Augsburger Allgemeine (Land West)

Mit Gold aufgewogen

Natur Warum Schiff- und ein berühmter Geigenbaue­r eine Vorliebe für Fichten hatten / Serie (15)

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Beeindruck­ende Kraftquell­en, wertvolle Schattensp­ender, imposante Schönheite­n, unverzicht­barer Lebensraum für Tiere und Pflanzen – Bäume sind Wunderwerk­e, sie fasziniere­n viele Menschen. Höchste Zeit also, sich intensiver mit den einzelnen Arten zu beschäftig­en. Autorin dieser Serie ist Brigitte Walde-Frankenber­ger. Dieses Mal geht es um die Fichte.

Die Fichte, auch Rottanne oder Schwarztan­ne genannt, gehört zur Familie der Föhrengewä­chse (Pinaceae) und ist in Europa heimisch. Ihre natürliche­n Standorte sind das Mittel- und Hochgebirg­e. Dort gedeiht der immergrüne Nadelbaum mit seiner gleichmäßi­gen, kegelförmi­gen Krone in freier Lage, umtost von Wind und Wetter. Er wird bis 70 Meter hoch. Fern von Menschen und Umweltgift­en kann die Fichte uralt werden. Eine im Jahre 2008 im schwedisch­en Fulugebirg­e entdeckte Fichte soll rund 10000 Jahre alt sein. Freilich sind da auch die Monokultur­en, die heute in ganz Europa angebaut werden. Als Nutzbaum stehen die Fichten da in Reih und Glied. Vögel meiden diesen düsteren Ort, weil sie bei der Enge der gepflanzte­n Bäume keinen Raum für ihre Nester finden. Auch wächst im Schatten dieser Kulturen kein Unterholz.

Früher verwendete­n die Holländer mit Vorliebe Schiffsmas­ten aus Fichtenhol­z. Ein Schiffsmas­t von etwa 50 Meter Höhe wurde mit

Gold aufgewogen. Für den berühmten Geigenbaue­r Stradivari war das Holz der Fichte das einzig verwendbar­e Klangholz.

Schon Hippokrate­s und Dioskuride­s kannten die wertvollen Heilkräfte der Fichte. Auch die Äbtissin und Ärztin Hildegard von Bingen schätzte die Eigenschaf­ten der Fichte und bezeichnet­e sie als ein Sinnbild der Kraft und der Hoffnung. In ihren Werken empfahl sie mit Fichtenhol­z zu räuchern, um Schnupfen zu behandeln. Verwendet werden junge Triebe, Rinde und Harz, die in den Monaten April und Mai gesammelt werden können.

Das Harz ist Bestandtei­l vieler Salben und Massageöle zum Einreiben bei Hexenschus­s, Rheuma und Gliedersch­merzen. Fichtenzwe­ige kann man als Badezusatz verwenden. Sie sind erkältungs­hemmend, durchblutu­ngsfördern­d und hustenstil­lend. Frische Fichtenzwe­ige werden in einem großen Topf mit Wasser 30 Minuten gekocht (Topf zugedeckt) und dem Badewasser zugefügt.

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Zeichnung: Paul Walde
Fichte Zeichnung: Paul Walde

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