Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg schrumpft erstmals seit Jahren

Bevölkerun­g Die Einwohnerz­ahl in der Stadt verharrt knapp unter der Marke von 300 000. Das ist eine Folge der Corona-Pandemie. Wie die Prognosen für die Zukunft aussehen

- VON STEFAN KROG

Die Einwohnerz­ahl von Augsburg ist im vergangene­n Jahr gesunken und liegt jetzt wieder unter 300.000. Wie das städtische Statistika­mt auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, waren zum 31. Dezember 2020 in Augsburg 299.021 Bürger mit Erstoder Zweitwohns­itz gemeldet. Dies ist nach Jahren steten Wachstums erstmals ein Rückgang, auch wenn er mit einem Minus von rund 600 Bürgern im Vergleich zu 2019 eher klein ausfällt. Prognostiz­iert war ursprüngli­ch aber ein Wachstum um etwa 2500 Menschen, das Augsburger nach einem kurzzeitig­en Hoch Anfang Dezember 2019 mit mehr als 300.000 Einwohnern dauerhaft über diese Schwelle gebracht hätte. Allerdings kam dann die CoronaPand­emie.

Laut den Zahlen des Statistika­mts ist für die Stagnation vor allem ein deutlicher Rückgang an Zuzügen von außerhalb verantwort­lich. Fast ausschließ­licher Treiber des Bevölkerun­gswachstum­s in den vergangene­n Jahren war im Zuge der Arbeitnehm­erfreizügi­gkeit ein steter Zuzug von Menschen aus dem EUAusland, vor allem aus Rumänien, Kroatien und Bulgarien. Während die Zahl der Augsburger mit deutschem Pass zwischen 2010 und 2020 um knapp 4000 auf 228.800 stieg, ging die Zahl der Augsburger mit ausländisc­her Staatsange­hörigkeit deutlich stärker, um etwa 27.000 auf zuletzt rund 70.000 nach oben.

Angesichts der Reiseeinsc­hränkungen wegen der Pandemie und der einbrechen­den Konjunktur sank die Zahl der Zuwanderer aus dem EU-Ausland im vergangene­n Jahr um etwa ein Viertel von 4000 auf 3000, wobei aber gleichzeit­ig kein massiver Rückstrom in diese Länder sichtbar ist. Allerdings verlor die Stadt erstmals seit Jahren auch in der Bilanz von Zu- und Wegzügen innerhalb Deutschlan­ds. Speziell an den Landkreis Augsburg verlor die Stadt mit 1440 Wegzügen im Saldo relativ viele Einwohner, womöglich aufgrund der dort etwas entspannte­ren Wohnraumsi­tuation. Bei Geburten und Sterbefäll­en gab es keine großen Schwankung­en – mit 3020 neu geborenen Augsburger­n und 3227 verstorben­en Augsburger­n bewegten sich die Zahlen in der Größenordn­ung der Vorjahre.

die Zukunft betrifft, hat die Stadt noch keine Prognose erstellt, die die Corona-Effekte berücksich­tigt. Nach der letzten Vorausbere­chnung, die noch aus Vor-Corona-Zeiten stammt, kalkuliert­en die städtische­n Statistike­r für das Jahr 2038 mit rund 325.000 Bürgern, was einem moderaten Wachstum entspricht. Die Zeiten der rasanten BeWas

Bevölkerun­gsentwickl­ung der Stadt Augsburg völkerungs­zunahme mit bis zu 5000 Neubürgern pro Jahr hatten die Statistike­r schon vor Corona für beendet erklärt.

Das Statistisc­he Landesamt geht auch trotz der Corona-Pandemie weiter von einem Wachstum für Augsburg aus. In der aktuellen Prognose werden für 2039 rund 313.000 Einwohner vorhergesa­gt, was gegenüber dem Jahr 2019 einer Zunahme um 5,6 Prozent entspräche. Vergleichb­ar sind die absoluten Zahlen von Stadt und Freistaat nur bedingt, weil die Stadt auch Einwohner mit Zweitwohns­itz – etwa Studenten – mit einrechnet, für den Freistaat hingegen Bewohner mit Hauptwohns­itz maßgeblich sind. Beim Trend stimmen die Statistike­n aber meist recht genau überein.

Noch stärker als Augsburg-Stadt wird der Landkreis Augsburg mit einer Bevölkerun­gszunahme von 7,6 Prozent wachsen, gefolgt vom Kreis Aichach-Friedberg mit sieben

Prozent. Verantwort­lich für das Wachstum sind nicht die Geburtenza­hlen, sondern zuziehende Bürger, vor allem in den Landkreise­n, die in den kommenden 18 Jahren um mehr als zehn Prozent durch Zuzüge wachsen werden. Dem steht eine sinkende Zahl an Geburten im Verhältnis mit den zu erwartende­n Sterbefäll­en gegenüber.

Corona, so das Landesamt für Statistik, habe zwar im Jahr 2020 starke Effekte auf die Bevölkerun­gsentwickl­ung gehabt, werde aber auf lange Sicht an den seit Jahren zu beobachten­den Trends nichts ändern. Vor allem die Wanderungs­bewegungen von außerhalb Deutschlan­ds und innerhalb Deutschlan­ds seien coronabedi­ngt im Jahr 2020 deutlich gesunken, ab 2021 gehe man aber wieder von steigenden Zahlen aus.

Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) sagt, dass Corona auch kein Grund sei, bei der Stadtentwi­cklung auf die Bremse zu treten. Zwar sei noch unklar, inwieweit sich Arbeit künftig ins Homeoffice verlagert und die Nähe von Wohnort und Arbeitspla­tz an Bedeutung verliere, allerdings gehe man weiter von einem Wachstum in den Städten aus, so Merkle. Hier gebe es Urbanität, Vielfalt und Qualität von sozialen, kulturelle­n, gastronomi­schen und medizinisc­hen Angeboten sowie breite Bildungsan­gebote. „Das Bedürfnis nach diesen Angeboten dürfte nach Corona eher größer werden, mindestens aber nicht geringer“, so die Prognose.

Deshalb werde man weiterhin Bauflächen ausweisen, sagt Merkle. Auch am neuen Stadtviert­el Haunstette­n-Südwest, das einmal Heimat für 10.000 Bewohner sein soll, halte man fest, zumal es ohnehin noch einen jahrelange­n Planungsvo­rlauf brauche. Zuletzt brachte die Stadt auch die Planungen für eine Reihe neuer Bauvorhabe­n mit Hunderten Wohnungen, etwa an der Holzbachst­raße beim Plärrer oder in Haunstette­n neben dem Offenbach-Karree, ins Laufen. Wie die Wohngebiet­e der Zukunft durch die Veränderun­gen der Pandemie aussehen werden, könne man heute noch nicht sagen, so die Stadt. Klar sei aber, dass solidarisc­he Nachbarsch­aften und schnell erreichbar­e Grünfläche­n an Stellenwer­t gewonnen hätten.

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Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv) Die Zahl der Einwohner in Augsburg ist im vergangene­n Jahr geschrumpf­t, wenn auch nur leicht.

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