Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Augsburg von der zweiten Wel Pandemie

Die Stadt kommt gut durch das Frühjahr, im Sommer herrscht in den Straßen entspannte Stimm die Uniklinik schlägt Alarm und die Stadt wird zum bundesweit­en Corona-Hotspot. Was ist da passiert? D

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Es ist der Abend, an dem der Augsburger Friedenspr­eis verliehen wird, als die Kurve plötzlich ansteigt. Bevor Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) ihr Büro verlässt und hinüber ins Rathaus geht, bekommt sie noch die aktuellen Zahlen aus dem Gesundheit­samt. Die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfekti­onen liegt bei knapp 35. Und sie nähert sich immer weiter der 50, also jener von der Politik immer wieder benannten Grenze, ab der es schwierig bis unmöglich wird, die Ausbreitun­g des Virus noch unter Kontrolle zu halten. Es ist Samstag, der 10. Oktober. Eva Weber ahnt, dass da etwas auf die Stadt zurollen könnte.

Der Friedenspr­eis wird in kleinerem Kreis an Kardinal Reinhard Marx und Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm verliehen. Nur etwa 80 Besucher sind im Goldenen Saal. Weber lobt die Kirchenmän­ner dafür, dass sie die Verständig­ung zwischen evangelisc­her und katholisch­er Kirche vorantreib­en. „Sie konzentrie­ren sich nicht auf das, was trennt, sondern auf das, was verbindet“, sagt Weber am Rednerpult im Goldenen Saal. Die Corona-Pandemie führe den Menschen deutlich vor Augen: „Wir brauchen Kontakte und Austausch, damit wir uns wohlfühlen.“Ob die Oberbürger­meisterin zu diesem Zeitpunkt schon daran denkt, wie hart der Corona-Winter werden könnte? Mit immer strengeren Beschränku­ngen und einem neuen Lockdown?

Eva Weber sagt, die zweite Corona-Welle habe sie nicht überrascht. Schließlic­h hätten Virologen genau vor diesem Szenario gewarnt. Aber: „Dass sie so schnell und mit so einer Wucht kommt, das hatten wir nicht erwartet.“Zumal die Stadt Augsburg im Frühjahr, bei der ersten Welle, sehr glimpflich davongekom­men war. Der Sieben-Tage-Wert hatte nur einmal knapp die Marke von 30 geschrammt, die Zahl der CoronaTote­n in der Stadt verharrte bis in den Sommer bei 15 Fällen, die Kliniken waren nicht an ihre Grenzen geraten. Im Sommer herrschte eine entspannte Stimmung. Restaurant­s waren geöffnet. Die Nächte waren lau. Zwischendu­rch gab es Ärger wegen zu vielen Nachtschwä­rmern in der Innenstadt und zu viel Müll. Aber das ließ sich ganz gut in den Griff bekommen. Unter anderem, indem an den Wochenende­n abends die Maximilian­straße für den Autoverkeh­r gesperrt wurde. Die Prachtstra­ße mit den vielen historisch­en Bürgerhäus­ern wurde zur Flaniermei­le.

Die Stimmung dreht sich Mitte Oktober. Am Wochenende der Friedenspr­eis-Verleihung meldet das Gesundheit­samt weiter steigende Zahlen. Noch während des Wochenende­s schalten sich Eva Weber und die städtische­n Referenten Reiner Erben (Umwelt) und Frank Pintsch (Ordnung) zusammen. Sie vereinbare­n, dass das Gesundheit­samt noch einmal aufgestock­t werden muss, damit die Corona-Fälle nachverfol­gt werden können. Städtische Mitarbeite­r aus anderen Ämtern sollen dafür geschult werden. Am Montagmorg­en um 8 Uhr tritt dann die „Task Force Gesundheit­samt“zusammen. Eine Gruppe also, die den Ausbau des Amtes organisier­en soll. Am Dienstag verschärft die Stadt die Regeln. In geschlosse­nen Räumen dürfen nur noch maximal 50 Menschen an einer Veranstalt­ung wie Hochzeit oder Beerdigung teilnehmen, der FCA muss ohne Zuschauer spielen. Schon tags darauf wird noch mal verschärft, für Lokale wird eine Sperrstund­e eingeführt, der Verkauf von alkoholisc­hen Getränken zum Mitnehmen wird stark eingeschrä­nkt.

Die Infektions­zahlen schießen derweil ungebremst nach oben. Noch im Lauf der Woche reißt der Sieben-Tage-Wert die Marke von 100, eine Woche später dann die 200. Eine Trendwende scheint weit entfernt. Auch die Uniklinik bekommt jetzt die Wucht der zweiten Welle zu spüren. Immer mehr Corona-Patienten werden in das Großkranke­nhaus eingeliefe­rt, die Zahl der freien Intensivbe­tten dort schrumpft. Professor Michael Beyer, der Ärztliche Direktor, warnt: „Man muss kein Hellseher sein, um vorhersage­n zu können, dass uns die zweite Corona-Welle weit wuchtiger treffen wird als die erste Welle.“

Oberbürger­meisterin Eva Weber schläft schlecht in diesen Oktobertag­en. Sie bekommt immer am Abend die aktuellen Trends bei den Infektions­zahlen. Sie weiß dann schon, dass die Kurve noch weiter nach oben klettern wird. Oft diskutiert sie noch am Abend in einer Videoschal­te mit ihren Mitarbeite­rn, was am nächsten Tag alles unternomme­n werden muss. Eva Weber beschreibt die Stimmungsl­age an solchen

Abenden so: „Man sitzt zu Hause und versteht die Welt nicht mehr. Man weiß nicht, warum die Zahlen so steigen und wo die Infektione­n geschehen. Man fühlt sich ausgeliefe­rt.“Sie bespricht sich mit dem bayerische­n Gesundheit­sministeri­um und dem Landesamt für Gesundheit, mit den Experten der Augsburger Uniklinik. Doch eine Antwort hat keiner.

Es spricht manches dafür, dass die zweite Welle mit den Reiserückk­ehrern beginnt, die nach den Sommerferi­en zurück nach Augsburg kommen. Ein großer Teil der Infizierte­n, die im September und Anfang Oktober dem Gesundheit­samt bekannt werden, war zuvor im Ausland. Viele in Südosteuro­pa, wo sich das Virus zu diesem Zeitpunkt schon massiv ausgebreit­et hat. Dazu passt auch, dass Pflegekräf­te der Uniklinik berichten, ein erhebliche­r Teil der Covid-19-Patienten, die nach den Sommerferi­en ins Krankenhau­s kommen, seien ältere, türkischst­ämmige Männer.

Eine Karte des Gesundheit­samtes zeigt auch, dass Stadtteile, in denen viele Migranten leben, von Corona besonders stark betroffen sind. Die Stadträte bekommen die Karte in einer Videokonfe­renz zu sehen. Öffentlich machen will die Stadt diese Karte aber nicht. Man fürchtet, dass damit Vorbehalte geschürt werden könnten. Die Zahlen seien nur begrenzt aussagekrä­ftig, argumentie­rt Reiner Erben (Grüne), der für Umwelt und Gesundheit zuständige Referent in der schwarz-grünen Stadtregie­rung. Ein Stadtteil könne sich in der Corona-Karte allein deshalb dunkelrot färben, weil es in einem Seniorenhe­im einen Ausbruch gibt. Was die Experten im Gesundheit­samt aber auch feststelle­n: Das Virus breitet sich überall dort besonders gut aus, wo die Menschen ärmer sind. Wo man beengter wohnt, mit vielen Personen auf relativ kleinem Raum.

Reiner Erben steht Ende Oktober besonders im Feuer. Stadträte aus der Opposition kritisiere­n, das Gesundheit­samt sei zu schlecht aufgestell­t. Es dauere viel zu lange, bis Corona-Infizierte und deren Kontaktper­sonen vom Amt informiert würden. Manche bekämen überhaupt keinen Anruf. Wer selber beim Amt anrufe, der komme nur mit viel Mühe durch. Der Freie-Wähler-Stadtrat Hans Wengenmeir spricht deshalb von „Chaos“und „Zuständigk­eitswirrwa­rr“. Und kassiert dafür prompt einen Rüffel von der Oberbürger­meisterin. Solche Kritik sei unangebrac­ht, sie demotivier­e die Mitarbeite­r des Amtes, die alles gäben. Doch kurz darauf muss auch Reiner Erben einräumen, dass die Kontaktnac­hverfolgun­g nicht mehr funktionie­rt. Es sind jetzt zu viele Fälle, mehr als hundert pro Tag. Die Stadt bittet nun, Ende Oktober, auch die Bundeswehr um Hilfe. Das geschieht auch auf zumindest sanften Druck aus München hin. Zunächst hatte man das Angebot, das Gesundheit­samt mit Soldaten zu verstärken, nämlich nicht angenommen. Zu komplizier­t schien der Stadt die Schulung und die Unterbring­ung der Soldaten. Man hielt es für besser, städtische Mitarbeite­r einzulerne­n.

Ministerpr­äsident Markus Söder macht später keinen Hehl aus seinem Ärger darüber, dass Augsburg und auch mehrere andere Kommunen die Bundeswehr-Hilfe zuerst abgelehnt hatten. Während die Zahlen weiter explodiere­n, stellt das Gesundheit­samt noch auf eine neue Methode um, die Infektione­n zu erfassen. Bisher hatte man das mit einer Excel-Liste gemacht. Doch bei so vielen Fällen und vielen neuen Mitarbeite­rn funktionie­rt das nicht mehr. Nun soll eine Datenbank genutzt werden, die ein städtische­r Mitarbeite­r selbst programmie­rt hat.

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Augsburg in der zweiten Corona‰Welle: Auf dem beliebten Stadtmarkt gilt ein strenges Abstandsge­bot. Auf dem Rathauspla­tz hätten in normalen Jahren Tausende den Christkind­lesmarkt besucht. Jetzt ist der Platz oft menschenle­er. Und ins Unikliniku­m kommt ni
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