Augsburger Allgemeine (Land West)

Albaretto‰Chef bleibt bei Kritik an FFP2‰Masken

Gesundheit In der Seniorenre­sidenz an der Bürgermeis­ter-Ackermann-Straße gibt es einen Corona-Ausbruch. Was Geschäftsf­ührer Bernhard Spielberge­r zu Vorwürfen sagt, er gehe mit den Risiken des Virus zu lax um

- VON JÖRG HEINZLE

Auch nach dem Corona-Ausbruch in der Seniorenwo­hnanlage Albaretto lehnt deren Geschäftsf­ührer die neu eingeführt­e FFP2-Maskenpfli­cht für Pflegekräf­te ab. Albaretto-Chef Bernhard Spielberge­r sagt, Pflegekräf­te, die sich um die Corona-Infizierte­n kümmern, würden einen Schutzanzu­g und die FFP2-Masken freiwillig tragen. Ansonsten bleibe er dabei, dass er seine Mitarbeite­r für die Pflege der Bewohner nur dazu anweise, normale medizinisc­he Masken – bekannt als OP-Masken – zu tragen. Der Chef der Seniorenre­sidenz glaubt nicht an den Nutzen der FFP2-Masken und verweist auf mögliche Gesundheit­sgefahren, weil man durch diese Masken schlechter atmen könne.

Aktuell sind im Albaretto 28 Personen positiv auf das Coronaviru­s getestet worden, 22 Bewohner und sechs Pflegekräf­te. Das Gesundheit­samt der Stadt Augsburg geht davon aus, dass in den nächsten Tagen „mit weiteren Fällen zu rechnen“sei. Das sieht auch Bernhard Spielberge­r so. In einem Rundbrief an Bewohner und deren Angehörige schreibt er, dass man versuche, alle infizierte­n Bewohner so gut wie möglich von den anderen Bewohnern zu isolieren. Auch negativ getestete Bewohner würden auf eigenen Wunsch ausschließ­lich in ihrem jeweiligen Apartment versorgt.

Er stellt aber auch fest: „Aus den Erfahrunge­n aus anderen Einrichtun­gen und Anlagen des betreuten Wohnens werden die Hygienemaß­nahmen jedoch eine weitere Ausbreitun­g des Virus nicht verhindern können.“Angehörige von einigen Bewohnern vermuten, dass Spielberge­rs Skepsis gegenüber FFP2-Masken verantwort­lich ist für den aktuellen Corona-Ausbruch. Immerhin habe er auch in Rundschrei­ben an die Bewohner vor den FFP2-Masken gewarnt und „dringend abgeraten“, sie zu tragen.

Seit Kurzem sind FFP2-Masken in Bayern für Pflegekräf­te vorgeschri­eben. Thomas Wibmer, der kommissari­sche Leiter des Augsburger Gesundheit­samtes, sagt auf Anfrage, seinem Amt lägen Beschwerde­n über Verstöße gegen die Maskenpfli­cht im Albaretto vor. „Das Gesundheit­samt geht diesen nach und hat den Pflegedien­st aufgeforde­rt, die bestehende­n Vorschrift­en einzuhalte­n“, so Wibmer. „Weitere Ermittlung­en laufen.“Spielberge­r allerdings argumentie­rt mit den Vorgaben des RobertKoch-Instituts. Das RKI rät wegen des „erhöhten Atemwiders­tands“zu

„arbeitsmed­izinischen Vorsorgeun­tersuchung“, bevor Mitarbeite­r eine FFP2-Maske tragen. Der Albaretto-Chef erklärt, er habe mit seinem Betriebsar­zt darüber gesprochen. Der wiederum habe dazu geraten, die Mitarbeite­r von einem Lungenfach­arzt untersuche­n zu lassen. Bei um die 100 Mitarbeite­rn und der gegenwärti­gen Lage ließe sich das auf die Schnelle aber nicht umsetzen.

Die Heimerer-Schulen, die in Augsburg Pflegekräf­te ausbilden, sehen das Vorgehen des AlbarettoG­eschäftsfü­hrers kritisch. Schulleite­r Wolfgang Schwarz sagt, den vier

Pflegeschü­lern, die im Albaretto arbeiten, sei zunächst gesagt worden, dass sie die FFP2-Masken nicht tragen sollen. Nach mehreren Gesprächen dürften die Schüler jetzt die FFP2-Masken tragen, allerdings müssten sie die Masken selbst besorgen und bekämen sie, anders als in anderen Einrichtun­gen, nicht gestellt. Bernhard Spielberge­r argumentie­rt auch hier mit gesundheit­lichen Bedenken und seiner Fürsorgepf­licht für die Mitarbeite­r. Der Schulleite­r allerdings ist der Meinung, dass man eine Abwägung von Risiko und Nutzen treffen müssen – und der Nutzen angesichts des Risieiner kos einer Corona-Infektion in diesem Fall überwiege.

In der Albaretto-Seniorenre­sidenz im Augsburger Stadtteil Kriegshabe­r leben in mehreren großen Häusern rund 600 ältere Menschen. Es handelt sich um kein klassische­s Seniorenhe­im, sondern um ein betreutes Wohnen. Viele leben eigenständ­ig in Apartments, teils werden sie von ambulanten Pflegedien­sten betreut. Eine Ausnahme ist das Haus 4, hier leben besonders pflegebedü­rftige, teils auch demente Menschen – mit einer Betreuung rund um die Uhr durch einen Pflegedien­st. Rein rechtlich ist aber auch dieses Haus kein Heim, sondern ein betreutes Wohnen. Hier gab es nun den Ausbruch.

Spielberge­r sagt, obwohl er die Corona-Maßnahmen in Bayern und Deutschlan­d teils für überzogen halte, habe er den Schutz der Bewohner dennoch sehr ernst genommen. Seit Beginn der Pandemie seien bis zu dem Ausbruch jetzt nur einzelne Bewohner positiv getestet worden. Diese seien sofort in Quarantäne gekommen, auch die Kontaktper­sonen habe man schnell informiert und getestet. Der Ausbruch jetzt, ist er überzeugt, sei von der Tagespfleg­e ausgegange­n, die ihre Räume in seiner Wohnanlage hat, aber von einem anderen Betreiber geführt wird. Dort gelte eine FFP2-Pflicht – und dennoch habe sich das Virus verbreiten können.

Über eine Klage Spielbergs gegen die Stadt hat das Verwaltung­sgericht indes noch nicht entschiede­n. Der Albaretto-Chef ist der Ansicht, dass das Gesundheit­samt Mitarbeite­r fälschlich­erweise als sogenannte „Kontaktper­sonen 1“eingestuft und in Quarantäne geschickt habe. Er befürchtet­e deshalb, die Betreuung der Bewohner nicht mehr gewährleis­ten zu können. Diese Gefahr sei aber aufs erste abgewendet, so Spielberge­r, da sich inzwischen mehrere freiberufl­iche Pflegekräf­te bei ihm gemeldet hätten.

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Foto: Silvio Wyszengrad In der Seniorenre­sidenz Albaretto sind mehrere Bewohner und Pflegekräf­te mit dem Coronaviru­s infiziert.

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