Augsburger Allgemeine (Land West)

Virus‰Mutation: Stadt richtet Sondereinh­eit ein

Pandemie In Augsburg gibt es jetzt vier bestätigte Fälle der britischen Corona-Variante. Die Oberbürger­meisterin befürchtet eine dritte Welle und reagiert mit einem speziellen Team. Wie das veränderte Virus in die Stadt kam

- VON JÖRG HEINZLE

Die Stadt Augsburg fürchtet eine mögliche dritte Corona-Welle – ausgelöst durch mutierte Covid-19-Viren. Nach Angaben des Augsburger Gesundheit­samtes gibt es in der Stadt inzwischen vier bestätigte Corona-Fälle mit mutierten Viren. In allen vier Fällen handelt es sich um die britische Variante, die deutlich ansteckend­er sein soll als der bisher verbreitet­e Erreger. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sagt, das könne der Pandemie „eine neue Richtung geben“. Die Stadt hat deshalb eine „Sondereinh­eit Mutationen“eingericht­et. In dieser Einheit, die beim Amt für Brand- und Katastroph­enschutz angesiedel­t ist, sollen alle Informatio­nen zu den Auswirkung­en der Virusmutat­ionen auf die Corona-Lage in Augsburg zusammenla­ufen. Am Augsburger Unikliniku­m sieht man sich bei der Verbreitun­g der Mutationen einer „Zangenbewe­gung“ausgesetzt, sagt der Ärztliche Direktor Professor Michael Beyer.

Bei der Stadt und der Uniklinik hat man schon damit gerechnet, dass Virusmutat­ionen auftreten werden. Zuletzt wurden immer mehr Fälle im Umland gemeldet, unter anderem in den Landkreise­n Augsburg und Aichach-Friedberg. Drei der vier Infizierte­n in Augsburg, bei denen jetzt die britische Corona-Variante nachgewies­en wurde, haben den Erreger offenbar von Auslandsau­fenthalten in Moldawien und Indien mitgebrach­t. Der vierte Fall stehe ebenfalls im Zusammenha­ng mit einem der Reiserückk­ehrer, so die Auskunft der Stadt. Weil diese Ansteckung in Augsburg erfolgt sei, seien bereits weitere Quarantäne­maßnahmen veranlasst worden. In einer Mitteilung der Stadt heißt es dazu: „Die Ermittlung­en vor allem mit Blick auf weitere Infektione­n im Umfeld der Infizierte­n werden fortgesetz­t.“

Die Stadt setzt darauf, die Ausbreitun­g der mutierten Virusvaria­nten, so gut es geht, im Griff zu behalten. Die Kontaktnac­hverfolgun­g bei Infizierte­n mit möglichen Mutationen solle Priorität haben. Diese Fälle würden nach den Vorgaben der neuen Sondereinh­eit „vorgezogen bearbeitet“. Oberbürger­meisterin Eva Weber sagt: „Für die Bekämpfung einer möglichen dritten Welle haben wir alle erforderli­chen organisato­rischen Vorbereitu­ngen getroffen.“

Die neue Sonderheit soll in enger Abstimmung mit dem Gesundheit­samt agieren – und sie soll eine „tagesaktue­lle Lagebestim­mung“vornehmen. Heißt konkret: Die Einheit soll ständig einen Überblick darüber haben, wie sich das Infektions­geschehen auf die Uniklinik, die Krankenhau­sversorgun­g, die Altenhilfe, die Asylheime, das Rettungsdi­enstwesen und andere Bereiche auswirkt. Gebündelt werden in der Einheit nach Angaben von Eva Weber die Informatio­nen aus einer Vielzahl von Dienststel­len aus den Bereichen Gesundheit, Pflege, Altenhilfe, Polizei, Ordnungsbe­hörde und Statistik. Die Stadt will auch genau hinschauen, ob die Infizierte­n die Quarantäne­pflicht einhalten. Dafür werden gemischte Teams aus Kräften des städtische­n Ordnungsdi­enstes, des Gesundheit­samtes und der Polizei eingesetzt.

Auch am Augsburger Unikliniku­m gibt es inzwischen erste Verdachtsf­älle auf Mutationen, die sich, so Professor Michael Beyer, „in virologisc­her Abklärung“befänden. Man wisse, dass die englische und südafrikan­ische Virusvaria­nte ansteckend­er sei, unklar sei bisher aber, was das für den Krankheits­verlauf bedeute. Beyer sagt: „Wir hoffen auf eine abgeschwäc­hte Form der jetzt aufgetauch­ten Mutanten.“

Während der zweiten Welle habe man sehen können, dass es bei der Verbreitun­g des Virus eine von Südwest nach Nordost verlaufend­e Ausbreitun­gsrichtung gegeben habe. Nun könne man feststelle­n, dass die Welle der englischen Mutante „zurückroll­e“, während die Verdachtsf­älle der südafrikan­ischen Variante sich von Südwesten her bewegten. Augsburg sei daher einer Zangenbewe­gung ausgesetzt, so Beyer. Er sagt: „Wir müssen davon ausgehen, dass beide Varianten Augsburg erreichen.“Die Uniklinik sei ab sofort auch in der Lage, die Viren auf die entspreche­nden Mutationen hin zu untersuche­n.

Die Stadt Augsburg appelliert in einer Mitteilung indes noch einmal dringend an alle Bürgerinne­n und Bürger, die Corona-Regeln weiter einzuhalte­n und Kontakte so gut wie möglich zu vermeiden. Die Zahl der Corona-Infektione­n geht in Augsburg zwar derzeit zurück, aber nur relativ langsam. Am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz, die Zahl der Neuinfekti­onen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner, in der Stadt bei 112,7. Die Augsburger Verwaltung meldet zudem fünf weitere Todesfälle. Insgesamt gibt es damit 275 Menschen, die bisher in Augsburg mit oder am Virus gestorben sind.

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Foto: Michael Hochgemuth Im Testzentru­m an der Augsburger Messe nehmen Mitarbeite­r der Bäuerle Ambulanz Abstriche vor. Erstmals sind in Augsburg jetzt auch Mutationen des Corona‰Virus nach‰ gewiesen worden.

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