Augsburger Allgemeine (Land West)
Längers langer Weg zurück auf das Eis
Eishockey Der Panther-Verteidiger war mit großen Hoffnungen zur Junioren-WM nach Kanada aufgebrochen. Doch der 19-Jährige durfte nach positivem Corona-Test nicht spielen. Gegen Mannheim hofft er auf seine Saisonpremiere
Geduld ist eine der wichtigsten Tugenden in der Corona-Pandemie, auch für Eishockey-Profis. Es dauerte bis Mitte Dezember, bis sich die Deutsche Eishockey-Liga zu einem Start durchgerungen hatte. Noch viel mehr Gelassenheit benötigte allerdings Niklas Länger. Die Spielzeit 2020/21 sollte sein großes Jahr werden, sollte hoffentlich den Durchbruch für das VerteidigerTalent bringen. Doch die Geduld des jungen Burschen wurde in den vergangenen Wochen auf die Probe gestellt. Erst wenn die Panther am Mittwoch (18.30 Uhr/live in MagentaSport) bei den Mannheimer Adlern antreten, steht der 19-Jährige zumindest im Kader. Zum ersten Mal in dieser Saison. „Ich freue mich wahnsinnig darauf. Ob ich als siebter Verteidiger wirklich zum Einsatz komme, weiß ich nicht. Aber Hauptsache, ich bin wieder dabei“, sagt der Jungprofi aus dem Nachwuchs des Augsburger EV.
Der Start in sein neues Berufsleben stockte gewaltig. Seine außergewöhnliche Geschichte beginnt Mitte Dezember 2020. Als sich die Panther auf den Saisonauftakt gegen München vorbereiten, fliegt Niklas Länger mit den deutschen Junioren von Zürich nach Edmonton. Eine Weltmeisterschaft im Mutterland des Eishockey, in der Stadt des ehemaligen Weltstars Wayne Gretzky und des aktuell wertvollsten NHLProfis Leon Draisaitl, steht an. „Es war wahrscheinlich das beste Turnier auf der Welt, das man in meiner Altersklasse spielen kann“, blickt Länger zurück. Auch ohne Zuschauer ist das der Traum für jeden Eishockey-Spieler. Doch das AEVTalent sollte nicht eine Sekunde lang auf dem Eis stehen.
Nach der Landung in Kanada ist Länger einer von drei deutschen Spielern, die positiv auf Covid-19 getestet werden. Es folgt eine 14-tägige Quarantäne im Marriott-Hotel von Edmonton. „Man hat mir die Mahlzeiten in einer Tüte vor die Zimmertür gestellt. Ansonsten habe ich mit Freunden und Familie telefoniert, Netflix geschaut oder Bücher gelesen“, erzählt der JuniorenNationalspieler,
der nicht symptomfrei bleibt. „Ich hatte Fieber und Kopfschmerzen und die ersten drei Tage fast durchgeschlafen.“Das alarmiert die Ärzte. Am 27. Dezember darf Länger zwar sein Hotelzimmer verlassen, doch nach der ersten Belastung fühlt er sich schlapp. Nach weiteren Untersuchungen entscheidet die Teamführung, den Verteidiger nicht einzusetzen. Die durch Corona geschwächte deutsche Mannschaft verliert zwar gegen Kanada mit
2:16. Doch als man fast wieder komplett ist, gelingt erstmals der Einzug einer Junioren-Mannschaft ins Viertelfinale gegen Russland, wo die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes mit 1:2 knapp scheitert.
Die Begeisterung in der Heimat ist riesig. Längers Mannschaftskollege Tim Stützle, der bereits einen NHL-Vertrag in der Tasche hatte und inzwischen für die Ottawa Senators seinen ersten NHL-Treffer erzielte, wird zum gefeierten Star der Junioren-WM. „Die ungewöhnlichen Umstände haben uns als Gruppe zusammengeschweißt. Es gab einen unglaublichen Zusammenhalt“, erzählt der Augsburger. Nach seiner Rückkehr Anfang Januar nach Deutschland folgen weitere Untersuchungen. Die DEL ist durch den Fall von Janik Möser alarmiert.
Nach einer symptomfreien Corona-Infektion hatten die Ärzte bei dem Wolfsburger Profi eine
Herzmuskelentzündung festgestellt. Die Liga stellte Richtlinien für eine Rückkehr nach einem positiven Test auf. Länger absolvierte inzwischen alle Medizin-Tests und durfte das Training wieder aufnehmen. Der Abiturient des Peutinger Gymnasiums mit bisher zwei DEL-Einsätzen will jetzt endlich sein großes Ziel anpacken. „Ich will mich ganz auf Eishockey konzentrieren und Vollprofi werden.“
Die Anlagen dazu bescheinigt ihm Trainer Tray Tuomie: „Niklas bringt läuferisch und technisch alles mit. Außerdem arbeitet er auch nach dem offiziellen Training fleißig.“Aber ein Verteidiger benötigt noch mehr Erfahrung als ein Stürmer. „Es gibt so viele Situationen, die er erst einmal erleben muss. Das braucht Zeit“, sagt Tuomie. Länger weiß das: „Immerhin spiele ich jetzt bei den Männern.“Die ersten Saisoneinsätze, vielleicht schon gegen Mannheim, werden für den 19-Jährigen etwas ganz Besonderes sein. Länger weiß sie nach den Erfahrungen seiner Corona-Wochen zu schätzen.