen Posten im Präsidium der CDU lehnte der Sauerländer ab. Dafür beanspruchte er den Posten von Wirtschaftsminister Peter Altmaier. „Dem neuen Parteivorsitzenden habe ich angeboten, in die jetzige Bundesregierung einzutreten und das Bundeswirtschaftsministerium zu übernehmen“, betonte Merz. Bundeskanzlerin Angela Merkel wies dieses Ansinnen umgehend zurück: Eine Regierungsumbildung sei nicht geplant.
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