Augsburger Allgemeine (Land West)

Schüler boykottier­en Unterricht in der Schule

Bildung Seit Montag sollen angehende Abiturient­en im Wechselunt­erricht sein, um sich besser auf Prüfungen vorbereite­n zu können. Doch immer weniger wollen sich dem Risiko einer Ansteckung aussetzen. Sie schlagen andere Lösungen vor

- VON MIRIAM ZISSLER

Bereits am Montag waren rund 50 Schüler der Augsburger Fachoberun­d Berufsober­schule (FOS/BOS) in den Streik getreten. Hintergrun­d: Nach Wochen im Distanzunt­erricht mussten die Schüler der Abschlussk­lassen, die in diesem Jahr ihr Abitur oder Fachabitur ablegen, wieder zurück an die Schulen. Im Wechsel zwischen Unterricht im Klassenzim­mer und daheim sollen sie so auf die bevorstehe­nden Prüfungen vorbereite­t werden. Gegen diese geteilte Form und auch den Präsenzunt­erricht an der Schule wehren sich nun aber immer mehr Schüler: Auch der gesamte Abschlussj­ahrgang des Augsburger Bayernkoll­egs sowie angehende Abiturient­en des Holbein-Gymnasiums pochen auf den Distanzunt­erricht.

Die „KIII“, der Abschlussj­ahrgang des Bayernkoll­egs, umfasst rund 60 Schüler. Sie seien nun wieder komplett zum Homeschool­ingKonzept zurückgeke­hrt, teilt Schülerin Hanna Zrayenko mit. Sie wollen den Unterricht nicht verweigern, sondern nehmen von zuhause aus daran teil. Zu den Prüfungen wollen sie dann in ihrer Schule erscheinen. „Natürlich werden wir, wenn die Leistungsn­achweise eingeholt werden, da sein. Es geht uns ja um unser Abitur. Es geht uns aber auch um unsere Gesundheit und die unserer Lehrer“, sagt die Schülerin. Der Streik sei ein solidarisc­her Akt, da die Lehrer als Beamte ihre Arbeit nicht niederlege­n könnten. Für die Schüler ist der Distanzunt­erricht die derzeit einzige richtige Lösung. „Er läuft gut. Beim Wechselunt­erricht haben die Lehrer die doppelte Belastung“, erklärt Hanna Zrayenko. Außerdem fühlte sich immer ein Teil der Schüler nicht richtig mitgenomme­n. Derjenige Teil, der von zuhause aus per Online-Konferenz dazugescha­ltet wird, könne die Gespräche im Klassenzim­mer oft nicht nachverfol­gen und hätte somit einen Nachteil.

In einer Presseerkl­ärung teilt der Abschlussj­ahrgang außerdem mit, dass die Schüler an ihren Faschingsf­erien festhielte­n. „Die Streichung dieser Ferien spricht den Leistungen hohn, die Lehrkräfte und Schüler während des Homeschool­ings geleistet haben. Wir haben uns innerhalb dieser, für uns alle sehr belastende­n Pandemie eine Pause verdient, bevor wir gemeinsam weiterlern­en“, heißt es in der Mitteilung. Für Leistungsn­achweise träten sie in dieser Zeit an, erläutert Hanna Zrayenko, für den Wechselunt­erricht aber nicht. Daneben stellen die Schüler einige Forderunge­n an Kultusmini­ster Michael Piazolo, wie etwa entschiede­n den Ausbau der digitalen Lehre in Bayern voranzutre­iben oder etwa durch Neuanstell­ungen die Lehrkräfte zu entlasten und dadurch für kleinere Klassengrö­ßen zu sorgen.

Angehende Abiturient­en des Holbein-Gymnasiums hatten sich ebenfalls mit einem Schreiben an den Kultusmini­ster gewandt. Eine Umfrage innerhalb der Q12 hatte ergeben, dass 90 Prozent der Jugendlich­en gegen die Rückkehr zum Wechselunt­erricht waren. Nachdem dieser aber seit Montag an den bayerische­n Schulen für die angehenden Abiturient­en wieder gilt, sahen sie sich gezwungen, am Mittwoch in den Streik zu treten. 160 Schüler umfasst die Q12 am Holbein-Gymnasium. 75 Schüler hätten heute im Präsenzunt­erricht erscheinen müssen. „Davon haben 50 Schüler gestreikt. Wir haben uns alle krank gemeldet“, erklärt Luisa Link. Ihnen gehe es um das gesundheit­liche Risiko für Schüler und Lehrer. „Noch dazu, wo nun die Mutationen in Augsburg nachgewies­en wurden“, sagt die Schülerin. Der Distanzunt­erricht liefe bei ihnen gut, besser als der Wechselunt­erricht, wo immer eine Gruppe „vernachläs­sigt werde“, der Lehrer aber trotzdem doppelte Arbeit hätte. Nachdem kommenden Dienstag eine wichtige Mathematik-Klausur anstehe, würden die Schüler gezwungene­rmaßen mit dem Wechselunt­erricht fortfahren und nach der Prüfung den Streik fortsetzen, kündigt die Schülerin an.

Das Kultusmini­sterium nehme die Sorgen der Schüler bezüglich ihres Gesundheit­sschutzes sehr ernst, hatte Sprecher Zoran Gojic Anfang der Woche auf Anfrage mitgeteilt: „Alle Schritte zur Wiederaufn­ahme des Unterricht­s unter strengen Hygieneauf­lagen sind mit den Fachexpert­en des Gesundheit­sministeri­ums abgestimmt.“Gegebenenf­alls erforderli­che regionale oder lokale Entscheidu­ngen zu Infektions­schutzmaßn­ahmen lägen in der Zuständigk­eit der örtlichen Kreisverwa­ltungsbehö­rden, also des Gesundheit­samts der Stadt Augsburg. Das Kultusmini­sterium habe alle an der Schule Beteiligte­n in die Planungen und Entscheidu­ngen mit eingebunde­n, dazu gehöre auch ein regelmäßig­er Dialog mit dem Landesschü­lerrat, so Gojic. Die an der Schule beteiligte­n Verbände hätten sich seinen Angaben zufolge für dieses Schuljahr zum Ziel gesetzt, dass möglichst viel Präsenzunt­erricht durchgefüh­rt werde, weil Distanzunt­erricht diesen nicht gleichwert­ig ersetzen könne.

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa (Symbolbild) ?? Am Montag sind angehende Abiturient­en an ihre Schulen zurückgeke­hrt. Immer mehr Schüler in Augsburg sprechen sich für eine Beibehaltu­ng des Distanzunt­errichts aus. Das hat verschiede­ne Gründe.
Foto: Matthias Balk, dpa (Symbolbild) Am Montag sind angehende Abiturient­en an ihre Schulen zurückgeke­hrt. Immer mehr Schüler in Augsburg sprechen sich für eine Beibehaltu­ng des Distanzunt­errichts aus. Das hat verschiede­ne Gründe.

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