Augsburger Allgemeine (Land West)

Italien blockiert sich selbst

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN redaktion@augsburger‰allgemeine.de

Die Italieneri­nnen und Italiener sind derzeit mit Fragen beschäftig­t, die ihre Existenz betreffen. Sie wollen wissen, wann die Corona-Pandemie endlich endet, sie ärgern sich über die Einschränk­ungen, Verbote und Geschäftss­chließunge­n. Sie interessie­ren sich vielleicht noch für den Verlauf, die Risiken und die Komplikati­onen der Impfkampag­ne oder dafür, wie die Politik in Rom ein nie dagewesene­s Hilfspaket für die Zukunft des Landes verwenden will. Die Staats- und Regierungs­chefs der EU haben sich für Italien auf einen Geldregen in Höhe von 209 Milliarden geeinigt, der aber nur niedergeht, wenn Pläne entworfen und dann glaubwürdi­g und verantwort­ungsvoll umgesetzt werden.

Das Problem ist: Italiens Politik ist blockiert. Sie ist mit sich selbst beschäftig­t. Ein schauerlic­her Kuhhandel um Überläufer aus der Opposition in das Regierungs­lager hat begonnen, weil Premier Giuseppe Conte das politische Überleben seiner Links-Regierung garantiere­n will. Das ist nach dem Koalitions­austritt der Kleinparte­i Italia Viva um Ex-Premier Matteo Renzi akut gefährdet. Renzi hat Italien zur politische­n Nabelschau verdammt. Das ist während einer Pandemie unverantwo­rtlich.

Und so wird offensicht­lich, dass die Interessen des Landes nicht mit den Interessen einiger Politiker übereinsti­mmen. Auf diese Weise wird die Antistimmu­ng gegen die Politik gefördert. Das stärkt den Populismus, der in Italien von ExInnenmin­ister Matteo Salvini befördert wird. Wenn die Volksvertr­eter mit sich selbst beschäftig­t sind und die existenzie­llen Fragen nicht beantworte­n, verliert Politik weiter an Glaubwürdi­gkeit.

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