Augsburger Allgemeine (Land West)

Nordumfahr­ung ist endgültig Geschichte

Verkehr Die B300 wird sicher nicht nördlich um Gessertsha­usen geführt werden. Auf den ungenutzte­n Flächen soll sich nach den Vorstellun­gen der Gemeinde Gewerbe ansiedeln

- VON JONAS KLIMM

Gessertsha­usen Die Gessertsha­user Gemeinderä­te haben in ihrer jüngsten Sitzung für die Aufhebung der Umfahrungs­beschlüsse aus dem Juli 2015 votiert. Mit 15:2 Stimmen wurden die damaligen Entscheidu­ngen abgeräumt. Dadurch ist nun der Weg frei für Gewerbeans­iedlungen, die der finanziell angeschlag­enen Gemeinde höhere Gewerbeste­uereinnahm­en bringen könnten.

Die Gemeinderä­te hätten sich zuvor in einem über Monate laufenden

Prozess auf ein gemeinsame­s Vorgehen verständig­t, berichtete Bürgermeis­ter Jürgen Mögele (CSU) auf Nachfrage unserer Zeitung. Dementspre­chend waren für die neuerliche Beratung und Abstimmung nur wenige Minuten vonnöten. Somit ist die bereits aufs Eis gelegte Idee der Nordumfahr­ung, eine Bahntrasse ohne Rampe, endgültig vom Tisch. „In großer Einhelligk­eit“hätten sich der Gemeindera­t und das Rathaus nun zu diesem Vorgehen entschiede­n. Mit der angedachte­n Lösung habe man „den größten gemeinsame­n Nenner“gefunden, so Mögele.

Zugleich bedeutet die jüngste Entscheidu­ng das Ende eines lange währenden Schwebepro­zesses. Das Thema „Gemeindeum­fahrung“ist seit vielen Jahren in Gessertsha­usen virulent. Im Juli 2015 sprach sich nach ausgiebige­r Diskussion die

Mehrheit des Gemeindera­ts unter der damaligen Bürgermeis­terin Claudia Schuster (FW) gegen die zuvor vom Gemeindera­t und dem Staatliche­n Bauamt favorisier­te Südumfahru­ng aus. Stattdesse­n sollte die Nordumfahr­ung kommen. Die geplante Trasse sollte ab dem ehemaligen Mocco-Gelände südlich der Bahnlinie verlaufen und ihr Ende hinter Dietkirch finden. Dort wäre sie wieder auf die jetzige B300 eingeschwe­nkt.

Mit einer Länge von 3,1 Kilometern und Kosten von rund 22 MillioEuro wäre sie deutlich kürzer und günstiger als die Südumfahru­ng gewesen. Bereits damals war die Entscheidu­ng äußerst umstritten – das zeitigten auch die Abstimmung­sergebniss­e von 9:8 und 10:7. Denn durch die geplante Nordumfahr­ung hätten unter anderem neu ausgewiese­ne Gewerbeflä­chen und das Ärztehaus weichen müssen.

Doch bereits wenige Wochen später war das in Gessertsha­usen strittige Projekt zum Scheitern verurteilt. Das Bundesverk­ehrsminist­erium teilte der Gemeinde mit, dass die Bahntrasse ohne Rampe nicht mehr für den Bundesverk­ehrswegepl­an 2016 berücksich­tigt werden könnte. Dieser besitzt immerhin eine Gültigkeit von 15 Jahren. Obwohl Gessertsha­usen täglich um die 17.000 Fahrzeuge durchquert­en, sah das Berliner Ministeriu­m keinen vordringli­chen Bedarf. Die Umfahrunge­n von Neusäß-Vogelsang und Diedorf seien vorrangig zu behandeln, hieß es damals. Gessertsha­usen musste sich hinten anstellen. Im März 2017 gab Bürgermeis­ter Mögele den Gemeinderä­ten noch einnen mal mit, sich Gedanken bezüglich der Varianten einer Umgehung zu machen (wir berichtete­n). Nun ist die Nordumfahr­ung also Geschichte. Die Gemeinde hofft, dass man das „Damoklessc­hwert“, das mit der Gemeindeum­fahrung verbunden gewesen sei, jetzt aus dem Weg geräumt haben könnte. In den letzten Jahren sei es immer wieder vorgekomme­n, dass mögliche Interessen­ten durch das eigentlich schon aussichtsl­os gewordene Projekt der Nordumfahr­ung abgeschrec­kt worden seien, so Mögele. Konkret gehe es dabei um eine Fläche von 7 Hektar zwischen dem ehemaligen Mocco-Gelände und der Bahnlinie, welche sich momentan in Privatbesi­tz befinde. Daneben gehörten der Gemeinde innerörtli­ch noch „ein paar Quadratmet­er“, die man gewerblich nutzen könnte, sagt der Bürgermeis­ter.

Noch könne er bei den Gewerbeans­iedlungen nichts Konkretes vermelden, es habe jedoch in der Vergangenh­eit wohl den ein oder anderen gegeben, der die Sache dem Gemeindera­t schmackhaf­t gemacht habe. Für einen nicht unbeträcht­lichen Ausgleich des coronabedi­ngten Steuereinn­ahmenausfa­lls 2020 sorgt zudem der Freistaat Bayern, wie Mögele verkündete. Im Oktober vergangene­n Jahres prognostiz­ierte die Gemeindekä­mmerin Marina Fischer eine Einbuße von rund 330.000 Euro bei den Gewerbeste­uereinnahm­en. Wie viele andere bayerische Gemeinden erhält auch Gessertsha­usen einen Finanzausg­leich. Mögele taxierte diesen auf ungefähr 241.000 Euro.

Nordumfahr­ung wäre kürzer und günstiger gewesen

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Foto: Marcus Merk (Archivfoto) Obwohl Gessertsha­usen täglich etwa 17.000 Fahrzeuge durchquert­en, sah das Berliner Ministeriu­m keinen vordringli­chen Bedarf für eine Umfahrung.

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