Augsburger Allgemeine (Land West)

Neue Ansprechpa­rtnerin für Frauen in Not

Die Straßensee­lsorgerin Elisabeth Mack geht Ende Februar in den Ruhestand. Ihr Herzenspro­jekt, die Wohn- und Tagesstätt­e Haus Lea, wird nun von zwei Nachfolger­innen betreut

- VON ANDREA BAUMANN

Als Straßensee­lsorgerin in der Pfarreieng­emeinschaf­t Oberhausen-Bärenkelle­r ist Schwester Elisabeth Mack keine Not fremd: Sie kennt die Suchtkrank­en am Helmut-Haller-Platz ebenso wie die Seniorin, die sich mit Flaschensa­mmeln ihre magere Rente aufbessert. Bei diesen Begegnunge­n wurde der Franziskan­erin bewusst, dass Frauen mit geringem Einkommen, wenig Kontakten und teilweise auch ohne festen Wohnsitz einen eigenen Schutzraum brauchen.

Elisabeth Mack rief daher in der Nähe des Oberhauser Bahnhofs einen Treffpunkt für Frauen in Not ins Leben. Nach einer Zwischenst­ation in einem ehemaligen Kindergart­en hat die Einrichtun­g seit einigen Jahren im Schatten der Kirche St. Joseph eine dauerhafte Bleibe gefunden. Das Haus an der Ecke Donauwörth­er-/Neuhoferst­raße gehört der Diözese und ist mittlerwei­le über die Stadtgrenz­en hinaus als Anker für Frauen in schwierige­n Lebenslage­n bekannt.

Bis Mitte März herrschte in den Erdgeschos­sräumen an jedem Werktag ein reges Kommen und Gehen: Zahlreiche Besucherin­nen nutzten die Gelegenhei­t zum Frühstücke­n, Mittagesse­n, Wäschewasc­hen, zum Miteinande­rplaudern und auch zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Schwester Elisabeth. Nachdem im Sommer wieder Leben einkehrte, ist die Begegnungs­stätte – bis auf ein Mittagesse­n zum Mitnehmen einmal pro Woche – wegen des aktuellen Lockdowns wieder geschlosse­n.

Elisabeth Mack tut die Zwangsschl­ießung weh, weiß sie doch, dass die Sorgen und Nöte der Frauen in Corona-Zeiten noch gewachsen sind. Gut möglich, dass sie viele der

Besucherin­nen gar nicht mehr sieht bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand Ende Februar. Zuversicht­lich ist sie allerdings, was die Zukunft des von ihr ins Leben gerufenen Hilfsproje­kts anbelangt. Die Augsburger Caritas hat als Trägerin von Haus Lea eine Nachfolger­in eingestell­t. Sozialpäda­gogin Mona Haase, 38, hat in der Vergangenh­eit schon mit Frauen gearbeitet und bezeichnet die neue Aufgabe als „Sechser im Lotto“. Demnächst steht ihr mit Sonja Svirac von der Bahnhofsmi­ssion stundenwei­se eine weitere Kollegin zur Seite.

Die beiden kümmern sich nicht nur um die Besucherin­nen der Tagesstätt­e, sondern sind auch Ansprechpa­rtnerinnen für die Frauen, die eine Wohnung in den Stockwerke­n darüber gemietet haben. „Die

Frauen, die teilweise zuvor auf der Straße gelebt haben, müssen das Wohnen wieder lernen“, sagt Haase. Zum Lea-Wohnprojek­t gehört auch eine Filiale an einem anderen Standort. Die Caritas hat dort Wohnungen vom St.-Ulrichs-Werk angemietet und vermietet sie an ihre Klientinne­n weiter. „Bei Bedarf können wir dort noch aufstocken“, sagt Caritas-Geschäftsf­ührer Walter

Semsch. Er ist von dem Wohnprojek­t überzeugt, da die Frauen in den Ein- oder Zwei-Zimmer-Apartments mehr Platz als im städtische­n Übergangsw­ohnheim sowie Rückzugsmö­glichkeite­n hätten und zudem intensiver betreut werden könnten. Derzeit wollen elf Frauen im Alter von 20 bis 68 Jahren mithilfe des Wohnprojek­ts wieder so stabil werden, dass sie eines Tages selbststän­dig leben können. Die wieder geweckten Lebensgeis­ter machen sich in mehrerlei Hinsicht bemerkbar: Da ist das zusammen mit der Augsburger Künstlerin Monika Wex gestaltete Treppenhau­s zu nennen oder die Hauszeitun­g, deren erste Ausgabe im Frühjahr erscheinen soll. Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit eröffnet der Garten neue Betätigung­sfelder. „Eine unserer Bewohnerin­nen hat auch wieder so viel Kraft, dass sie zumindest ein paar Stunden pro Woche arbeiten kann“, freut sich Haase.

Die Sozialpäda­gogin hofft, dass die Corona-Lage in naher Zukunft wieder gemeinsame­s Kochen und Essen erlaubt. Ausflüge mit dem VW-Bus der Caritas (eine Spende der Aktion Mensch) könnten den Radius der Frauen erweitern. In Gedanken wird Schwester Elisabeth mit von der Partie sein. „Manchmal stehe ich dankbar vor unserem Haus und staune, wie aus einem Impuls so etwas entstanden ist.“Benannt ist die Einrichtun­g übrigens nach Lea Ackermann, der Begründeri­n der Frauenhilf­sorganisat­ion Solwodi und Trägerin des Augsburger Friedenspr­eises. Sie gab nicht nur bereitwill­ig ihren Vornamen her für das Projekt, sondern stattete vor einigen Jahren dem Haus Lea auch einen Besuch ab. Bei dieser Gelegenhei­t umarmte sie jede Frau –, ob Unterstütz­erin, Stammgast oder Gelegenhei­tsbesucher­in.

 ?? Fotos: Silvio Wyszengrad ?? Schwester Elisabeth Mack (rechts) hat das Haus Lea mit ins Leben gerufen. Zusammen mit ihrer Nachfolger­in Mona Haase sortiert sie die Bestände der Kleiderbou­tique in der Begegnungs­stätte.
Fotos: Silvio Wyszengrad Schwester Elisabeth Mack (rechts) hat das Haus Lea mit ins Leben gerufen. Zusammen mit ihrer Nachfolger­in Mona Haase sortiert sie die Bestände der Kleiderbou­tique in der Begegnungs­stätte.

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