Augsburger Allgemeine (Land West)
Krise im Erzbistum Köln spitzt sich weiter zu
Das dürfte es in der katholischen Kirche noch nicht so oft gegeben haben: Die Gläubigen im größten deutschen Bistum kündigen dem Erzbischof offiziell das Vertrauen und die Zusammenarbeit auf. Der Diözesanrat – die Vertretung der praktizierenden Katholiken in den Gemeinden – stellte sich in einer außerordentlichen Vollversammlung gegen Kardinal Rainer Maria Woelki. Damit erreicht eine seit Monaten schwelende Krise einen Höhepunkt. „Es ist schier unglaublich, wie sich die Leitung des Erzbistums verhält“, kritisierte der Vorsitzende des Diözesanrats, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). „Wir befinden uns in der größten Kirchenkrise, die wir alle je erlebt haben. Der Erzbischof von Köln hat als moralische Instanz versagt und zeigt bis heute keine Haltung.“Woelki steht in der Kritik, weil er ein von ihm selbst in Auftrag gegebenes Gutachten zurückhält. Es untersucht, wie Bistumsverantwortliche in der Vergangenheit reagiert haben, wenn Priester des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt wurden. Das Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl ist fertig, doch Woelki hält es unter Verschluss – wegen rechtlicher Bedenken. Der Diözesanrat fordert Woelki auf, das Angebot der Kanzlei anzunehmen, die Expertise auf ihre Verantwortung zu veröffentlichen. Das Erzbistum lehnte dies erneut ab.