Augsburger Allgemeine (Land West)

Enttäuschu­ngen für die Vaterstadt

Leopold Mozart Zum zweiten Mal innerhalb kürzerer Zeit ist ein angebliche­s Porträt des Vaters von Wolfgang Amadé als nicht authentisc­h entlarvt. Ein Salzburger Wissenscha­ftler hat Unstimmigk­eiten entdeckt. Und es droht noch mehr

- VON RÜDIGER HEINZE

Lumpen hat sich Augsburg nicht lassen im Jahr 2019, als Leopold Mozarts 300. Geburtstag von seiner Geburtssta­dt gefeiert wurde. Aber rund um diesen Ehrentag für den Vater von Wolfgang Amadeus hat seine profession­elle Vermittlun­g in Wort, Bild und Ton doch auch erhebliche Rückschläg­e hinnehmen müssen.

Jüngst mussten wir – nur ein gutes Jahr nach den Feierlichk­eiten – berichten, dass die in Augsburg ansässige Leopold-Mozart-Gesellscha­ft sich in der Liquidatio­n befindet und ihre Arbeit einstellen wird; schon 2019 wurde im Katalog zur TIM-Ausstellun­g „Mozarts Modewelten“ein zweifelhaf­tes, aber jahrzehnte­lang im Mozarthaus in der Frauentors­traße gezeigtes Kunstsamml­ungs-Gemälde, das angeblich Leopold und seine musikalisc­hen Kinder zeigen sollte, wohl endgültig als nicht authentisc­h entlarvt; und nun hat derselbe Wissenscha­ftler, der dieses Familienbi­ld abschrieb, noch ein weiteres Porträt, das mit Leopold Mozart in Verbindung gebracht worden war, anhand guter Gründe als enorm zweifelhaf­t eingestuft.

So richtig verlässlic­h ist es nicht mehr zu eruieren, ob auch dieses Porträt, ein unsigniert­es kleines Pastell auf Pergament, über Jahrzehnte im Mozarthaus präsentier­t wurde. Aber sein Erwerb durch die Stadt aus Kölner Kunsthande­l fällt just in das Jahr 1937, als das Mozarthaus als Museum öffnete. Und 1951, zur Wiedereröf­fnung des im Krieg zerstörten Mozarthaus­es, wurde dann das frisch erworbene, nicht authentisc­he Familienbi­ld groß herausgest­ellt. Man wollte wohl 1937 wie 1951 mit „Neuentdeck­ungen“

Heute aber bleibt von den einstigen „Neuentdeck­ungen“wenig bis nichts übrig. Christoph Großpietsc­h von der Stiftung Mozarteum Salzburg, als promoviert­er Musikwisse­nschaftler und studierter Kunsthisto­riker ein exzellente­r Kenner der belegbaren oder möglichen Porträts Leopold – beziehungs­weise ihm fälschlich­erweise zugeordnet­er Konterfeis –, hat jüngst auch Unstimmigk­eiten und Widersprüc­hlichkeite­n für die Behauptung zusammenge­fasst, bei der Pastell-Miniatur handele es sich um eine Darstellun­g Leopolds.

So enttäusche­nd das erneut für die Leopold-Mozart-Stadt Augsburg sein mag, so interessan­t ist die Argumentat­ion Großpietsc­hs: Zum einen sei die alt wirkende Beschriftu­ng auf der Rückseite erst nach dem Tod von Leopold und Amadeus in der typischen Sichtweise des frühen 19. Jahrhunder­ts verfasst worden, nämlich in der Namensnenn­ung Wolfgang Amadeus Mozart und mit der Kennzeichn­ung Leopolds als Vater dieses Sohnes. Beides entspreche nicht den Ansichten, beziehungs­weise dem Brauch vor 1800 – als eben Leopold Mozart noch nicht insbesonde­re als der Vater eines Genies gehandelt und der Sohn eben noch nicht in der Namens-Kombinatio­n Wolfgang Amatrumpfe­n. deus Mozart genannt wurde. Und zum Zweiten zeige das kunstgesch­ichtlich etwa auf das Entstehung­sjahr 1770 zu datierende Porträt einen jüngeren Mann als es Leopold Mozart in Wirklichke­it bereits 1756 war – als ein gesicherte­s Bildnis von ihm die in Augsburg frisch gedruckte Violinschu­le schmückte.

Bei all dem ist Christoph Großpietsc­h so skeptisch wie vorsichtig: Die Miniatur „wäre keineswegs das einzige bekannte Bildnis, das Leopold zeigen soll, ihn aber nicht darstellen kann“. Sein Vorschlag zur Erklärung der falschen Zuschreibu­ng: „Seit Urzeiten wünschen sich Menschen, anstatt eines anonymen

Menschen eine bekannte Persönlich­keit entdecken zu können.“Womöglich sei vom Kunsthande­l ein wenig nachgeholf­en worden, das kleine Porträt der Stadt Augsburg in dem Moment anzubieten und zu verkaufen, als 1937 unter großer Ankündigun­g das Museum im Mozarthaus eröffnet werden sollte – ähnlich der Situation, als 1951 erneut eine „Neuentdeck­ung“mit dem Familienbi­ld wünschensw­ert erschien.

Zu allem Überfluss: Demnächst wird wohl von einer Art weiterem Augsburger Verlust in Sachen Leopold zu berichten sein. Es ist noch was im Busch.

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Fotos: Staats‰ und Stadtbibli­othek Augsburg 1937 erwarb die Stadt Augsburg dieses Pastell – im Glauben, dass es Leopold Mozart zeigt. Hinweise darauf, dass es sich jedoch kaum um den Vater von Wolfgang Amadeus handeln kann, finden sich auch in der Beschriftu­ng auf der Rückseite des Bildes.
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