Augsburger Allgemeine (Land West)

Schülern fehlt die berufliche Orientieru­ng

Bildung Aufgrund von Corona fallen Jobmessen, Betriebspr­aktika und Thementage aus. Die Leiterin einer Augsburger Mittelschu­le fürchtet, ihre Schüler könnten zu den Verlierern der Pandemie gehören

- VON MIRIAM ZISSLER

Die Augsburger Schulleite­rin Andrea Kempinger dos Santos macht sich große Sorgen. Sie leitet die Werner-von-Siemens-Mittelschu­le im Stadtteil Hochzoll. Gerade die Lage der Schüler der Abschlussk­lassen an den Mittelschu­len stelle sich dramatisch dar, sagt sie. Sie fürchtet, dass ihre Schüler die Verlierer bei der Suche nach einem Ausbildung­splatz und einem späteren Job sein werden. Der Grund: „Sämtliche berufsorie­ntierenden Maßnahmen finden nicht mehr statt. Das lässt uns verzweifel­n.“Neben den Praktika in Betrieben würden auch Jobmessen wegfallen, daneben gebe es so gut wie keine Möglichkei­ten für Informatio­nsstunden, Thementage oder Elterngesp­räche. „Gerade der Ausfall von Praktika ist schlimm. Es ist eines der wichtigste­n Instrument­e zur berufliche­n Orientieru­ng“, sagt sie.

Dabei wurde der Werner-vonSiemens-Mittelschu­le erst im Dezember neben der Hans-AdlhochSch­ule, dem Maria-Ward-Gymnasium und der Reischlesc­hen Wirtschaft­sschule das Berufswahl­siegel verliehen. Es ist eine Auszeichnu­ng für „herausrage­nde Projekte und Maßnahmen“zur Berufsund Studienori­entierung, verliehen wird es vom Bildungswe­rk der Bayerische­n Wirtschaft. So gibt es an der Werner-von-SiemensMit­telschule beispielsw­eise Schulpartn­erschaften zu Unternehme­n aus Bereichen wie Handwerk, Pflege, Industrie oder dem kaufmännis­chen Bereich.

Auch Eltern stellten an der Schule ihre Berufe vor. Polizei, Uniklinik, Bauinnung oder kleinere Betriebe wie Gärtnereie­n oder Friseure berichten normalerwe­ise im Schulallta­g von ihren Ausbildung­smöglichke­iten. Ab der 7. Klasse nehmen die Schüler der Mittelschu­le regelmäßig am Berufswahl­programm teil. „Jeder muss eine Veranstalt­ung aus dem Bereich Wirtschaft, Technik, Handwerk und Soziales besuchen. Niemand soll sich zu schnell festlegen“, erklärt Andrea Kempinger dos Santos. Der Großteil dieses Angebots sei nun weggebroch­en. „Die

Abschlusss­chüler unserer vielen Mittelschu­len können zu den großen Verlierern dieser Pandemie werden, davor haben ich, meine Lehrkräfte, aber auch die Eltern unserer Schülerinn­en und Schüler große Angst.“

Im Arbeitskre­is Schule und Wirtschaft hat sie sich mit anderen Vertretern von Mittelschu­len ausgetausc­ht. Es gebe auch Lichtblick­e, sagt sie: So habe sie erfahren, dass die Industrie- und Handelskam­mer ihre Berufsinfo-Messen digital veranstalt­et. Die „Fit for Job“findet beispielsw­eise am Samstag, 20. März, von 9 bis 15 Uhr digital statt. Ein Vertreter der Bauinnung wiederum habe sich bereit erklärt, den achten Klassen über die OnlinePlat­tform MS Teams zur Verfügung zu stehen.

Andrea Kempinger dos Santos wünscht sich für ihre Schüler aber noch mehr Möglichkei­ten, trotz der Corona-Pandemie mit ihren Beschränku­ngen etwas über verschiede­ne Ausbildung­sberufe zu erfahren. „Kleinere Betriebe, die ihre Arbeit digital vorstellen wollen, würden wir auch technisch unterstütz­en. Auszubilde­nde könnten von ihrem Arbeitgebe­r freigestel­lt werden und unseren Schülern von ihrem Ausbildung­salltag berichten“, zählt sie auf. In der Vergangenh­eit hätten sie schon dafür gesorgt, dass nach Reihentest­ungen Schüler mit negativem Ergebnis ihren Betriebspr­aktika hätten nachgehen können. Auch das wäre in ihren Augen ein Weg, so schnell wie möglich das Schnuppern in Betrieben wieder zu ermögliche­n.

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Foto: Peter Fastl (Archiv) Auf einer Jobmesse können Schüler oder Berufseins­teiger Ausbildung­sbetriebe kennenlern­en. Aufgrund von Corona fallen derzeit aber viele Angebote zur Berufsorie­ntierung aus.
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