Augsburger Allgemeine (Land West)
Wachstum ist kein Selbstzweck
Die Einwohnerzahl von Augsburg schrumpfte im Coronajahr 2020 minimal. Das ist kein Grund für Alarmismus, weil es bei der Bevölkerungsentwicklung ohnehin nicht nur auf die schiere Zahl ankommt. Es ist für Städte gut, wenn sie nicht auf der Verliererseite bei der Entwicklung stehen, weil Fachkräfte auch in der Wirtschaft von morgen gefragt sein werden. Ebenso interessant ist aber auch, wer kommt (Alter, Sprachkenntnisse, Bildungsstand) – nicht nur für die Wirtschaft, sondern fürs Zusammenleben und die gesellschaftliche Zusammensetzung in einer Stadt allgemein. Augsburg hat von der Zuwanderung profitiert, steht dadurch aber auch vor Herausforderungen, die hoffentlich besser gelöst werden als beim Gastarbeiterzuzug in den 1960er-Jahren.
Und natürlich hat das Wachstum auch dafür gesorgt, dass es auf dem Wohnungsmarkt deutlich enger wurde. Die Neubauzahlen blieben hinter dem Zustrom an Neubürgern zurück und trieben, zusammen mit anderen Faktoren, die Preise in die Höhe. Insofern sorgt Corona, bei allen katastrophalen Folgen für die Volkswirtschaft, für eine kleine Verschnaufpause auf dem Wohnungsmarkt.
Was damit gesagt sein soll: Wachstum an sich ist kein Selbstzweck und hat Vor- und Nachteile. Größere Städte bieten mehr Angebote, bringen aber auch mehr Stress (etwa durch fehlende Kitaplätze) und weitere Wege mit sich. Womöglich bietet die Corona-Krise die Möglichkeit, die Optionen für die Zukunft zu überdenken. Vielleicht wird sich durch mehr Möglichkeiten zum Homeoffice das Wachstum stärker ins Umland verlagern – wenn man nicht mehr täglich zur Arbeit in die Stadt fahren muss. Das könnte in Städten für Entlastung sorgen.