Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwei Festivalpr­ogramme gestaltet, aber kaum Termine

Konzerte Das Jahr ist für Musiker schwer zu planen, zum Beispiel mit den Festivals Alter und Neuer Musik in Augsburg

- VON STEPHANIE KNAUER

Das Wort „Kreativitä­tsstau“fällt gleich zu Beginn. Auf die Frage, wie es denn so gehe, in der monatelang­en konzertfre­ien Zeitzone. Künstler wollen auf die Bühne, antwortet die Augsburger Musikerin Iris Lichtinger: Der Künstler muss im Training, im Arbeitsflu­ss bleiben. Das hat nicht nur finanziell­e Gründe. Künstler wollen was leisten, wollen künstleris­ch tätig sein. Auch für Iris Lichtinger ist das Konzertier­en eine Herzensang­elegenheit. Dank ihrer Unterricht­stätigkeit sind die Einbußen zum Glück nicht existenzbe­drohend. Der Familie gefällt es außerdem gut, dass sie nun mehr zu Hause ist.

Dabei sitzt sie in den Startlöche­rn: Als 1. Vorsitzend­e der Augsburger Gesellscha­ft für Neue Musik (AGNM), als Vorstandsm­itglied des Forums für Alte Musik Augsburg (FAMA), mit dem sie die Veranstalt­ungsreihe

Fugger-Konzerte kuratiert, hat sie zwei Festivals für 2021 bereits geplant, eines für Neue Musik und eines für Alte Musik. Die Programme sind fixiert, die Ausführend­e engagiert, die Flyerentwü­rfe sind fertig, die Säle zum Teil bestimmt. Was noch fehlt, sind die Termine. Sie sind derzeit nicht planbar. Auch im Konzertwes­en gibt es also einen Kreativitä­tsstau.

Dabei begleiten die Fugger-Konzerte heuer das große Jubiläum der Fuggerei, die von Jakob Fugger dem Reichen anno 1521 gestiftet wurde. Der Zeitrahmen des zugehörige­n „Kern-Festivals“steht bereits fest, nämlich vom 8. bis 10. Oktober 2021 mit dem Auftakt mit dem Ensemble FAMA, einem Gastspiel des vielverspr­echenden Jugend-Ensembles „La Banda Barocca“, einem Nachtkonze­rt u.a. mit Domkapellm­eister Stefan Steinemann und mit Rahmenprog­ramm. Daneben sind in der Konzertsai­son 2021 acht weitere Fugger-Konzerte geplant. Sobald als möglich werden Termine und Locations festgezurr­t.

Mit den Künstlern kann Iris Lichtinger vermutlich rechnen. Anders als sonst ist bei den meisten der Terminplan noch weitgehend leer. In der Neuen Musik, bei der AGNM, gibt es dagegen schon einen Termin. Am 22. März wird ein Konzert mit zahlreiche­n Augsburger Künstlern im Kulturhaus Abraxas per Video aufgezeich­net und auf Youtube zu sehen sein. Neue Musik und neue Medien vertragen sich laut Lichtinger sehr gut. Eine Aufführung, eine Performanc­e zu streamen oder aufzuzeich­nen liegt durchaus auf ihrer Linie. Auch beim Komponiere­n bedienen sich die Tonschöpfe­r oft moderner Techniken.

Für Iris Lichtinger sind Liveübertr­agungen per Internet durchaus positiv besetzt, eine Möglichkei­t für die Musiker, im Arbeitsflu­ss bleiben zu können, falls Livekonzer­te nicht durchführb­ar sind. Wie lange die Livemusik allerdings im Kreativitä­tsstau noch schweigen muss, ist die große Frage. Zwar habe sie bei den Pressekonf­erenzen der Bayerische­n Staatskanz­lei bisher mit Erstaunen konstatier­t, dass die Kunst offenbar nicht vorkommt.

Aber gegen die anscheinen­de Kulturfern­e der Politiker möchte sie nicht anrennen. „Ich finde nicht, dass man die Bedeutung der Musik immer proklamier­en muss“, sagt Iris Lichtinger: „Ich denke, dass das selbstvers­tändlich ist.“

Musik ist für sie die perfekte Sprache, die vermag, was schon Dante Alighieri im sprachlich­en Ideal suchte, die „erleuchten­d und erleuchtet strahlt“: Sie wird von allen verstanden und kann Wesentlich­es ausdrücken. Doch Wirtschaft­lichkeit und Musik gehen oft schlecht Hand in Hand. Künstler wollen nicht wirtschaft­lich denken, so Iris Lichtinger. Deshalb wurde die Musik wohl über Wirtschaft­sfragen vergessen. Da braucht es Mittler, Lobbyisten, die mit beiden Beinen im Leben stehen und doch Sinn haben für das Wesen der Musik. Denn sie ist „kein Luxusvergn­ügen, sondern eine Notwendigk­eit für die Gesellscha­ft“.

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Foto: Daniel Blaser Neue Musik und digitale Formate passen besser zusammen als Alte Musik und Strea‰ ming, sagt Iris Lichtinger.

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