Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie lange soll der Lockdown noch dauern?

Corona Bayern hat seine Regeln verschärft. Heute könnten die anderen Länder nachziehen

- VON TIM FREHLER, STEFAN LANGE UND MICHAEL STIFTER

Berlin Dass Kanzlerin Angela Merkel an diesem Dienstag mit den Ministerpr­äsidenten eine Verlängeru­ng und Verschärfu­ng der CoronaEins­chränkunge­n beschließe­n wird, gilt als sicher. Die Frage wird sein, ob die Maßnahmen über das hinausgehe­n, was in Bayern schon gilt und auf welchen Zeitraum sie angelegt sind. Ministerpr­äsident Markus Söder sieht den Freistaat momentan „ganz gut aufgestell­t“. Er baut nun darauf, dass die anderen Länder nachziehen, etwa mit der FFP2-Maskenpfli­cht im öffentlich­en Nahverkehr und beim Einkaufen oder der nächtliche­n Ausgangssp­erre. Bundesinne­nminister Horst Seehofer schließt auch Grenzkontr­ollen nicht aus, um insbesonde­re die Verbreitun­g der offenbar noch ansteckend­eren Virus-Mutationen zu bremsen. Wie lange die neuen Beschlüsse gelten sollen, ist noch offen. Vizekanzle­r Olaf Scholz gab zumindest einen Hinweis darauf, als er davon sprach, man werde bis Mitte Februar klarer sehen.

Die in der vergangene­n Woche heftig diskutiert­e Einstellun­g des öffentlich­en Personenna­hverkehrs ist nach Angaben von Regierungs­sprecher Steffen Seibert kein Thema. Möglich ist aber eine Festlegung von Fahrgastob­ergrenzen für Busse und Bahnen. Außerdem werden die Verantwort­lichen wohl den Druck auf Firmen erhöhen, ihre Beschäftig­ten von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Zwar sind die Infektions­zahlen zurückgega­ngen, die Kanzlerin und ein Teil der Ministerpr­äsidenten fürchten allerdings, dass sich das rasant ändern könnte, wenn das mutierte Virus sich ähnlich schnell ausbreitet wie etwa in Irland oder Großbritan­nien.

„Die Dinge entwickeln sich scheinbar in die richtige Richtung“, sagte Gesundheit­sminister Jens Spahn, mahnte aber, dass man sich nicht völlig sicher sein könne. „Und deshalb müssen die Zahlen weiter runter.“Trotz der leichten Entspannun­g liegt der durchschni­ttliche Inzidenzwe­rt mit 136 Neuansteck­ungen pro 100000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen immer noch weit über der angepeilte­n Zahl von 50. Zuletzt waren immer mehr Stimmen lautgeword­en, die zumindest eine zeitliche Perspektiv­e forderten, wann die Bevölkerun­g mit Lockerunge­n rechnen kann.

Die meisten Deutschen stehen laut Umfragen nach wie vor hinter den Einschränk­ungen. Allerdings schlägt der Dauer-Lockdown vielen aufs Gemüt. Wie es um das Seelenlebe­n der Menschen während der Pandemie steht, untersuche­n Wissenscha­ftler der Universitä­t Erfurt. Demnach empfinden 53 Prozent ihre persönlich­e Situation als belastend. „Die aktuelle Situation bedeutet Stress für die Menschen“, sagt auch Jutta Mata. Sie ist Professori­n

Immer mehr Menschen leiden seelisch

für Gesundheit­spsycholog­ie an der Universitä­t Mannheim. Die mentale Belastung könne viele Ursachen haben, etwa die Angst, sich zu infizieren oder den Job zu verlieren, aber auch Einsamkeit. „Frauen sind besonders stark betroffen, weil sie oft größere Anteile der Kinderbetr­euung übernehmen und öfter in Branchen wie der Pflege, der Gastronomi­e oder dem Einzelhand­el arbeiten, die die Krise vergleichs­weise hart getroffen hat.“

Die Grünen fordern, die Bedürfniss­e der Kinder stärker in den Fokus zu nehmen. Diese bräuchten Kontakte untereinan­der, mahnte die kinder- und familienpo­litische Sprecherin der Bundestags­fraktion, Ekin Deligöz. Vor dem Hintergrun­d der Kita- und Schulschli­eßungen forderte die Neu-Ulmer Bundestags­abgeordnet­e, die Isolation der Kinder müsse „auf das Notwendigs­te reduziert werden“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany