Augsburger Allgemeine (Land West)
Italien blockiert sich selbst
Die Italienerinnen und Italiener sind derzeit mit Fragen beschäftigt, die ihre Existenz betreffen. Sie wollen wissen, wann die Corona-Pandemie endlich endet, sie ärgern sich über die Einschränkungen, Verbote und Geschäftsschließungen. Sie interessieren sich vielleicht noch für den Verlauf, die Risiken und die Komplikationen der Impfkampagne oder dafür, wie die Politik in Rom ein nie dagewesenes Hilfspaket für die Zukunft des Landes verwenden will. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich für Italien auf einen Geldregen in Höhe von 209 Milliarden geeinigt, der aber nur niedergeht, wenn Pläne entworfen und dann glaubwürdig und verantwortungsvoll umgesetzt werden.
Das Problem ist: Italiens Politik ist blockiert. Sie ist mit sich selbst beschäftigt. Ein schauerlicher Kuhhandel um Überläufer aus der Opposition in das Regierungslager hat begonnen, weil Premier Giuseppe Conte das politische Überleben seiner Links-Regierung garantieren will. Das ist nach dem Koalitionsaustritt der Kleinpartei Italia Viva um Ex-Premier Matteo Renzi akut gefährdet. Renzi hat Italien zur politischen Nabelschau verdammt. Das ist während einer Pandemie unverantwortlich.
Und so wird offensichtlich, dass die Interessen des Landes nicht mit den Interessen einiger Politiker übereinstimmen. Auf diese Weise wird die Antistimmung gegen die Politik gefördert. Das stärkt den Populismus, der in Italien von ExInnenminister Matteo Salvini befördert wird. Wenn die Volksvertreter mit sich selbst beschäftigt sind und die existenziellen Fragen nicht beantworten, verliert Politik weiter an Glaubwürdigkeit.