Augsburger Allgemeine (Land West)
USA und Iran pokern um Neustart
Es geht um das Atomprogramm
Teheran Joe Biden ist gerade im Amt – und das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den USA und Iran um das Atomabkommen hat begonnen. An seinem ersten offiziellen Arbeitstag stellte US-Außenminister Antony Blinken klar, Teheran müsse zuerst zur vollen Vertragstreue zurückkehren, dann würden die USA die Sanktionen lockern. „Es wird ein langer Weg. Das Ganze wird dauern“, dämpfte der US-Chefdiplomat die Erwartungen. Gleichzeitig schickte das Pentagon erneut einen B52-Bomber, der Atomwaffen tragen kann, von einer Luftwaffenbasis in Louisiana auf einen 36-StundenRundflug über den Nahen Osten.
Für Irans Regierung ist dieser harte Auftakt eine kalte Dusche. Entnervt keilte Teheran zurück. „Faktencheck für @SecBlinken: Die USA haben den JCPOA verletzt“, twitterte Außenminister Mohammad Javad Zarif und pochte auf den ersten Schritt durch Washington. Solange die US-Sanktionen bleiben, will die Islamische Republik die Vertragsgrenzen bei der Urananreicherung weiter ignorieren. Erst letzte Woche kündigte das Regime an, in seiner Atomanlage Fordow wieder bis zu 20 Prozent anzureichern, fünfmal höher, als nach dem so genannten „Joint Comprehensive Plan of Action“(JCPOA) erlaubt ist. Auch die kurzfristigen Kontrollbesuche von UNInspektoren sollen untersagt werden. Die Kooperation will man aber nicht ganz beenden.
Denn für Irans moderaten Präsidenten Hassan Rohani und seinen Außenminister Zarif steht viel auf dem Spiel. Sie brauchen dringend Erfolge, damit ihr politisches Lager in den nächsten Jahren nicht völlig ins Abseits gerät. Am 18. Juni sind Präsidentschaftswahlen, bei denen Rohani nicht mehr antreten darf. Ein moderater Kandidat jedoch kann nur gewinnen, wenn die von Corona und Hyperinflation geplagte Bevölkerung endlich wieder eine Perspektive sieht. Nasser Hadian, Politologe an der Universität Teheran, rechnet damit, dass im Wahlkampf die US-Sanktionen und der Atomstreit eine Schlüsselrolle spielen werden.