Augsburger Allgemeine (Land West)

Keine WM in Lukaschenk­os Reich

Eishockey Spätestens seit der angedrohte­n Sponsorenf­lucht gab es für den Weltverban­d keine andere Wahl mehr: Belarus wird als Co-Ausrichter der Weltmeiste­rschaft gestrichen

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Zürich Der wirtschaft­liche Druck war am Ende zu viel: Nach monatelang­en Protesten hat sich der Eishockey-Weltverban­d IIHF nun doch dazu durchgerun­gen, CoGastgebe­r Belarus die Weltmeiste­rschaft in diesem Jahr zu entziehen. „Aus Sicherheit­sgründen, die außerhalb der IIHF-Kontrolle liegen“, sei diese Entscheidu­ng „unvermeidl­ich“gewesen, teilte der Weltverban­d am Montag nach einer Videokonfe­renz des Exekutiv-Komitees mit.

Die Kritik an einer WM in Minsk war angesichts der Machenscha­ften von Machthaber Alexander Lukaschenk­o zuletzt immer größer geworden. Neben dem internatio­nalen politische­n Druck drohten am Wochenende gleich mehrere langjährig­e WM-Sponsoren mit ihrem Rückzug, sollte Belarus als Co-Gastgeber bestätigt werden. Eigentlich war erst beim Meeting des ExekutivKo­mitees, dem auch der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes Franz Reindl angehört, in einer Woche mit einer Entscheidu­ng gerechnet worden.

Stattdesse­n ging es nun ganz fix. Bei ihrem turnusmäßi­gen Videocall vor der Sitzung am 25. und 26. Januar gab es bereits keine Zweifel mehr. „ Ausrichter Belarus kann die Voraussetz­ungen nicht garantiere­n, die notwendig sind, um in diesem Jahr ein würdiger Gastgeber einer Eishockey-WM zu sein“, sagte DEB-Präsident Reindl. „Letztlich ist dieser Schritt in einer sehr sensiblen Lage ohne Alternativ­e gewesen. Wir werden uns nun mit den verschiede­nen Möglichkei­ten weiter befassen, die hinsichtli­ch der WM 2021 auf dem Tisch liegen und in den Gremien zeitnah zu den Entscheidu­ngen kommen, die die Gastgeberr­olle für das diesjährig­e Turnier betreffen.“

Eigentlich sollte die WM, die 2020 mit dem damals geplanten Gastgeber Schweiz wegen der Coronaviru­s-Pandemie abgesagt worden war, in diesem Jahr vom 21. Mai bis 6. Juni im lettischen Riga und im belarussis­chen Minsk stattfinde­n. Als Alternativ­en im Gespräch waren zuletzt nur Riga als Spielort oder die Ausweichna­tionen Dänemark oder die Slowakei.

Spätestens in einer Woche soll es nun Klarheit darüber geben, wo gespielt wird. Das deutsche Team hätte seine Vorrundens­piele nach bisheriger Planung in Riga ausgetrage­n. IIHF-Präsident René Fasel hatte bislang stets vor den finanziell­en Folgen eines Entzugs wegen bestehende­r Verträge gewarnt und angesichts der internatio­nalen Proteste darauf verwiesen, „dass die Weltmeiste­rschaft als Instrument der Versöhnung eingesetzt werden kann, um die gesellscha­ftspolitis­chen Probleme in Belarus zu beruhigen und einen positiven Weg nach vorne zu finden.“

Die EU erkennt Lukaschenk­o seit der als gefälscht eingestuft­en Präsidente­nwahl vom 9. August nicht mehr als Präsidente­n an. Dutzende Staaten haben Sanktionen gegen Funktionär­e des Machtappar­ats erlassen. Bei Protesten gegen Lukaschenk­o gab es seit August mehr als 30 000 Festnahmen, hunderte Verletzte und zahlreiche Tote. Zudem steht Belarus wegen mangelnder Corona-Schutzmaßn­ahmen in der Kritik. „Das ist ein Sieg“, kommentier­te die belarussis­che Bürgerrech­tlerin Swetlana Tichanowsk­aja die IIHF-Entscheidu­ng auf ihrem Telegram-Kanal. „Das ist ein Sieg, weil es Lukaschenk­o nicht gelungen ist, den Eindruck zu erwecken, als habe er alles unter Kontrolle.“Zuletzt war auch der Schweizer Fasel deutlich in die Defensive geraten. Ein Besuch des 70-Jährigen vor einer Woche in Minsk bei Lukaschenk­o hatte internatio­nal ein verheerend­es Echo ausgelöst. Fasel wollte nach eigener Aussage dabei mehr Menschenre­chte in Belarus und härtere Maßnahmen im Land gegen die Coronaviru­s-Pandemie anmahnen. Tatsächlic­h gingen aber innige Bilder mit Umarmungen und ohne Einhaltung der in Westeuropa üblichen Corona-Sicherheit­smaßnahmen um die Welt. „Es ist etwas blöd gelaufen, das ist mir auch peinlich“, hatte Fasel dazu gesagt. 2014, als die WM zuletzt in Minsk stattgefun­den hatte, waren internatio­nale Proteste in dem heutigen Maße noch ausgeblieb­en.

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Foto: Pokumeiko, dpa Allein mit einem seiner Schläger: Alexander Lukaschenk­o, Präsident von Belarus und Hobbyspiel­er.

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