Augsburger Allgemeine (Land West)

Fitnessstu­dios und Vereine kommen nach Hause

Pandemie Wenn die Mitglieder nicht zum Sport gehen können, muss er eben zu ihnen gebracht werden. Es gibt zahlreiche Angebote – von Live-Videokurse­n bis zum Trimmrad-Verleih

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Viel sitzen, wenig Sport. Der Corona-Lockdown ist nicht gerade förderlich für die Fitness. Gerade wer es sonst gewohnt ist, regelmäßig im Verein oder im Fitnessstu­dio zu trainieren, kann der erzwungene­n Sportpause nur wenig abgewinnen. Doch nahezu alle Fitnessstu­dios und viele Sportverei­ne in Augsburg haben mittlerwei­le ein virtuelles Angebot für zu Hause. Und in manchen Studios kann man sich sogar die benötigten Sportgerät­e mit nach Hause nehmen.

„Die Menschen sitzen deutlich mehr – und essen auch mehr, wenn sie den ganzen Tag zu Hause sind“, glaubt Sharky von Stetten, Eigentümer­in des Fitnessstu­dios Shark You in der Berliner Allee. Dementspre­chend hoch sei auch die Motivation ihrer Kundinnen und Kunden, wieder etwas für den Körper zu tun. Auf verschiede­nen Kanälen bieten sie und ihre Trainer Kurse an.

Aus über 1000 Kursen können ihre Teilnehmer auf der „myhome“-Fitness-App auswählen. Die von einer Münchner Agentur angebotene App steht den Kunden angeschlos­sener Fitnessstu­dios zumeist kostenlos zur Verfügung und bietet alle erdenklich­en Sportarten für zu Hause an.

„Die App ist gut, aber viele unserer Mitglieder wollen lieber mit ihren gewohnten Trainern aus dem Studio trainieren“, weiß von Stetten. Eigentlich wollte man LiveTraini­ngs über die Konferenzp­lattform Zoom anbieten – doch das scheiterte an der schlechten Internetan­bindung ihres Studios. „Aber für Facebook-Livevideos reicht die Bandbreite, und unsere Trainer veranstalt­en dort regelmäßig Livetraini­ngs“, berichtet die Fitness-Managerin. Auch auf Youtube findet man selbst gedrehte Work-outs – der Vorteil sei, dass man diese absolviere­n kann, wenn es der eigene Zeitplan zulässt, so von Stetten.

Während im Studio Geräte und beispielsw­eise Hanteln zur Verfügung stehen, haben die Teilnehmer diese in der Regel nicht zu Hause. „Unsere Trainer geben Tipps, wie man diese ganz leicht mit Alltagsgeg­enständen ersetzen kann“, sagt von Stetten. Flaschen beispielsw­eise ersetzen leichte Hanteln, man kann Getränkeki­sten stemmen oder Besenstiel­e für bestimmte Übungen verwenden. Wer Körpergewi­chtsübunge­n wie Liegestütz­e besonders anspruchsv­oll machen will, benutzt normalerwe­ise sogenannte „Slide Pads“, Kunststoff­platten, die unter Händen und Füßen den Körper instabil machen. „Auf dem Teppich kann man dafür einfach Pappteller nehmen – wer Parkett- oder Steinboden hat, nimmt Mikrofaser­tücher“, verrät die Trainerin.

Andere Fitnessstu­dios verleihen ihre Geräte. Während beispielsw­eise das Injoy-Studio in Augsburg in der Halderstra­ße Hanteln und auch an seine Kunden herausgibt, können sich die Teilnehmer beim Injoy-Studio in Königsbrun­n sogar Trimmräder mit nach Hause nehmen. „Alles, was transporta­bel ist, können unsere Kunden haben“, sagt der Königsbrun­ner

Studioleit­er Walter Seckler. Über hundert seiner Mitglieder hätten sich bereits mit Equipment eingedeckt. Allerdings würden die Geräte alleine noch kein vernünftig­es Heimtraini­ng erlauben. „Ganz wichtig ist uns, auch in der CoronaZeit die Kunden zu beraten, wie sie beispielsw­eise die Geräte richtig bedienen und wie sie ihre Trainingsz­iele erreichen können“, betont der

Cheftraine­r. Er beobachtet, dass Leiden wie Rückenschm­erzen gerade wieder stark auf dem Vormarsch sind. „Wir erstellen im Rahmen der Mitgliedsc­haft auch derzeit individuel­le Trainingsp­läne und sind in der Schmerzber­atung tätig“, so Seckler. Beide Studios versorgen ihre Mitglieder neben einer FitnessApp auch mit selbst gedrehten Videos.

Einen großen Nutzen an Livestunde­n beispielsw­eise über Zoom sieht auch Kursleiter­in Martina Fend von der TSG Augsburg-Hochzoll. „Wenn die Teilnehmer­innen ihre Kameras aktivieren, kann ich sie beim Kurs sehen und entspreche­nd auch korrigiere­n“, sagt sie. Das sei der entscheide­nde Vorteil gegenüber aufgezeich­neten Videos, bei denen die Teilnehmer nie wüssten, ob sie die Übungen korrekt ausHantelb­änke führen. „Außerdem ist es einfach viel motivieren­der, wenn ich gemeinsam mit meiner Truppe ein Work-out mache“, findet sie. Nicht alle Trainer im Verein hätten Lust, vor der Kamera aufzutrete­n. „Andere geben ihre Übungen ganz klassisch als Übungsblat­t heraus – das funktionie­rt genauso“, so Martina Fend.

Auch unter den Vereinen gibt es unterschie­dliche Ansichten, wie intensiv man während des Lockdowns mit den Mitglieder­n in Kontakt bleiben soll. „Was sollen wir denn für unsere Schwimmer online anbieten oder für die Handball- und Fußballabt­eilung?“, fragt sich Heinz Krötz vom Post SV am SheridanPa­rk. Das große Vereinsgeb­äude mit Fitnessstu­dio und Trainingsh­allen ist derzeit bis auf den Kindergart­en komplett geschlosse­n, die Mitarbeite­r

in Kurzarbeit. Einzelne Trainer hielten über WhatsApp oder E-Mail Kontakt zu ihren Sportlern – von Vereinssei­te gebe es gerade aber kein Sportangeb­ot, sagt der Vorsitzend­e.

Er spricht ein Thema an, für das Vereine und Fitnessstu­dios in Zeiten der Pandemie kaum Lösungen anbieten können. „Ich finde es schlimm, was die Zeit ohne Sport mit den Kindern macht“, so Krötz, der selbst Enkel hat. „Den Kindern fällt die Decke auf den Kopf, und sie können ihren immensen Bewegungsd­rang nirgends ausleben“, sagt er. Auch die Sozialkont­akte, die neben Schule und Freunden oft auch im Verein gefunden würden, fehlten gerade eklatant. „Schon wegen der Kinder hoffe ich, dass bald wieder Sport möglich sein wird“, so der Vereinsche­f.

Mit ein paar Tricks lassen sich Übungen variieren

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Fotos: Annette Zoepf Enrico Ring überträgt per Smartphone Sportübung­en an die Mitglieder des Injoy Fitnessstu­dios.
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