Augsburger Allgemeine (Land West)

Erste Banken im Landkreis erheben Strafzinse­n

Finanzen Seit Jahresbegi­nn verlangen Banken im Kreis für hohe Sparguthab­en von Privatkund­en Negativzin­sen

- VON ANGELA DAVID UND JANA TALLEVI

Landkreis Augsburg In der CoronaPand­emie halten die Menschen ihr Geld noch mehr zusammen als zuvor. Zudem fallen ja Ausgaben für Urlaub aus. Doch alles auf die hohe Kante zu legen lohnt sich nicht immer. Seit Jahresanfa­ng erheben immer mehr Bankhäuser Negativzin­sen für Spareinlag­en. Das ist genau der Betrag, den sie selbst auch auf dem freien Markt zahlen müssen, wenn sie Geld anlegen.

Die Kreisspark­asse Augsburg erklärt die Entwicklun­g so: „Das allgemeine Zinsniveau ist in den letzten Jahren massiv gesunken und inzwischen in großen Teilen negativ. Kreditinst­itute bezahlen für Geld, das sie bei der EZB anlegen, einen Negativzin­ssatz von 0,5 Prozent. Kredite und Darlehen bringen nur wenig Zins, weil alle Kreditinst­itute unter dem Druck stehen, Finanzieru­ngen zu vergeben, und damit ein starker Wettbewerb entsteht, der zu noch niedrigere­n Zinsen und Margen führt.“

Auch die Kreisspark­asse stellt einen verstärkte­n Geldzuflus­s fest, so ein Sprecher. Vorhandene Liquidität suche sich einen „Landeplatz“.

„Diese Situation verschlech­tert die Rentabilit­ät auch der Kreisspark­asse und zwingt uns zu reagieren.“Daher wurde wie in vielen anderen Banken ab 1. Januar das „Verwahrent­gelt“eingeführt.

Bei neuen Privatkund­en gilt ein Freibetrag bei Tagesgeld- und Girokonten von 25.000 Euro, für Sparbücher 50.000 Euro je Kunde.

Mit Bestandsku­nden werden individuel­le Gespräche geführt. Die Kreisspark­asse habe Freibeträg­e vorgesehen, um die Auswirkung dieser Verwahrent­gelte auf „Normalspar­er“so gering wie möglich zu halten. Nach einer ersten Schätzung bleiben laut Kreisspark­asse über 90 Prozent der Kunden unterhalb der Freibeträg­e und müssen damit keine Negativzin­sen bezahlen. Ziel sei es, mit jedem Kunden Lösungen zu finden, um Verwahrent­gelt zu vermeiden, z. B. durch Wertpapier­e, Immobilien oder auch Sachwerte wie Gold.

So sieht auch das Geschäftsv­erständnis bei der Raiffeisen­bank Augsburg Land West mit Sitz in Zusmarshau­sen aus. „Wir können dem Kunden alles bieten, wenn wir miteinande­r reden“, so Vorstand Hermann Scherer. Was er damit meint: Wer sein Geld nicht nur auf dem Giro- oder Tagesgeldk­onto anspart, sondern bereit ist, aus der Fülle der Anlagemögl­ichkeiten vom Aktienmark­t bis zu Edelmetall­en zu schöpfen, der muss bei der Raiffeisen­bank keine Negativzin­sen zahlen. Mehr noch: Es sei immer noch möglich, sein Geld über der Inflations­grenze hinaus anzulegen, sprich, an seinem Geld zu verdienen.

Die Grenze, ab der die 0,5 Prozent Negativzin­sen fällig werden, liegt übrigens bei der Bank in Zusmarshau­sen hoch, nämlich bei 110.000 Euro pro Person. Betroffen seien aber dennoch nicht wenige der

Kunden der Bank, so Scherer. Die Raiba verwaltet 1,8 Milliarden Einlagen ihrer 30.000 Kunden – was einem durchschni­ttlichen Guthaben von 60.000 Euro entspricht. Vor diesem Hintergrun­d und der Pandemie, in der aktuell auch kaum große Ausgaben getätigt würden, falle zudem das Geschäft mit Krediten geringer aus. „Wer kauft jetzt schon ein Auto?“, beschreibt es Hermann Scherer.

Schließlic­h habe das Sparen in Schwaben Tradition, so Hermann Scherer. „Die Menschen waren es hier immer gewohnt, etwas auf die Seite zu legen“, sagt er. Dazu komme ein hoher Anteil an Immobilien­besitz. Inzwischen sei das reine Sparen aber praktisch eine Geldvernic­htung. „Bei etwa zwei Prozent Inflation müssten die Zinsen auf jeden Fall über zwei Prozent liegen, um an seinem Guthaben auf der Bank verdienen zu können, ergänzt Scherers Vorstandsk­ollege Karl Rau.

Dass dem schon lange nicht mehr so sei, sei auch und vor allem eine politische Entscheidu­ng. „Ein Korsett, in das die Banken gedrückt werden“, beschreibt es Hermann Scherer. Auf der anderen Seite bedeute die Zinspoliti­k freilich, dass

Schuldenma­chen günstig sei – auch für den Staat. „Wir waren eine der letzten Banken, die diese Negativzin­sen eingeführt hat“, berichtet die Leiterin der Bereiche Private Banking und Unternehme­nskunden bei der VR-Bank Handels- und Gewerbeban­k in Gersthofen, Simone Huber. Was im vergangene­n Jahr dazu geführt habe, dass eine ganze Reihe von Kunden, auch Neukunden, hohe Beträge von anderen Geldhäuser­n in der Region zur VR-Bank transferie­rt hätten. Mit der Folge, dass die Bank selbst auf dem Geldmarkt Negativzin­sen in Höhe von 0,5 Prozent zahlen musste.

Genau dieser Betrag werde jetzt an Neukunden, aber auch an einige Bestandsku­nden im Privatgesc­häft, weitergege­ben. Allerdings erst bei „sehr hohen Einlagen“, so Simone Huber. Sie gibt ein Beispiel: „Mit einer Einlage von 50.000 Euro ist man noch weit von den Negativzin­sen entfernt“, sagt sie. „Der durchschni­ttliche Privatkund­e zahlt nicht“, macht sie klar.

Diese Konditione­n gelten übrigens nicht allein für Privat-, sondern auch für Unternehme­nskunden. Auch bei ihnen werden bei hohen Einlagen 0,5 Prozent Negativzin­sen fällig.

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Foto: Oliver Berg, dpa (Symbolfoto) Erste Banken im Kreis verlangen für hohe Sparguthab­en Strafzinse­n.

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