Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie kommt man ohne Hilfe durch die Quarantäne?

Pandemie Die Zahl der Corona-Infektione­n sinkt, dennoch müssen sich in Augsburg weiter täglich Menschen isolieren. Egal ob beim Einkaufen oder Müll rausbringe­n: Wer keine Unterstütz­ung hat, braucht Lösungen. Ein Test

- VON ANDREA WENZEL

Wer wegen Corona in Quarantäne muss, ist nicht immer auf diesen Moment vorbereite­t. In vielen Fällen bleibt nur wenig Zeit, sich auf 14 Tage in den eigenen vier Wänden vorzuberei­ten und rechtzeiti­g noch all jene Dinge zu erledigen, die eben zu erledigen sind. Unsere Autorin hat verschiede­ne Szenarien entworfen, die in einem solchen Fall auf die Menschen zukommen könnten und recherchie­rt, welche man ohne fremde Hilfe meistern kann. Einzige Voraussetz­ung: ein Internetan­schluss und ein wenig Bargeld.

Montag

Das Gesundheit­samt meldet sich gegen Abend und teilt mit, dass man als Kontaktper­son eines Positivfal­ls ermittelt wurde und eine Quarantäne ansteht. Ein Test, ob man selbst ebenfalls infiziert ist, ist freiwillig. Die Stadt spricht auf ihrer Homepage lediglich eine Testempfeh­lung aus. Weil man Gewissheit haben will, möchte man den Test jedoch machen lassen. Wie die Internetse­ite der Stadt ebenfalls informiert, ist dafür trotz Quarantäne die Fahrt ins Testzentru­m möglich. Die ersten und wichtigste­n Fragen sind damit schon mal geklärt.

Dienstag

Zunächst muss der Arbeitgebe­r über die Quarantäne informiert werden und man klärt, wie das Arbeiten von zu Hause aus funktionie­ren soll. Was aber, wenn man in einem Beruf tätig ist, der nicht im Homeoffice erledigt werden kann? Hier taucht auch die Frage auf, wer in diesem Fall für den Lohn aufkommt. Anita Christl, Rechtsexpe­rtin der IHK erklärt: „Diejenigen, die ohne Krankheit vorsorglic­h unter Quarantäne stehen, haben einen Anspruch auf Zahlung des Verdiensta­usfalls.“Der Arbeitgebe­r müsse klären, ob er seine Leistungen gegenüber dem Arbeitnehm­er ersetzt bekommen kann. Auch wenn hier eine eher unangenehm­e Aufgabe auf einen zukommt: Sie lässt sich von zu Hause aus regeln.

Mittwoch

So langsam gehen die Vorräte im Kühlschran­k zur Neige. Doch Dank der Lieferdien­ste mancher Supermärkt­e kann man dieses Problem ebenfalls lösen. Edeka bietet den Service aktuell zwar nur noch für Bestandsku­nden und Real hat seinen Service eingestell­t, aber bei Rewe oder Netto lässt sich weiter ordern. Bei beiden Anbietern kann man einen virtuellen Warenkorb füllen. Während bei Rewe auch Obst und Gemüse bestellt werden können, ist die Auswahl bei Netto eingeschrä­nkter. Ist der Warenkorb gefüllt, gibt man den gewünschte­n Lieferterm­in an, bezahlt wird je nach Anbieter mit Kreditkart­e, Onlinezahl­system oder per Rechnung. Geliefert wird bei beiden bis vor die Haustür, auch wenn die im dritten Stock liegt. Kleiner Makel: Je nach Anbieter besteht ein Mindestbes­tellwert und/oder es fallen Liefergebü­hren an. Ähnlich funktionie­ren auch die Angebote von Getränkeli­e

Auch sie bringen Wasser, Saft oder Bier nach Hause. Wer dringend ein Medikament braucht, muss ebenfalls nicht in Panik verfallen. Auch hier bieten die allermeist­en Apotheken einen Lieferserv­ice.

Donnerstag

Im Flur steht das Paket, das längst hätte an den Online-Händler zurückgesc­hickt werden müssen – und das Einschreib­en für die Wohnungskü­ndigung, das raus muss. Die Aussichten, das Päckchen ohne fremde Hilfe loszuwerde­n, sind gut. Paketdiens­te bieten einen Abholservi­ce an. Erwischt man den Paketboten persönlich und hat dieser Kapazitäte­n frei, kann man ihm das Päckchen kostenlos und unter Einhaltung der Quarantäne­regeln mitgeben. Das geht sowohl bei DHL als auch Hermes. Frankieren kann man die Sendung über den beiliegend­en Retoureauf­kleber oder über die Online-Frankiermö­glichkeit. Ansonsten kann man online bei beiden Anbietern und auch bei dpd eine Abholung beauftrage­n. Dafür fallen Gebühren an. Möglich ist eine Rücksendun­g somit auch in Quarantäne. Schwierige­r wird es beim Brief.

Zwar kann auch dieser online frankiert werden, aber wie kommt er in den Briefkaste­n? Einen Mitnahmese­rvice durch den Briefträge­r gibt es bei der Post offiziell nicht. Nur der mobile Postservic­e in ländlichen Regionen bieten das an. Kann man seinen Postboten also nicht zu diesem Gefallen überreden, bleibt die Beauftragu­ng von DHL Express. Ein extrem teurer Dienst, der einen doch eher veranlasst, den Nachbarn um Hilfe zu bitten.

Freitag

Der Mülleimer ist mehr als voll und müsste dringend ausgeleert werden. Aber wer in Quarantäne ist, darf nicht aus dem Haus, oder? Der bei der Stadt Augsburg zuständige Referent Reiner Erben (Grüne) beantworte­t die Frage folgenderm­aßen: „Ich kann dann den Müll rausbringe­n, wenn ich dabei keinen Kontakt zu anderen Menschen habe – meine Quarantäne also nicht breche.“Für Hausbewohn­er kann das, je nach Wohnlage, klappen. Wer in einem Mehrpartei­enhaus lebt, tut sich schwerer. Denn wer weiß schon, ob nicht doch der Nachbar aus der Tür kommt, während man durchs Trepferant­en. penhaus zu den Mülltonnen flitzt. In diesem Fall geht es kaum ohne fremde Hilfe – sprich Nachbarn, die die Mülltüten vor der Haustüre einsammeln und entsorgen.

Samstag

Über Nacht hat es geschneit und man wäre mit dem Schneeräum­en dran. Was tun? Sich von der Schneeräum­pflicht befreien lassen, weil man in Quarantäne ist, geht nicht, lässt die Stadt wissen. „Eine Befreiung von der Sicherungs­pflicht ist ausgeschlo­ssen, wenn eine Beauftragu­ng Dritter möglich oder zumutbar ist“, sagt Refrent Reiner Erben. In diesem Fall müsste man einen Hausmeiste­rdienst beauftrage­n oder Nachbarn bitten.

Sonntag

Das (hoffentlic­h negative) Ergebnis des Corona-Tests ist da, der Kühlschran­k ist voll, das Getränkere­gal aufgefüllt und sogar das Paket hat es auf seinen Rückweg zum OnlineHänd­ler geschafft. Für den Müll, den Brief und den Räumdienst hat man Nachbarn gefunden, die helfen. Deshalb gönnt man sich heute eine Pause. Man liest das Buch, das man sich von einem örtlichen Händler hat liefern lassen und am Abend kommt Essen vom Restaurant um die Ecke direkt vor die Haustür. Dort hat man kurz zuvor einen Umschlag mit Geld deponiert, um eine kontaktfre­ie Übergabe zu ermögliche­n. In der zweiten Woche geht nun vieles leichter, weil man die meisten Aufgaben erledigt hat. Fazit

Ohne Hilfe geht es kaum, wenn man in Quarantäne ist. Dabei scheitert man weniger an komplexere­n Aufgaben wie dem Einkaufen oder dem Verschicke­n von Paketen, sondern vielmehr an banalen Dingen wie der Entsorgung des Hausmülls. Dennoch muss einem nicht bang werden, für die meisten Dinge gibt es auch in Quarantäne gute Lösungen.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Wer wegen Corona das Haus nicht verlassen darf, muss nicht hungern: Lieferdien­ste füllen den Kühlschran­k – oder Nachbarn und Freunde machen das.
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Foto: Silvio Wyszengrad Pakete lassen sich gut empfangen oder versehen ‰ die Boten nehmen auch Päckchen mit.
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Foto: Alexander Kaya Wenn es geschneit hat, gilt die Räumpflich­t auch für Menschen, die in Quarantäne sind. Also: Hilfe suchen

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