Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg hat zu wenig Platz für neue Bäume

Natur Vor zweieinhal­b Jahren fällte die Stadt 47 Bäume am Herrenbach. Der Protest war groß. Mit den versproche­nen Ersatzpfla­nzungen geht es voran, die Standortsu­che ist aber mühsam

- VON STEFAN KROG

Zweieinhal­b Jahre nach den Baumfällun­gen am Herrenbach, die für massive Proteste von Baumschütz­ern und einem Teil der Anwohner sorgten, kommt die Stadt mit den Ersatzpfla­nzungen weiter, hat aber nach wie vor nur gut die Hälfte der 132 Ersatzbäum­e gesetzt. Demnächst, so Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne), sollen 20 Bäume entlang des Geh- und Radwegs am Herrenbach gepflanzt werden. Dann werden insgesamt 71 der zugesagten Ersatzpfla­nzungen stehen, 42 weitere Standorte seien in der näheren Abstimmung. Etwa 20 Bäume sollen im Zuge der Stadtteilg­estaltung im Bereich Textilvier­tel/Herrenbach gepflanzt werden, wobei dies noch etwas dauern kann.

Bei der Baumallian­z sorgt die Zwischenbi­lanz für Stirnrunze­ln. Die Initiative gründete sich nach den Herrenbach­fällungen, die von der Stadt aus Gründen des Hochwasser­schutzes durchgefüh­rt wurden. „Wir sind mit dem Zeitplan nicht zufrieden“, sagt Sprecherin und Herrenbach-Anwohnerin Susanne Altmann. Vor allem fürchte man, dass im Stadtteil Herrenbach in der Nähe der gefällten Bäume zu wenig gepflanzt werde.

In der Tat scheint die Standortsu­che schwierig zu sein, vor allem weil viele mögliche Plätze im Herrenbach wegen darunterli­egender Leitungen nicht infrage kommen. Das unterirdis­che Platzprobl­em besteht im ganzen Stadtgebie­t. Für die Innenstadt, wo Bäume gerade im Sommer als Schattensp­ender besonders nötig wären, gab die Stadt zuletzt ein eigenes Gutachten in Auftrag, um mögliche Standorte zu identifizi­eren. Insgesamt nahm die Stadt rund um den Herrenbach mehr als 250 Standorte unter die Lupe, doch nur in einigen Fällen, etwa an der Heinestraß­e, gab es grünes Licht. Mitunter wurde mit Baumpflanz­ungen in den benachbart­en Spickel ausgewiche­n.

Direkt am Herrenbach, wo die 47 gefällten Bäume standen, geht die Stadt mit Neupflanzu­ngen sehr zurückhalt­end um. Die ausgewachs­enen Bäume wurden dort gefällt, weil ihre Wurzeln zu nah an die Betoneinfa­ssung des wasserreic­hsten Augsburger Kanals wuchsen. Im Falle eines Unwetters befürchtet­e das Wasserwirt­schaftsamt Schäden an den Betonwände­n und Überflutun­gsgefahr, sollte ein Baum vom umgeworfen werden. Die Stadt sah sich daraufhin zum Handeln gezwungen. Zunächst sollten 96 Bäume gefällt werden. Nach Bürgerprot­esten und einem von Erben eilig in Auftrag gegebenen Zusatzguta­chten konnte dann etwa die Hälfte doch stehen bleiben, muss aber regelmäßig begutachte­t werden. Die Baumallian­z regt an, zu prüfen, ob das momentan komplett kahle Ostufer nicht mit kleinwüchs­igen Bäumen und geringer Wurzelausd­ehnung bepflanzt werden könnte. Das Gutachten hält dort eine Bepflanzun­g aber für problemati­sch.

Im Februar sollen die 20 Bäume – Kiefern, Ahorne und Amberbäume – am Westufer gepflanzt werden. Es seien für diesen Standort dauerhaft geeignete und klimarobus­te Bäume, so Erben. Aufgrund der Pandemie habe man Interessen­gruppen und Anwohner einzeln beteiligt. Parallel zu den Pflanzunge­n will die Stadt knie- bis mannshohe Jungbäume, die sich dort selbst angesät haben, in Augenschei­n nehmen. Junge Eschen, die wegen des seit einigen Jahren grassieren­den Triebsterb­ens öfter aus Sicherheit­sgründen gefällt werden müssen, sollen gleich entfernt werden, um spätere Fällungen zu vermeiden. Schon vorhandene junge Hainbuchen, Linden und Ahorne sollen davon profitiere­n, weil sie dann künftig mehr Platz für Wurzeln und Kronen haben.

Nach dem Herrenbach nahm das Tiefbauamt, wie berichtet, eine Reihe weiterer Kanäle in Augenschei­n, wobei der Herrenbach als besonders problemati­sch gilt. Wegen des Aufstaus durch ein Kraftwerk liegt der Bach höher als seine Umgebung und wird mit einem Damm gesichert, was das Überflutun­gsrisiko erhöht.

Auch am Kaufbach war im Sommer die Fällung einiger Bäume entlang der Betoneinfa­ssung am Caritasweg im Gespräch, nach einem Veto der Naturschut­zbehörde und dem Protest von Anwohnern stellte die Stadt das Thema erst einmal zurück. Bis zum Frühjahr sollen Ergebnisse eines vom Liegenscha­ftsamt beauftragt­en Gutachtens vorliegen. Dann sehe man weiter, so die Stadt. Vor Oktober 2021 wird in jedem Fall nichts passieren. Die Baumallian­z regte zuletzt an, gegebeWind nenfalls den Bau einer neuen Betonwand zu prüfen, um die Bäume zu erhalten.

In den kommenden Wochen dürften in Augsburg wieder mehrere Baumfällun­gen anstehen, weil sich diese im Frühjahr kurz vor dem Beginn der Vogelbrutz­eit in der Regel häufen. Unter anderem beabsichti­gt die Stadt die Fällung von 22 Eschen neben der Haag-Villa in der Johannes-Haag-Straße. Die Bäume seien wegen des Eschentrie­bsterbens eine Gefahr für die Villa und eine benachbart­e Wohnanlage. Fünf Bäume sollen aber noch näher unimmer tersucht werden. Geplant sind Ersatzpfla­nzungen und eine gezielte Baumverjün­gung vor Ort.

Auch am Holzbach (Holzbachst­raße) sind entlang der Kleingarte­nanlage Lotzbeckwi­ese (gegenüber RAN-Tankstelle) vier Fällungen geplant. Hier ist die hölzerne Uferwand marode. Zudem will die Stadt dort einen Radweg anlegen, der unter der Bahnbrücke aus Platzgründ­en über dem Bachlauf aufgehängt werden soll. Wann es so weit ist, ist noch unklar. Die Fällungen sind für Mai während des Bachablass­es geplant.

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Foto: Silvio Wyszengrad Am Herrenbach (hier zwischen Heine‰ und Reichenber­ger Straße) wurden vor zwei Jahren 47 Bäume gefällt. Nun soll ein Teil nachgepfla­nzt werden.
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Archivfoto: Michael Hochgemuth Ein Bild vom Mai 2018: Damals wurde am Herrenbach gerodet – gegen den Protest der Bürger.

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