Augsburger Allgemeine (Land West)
Mit der Macht des Geldes
Lange, viel zu lange, hatte René Fasel daran festgehalten, die Eishockey-WM in Belarus durchzuziehen. Dass dort seit Monaten abertausende Demonstranten von einem diktatorischen Regime verhaftet und weggesperrt wurden, interessierte den Präsidenten des Weltverbandes ganz offenbar nicht sonderlich. Sein Argument: Die finanziellen Folgen eines WM-Entzugs wären gravierend. Der Schweizer entblödete sich nicht, bei Alexander Lukaschenko vorbeizuschauen und sich vor laufenden Kameras in dessen Arme zu werfen. Der Diktator genoss die seltene Gelegenheit sichtlich, sich den internationalen Kameras zu präsentieren.
Erst als einige große Sponsoren androhten auszusteigen, sollte die
WM tatsächlich in Belarus stattfinden, setzte ein Umdenkprozess ein. Aber selbst das passierte nur halbherzig. Aus Sicherheitsgründen sei die Entscheidung unvermeidlich gewesen. Aus Sicherheitsgründen. Nicht etwa, weil man einem Diktator die Bühne zur Selbstdarstellung entziehen wollte.
So richtig die längst überfällige Entscheidung ist, so falsch ist die Begründung. Es wäre die Gelegenheit gewesen, klar Stellung zu beziehen gegen ein verbrecherisches Regime. Das geschah nicht.
Der Weltverband IIHF, allen voran dessen Präsident René Fasel, hat eindrucksvoll das weitverbreitete Vorurteil untermauert, dass es den Funktionären im Sport letztlich doch nur ums Geld geht. Das mag in seiner Absolutheit falsch sein. Aber die Chance zum Gegenbeweis ist ungenutzt verstrichen.