Augsburger Allgemeine (Land West)
Musikschüler treten online auf
Aufführung In Zeiten der Pandemie werden die jungen Musiker kreativ. Größte Herausforderung war die Stabilität der Internetverbindung
Horgau Die Schülerinnen und Schüler mit ihrer gesamten Lehrerschaft der Sing- und Musikschule Zusmarshausen-Horgau sind erheblich von der Corona-Krise betroffen. Schon im Dezember musste das geplante Weihnachtskonzert im Kulturstadl Wörleschwang abgesagt werden. Um die veranstaltungslose Zeit zu überbrücken, hat Johanna Groß gemeinsam mit zehn Schülerinnen ein Online-Konzert ins Leben gerufen, das live stattfand.
Am Montagabend war es dann so weit: Um 18 Uhr schalteten sich Johanna Groß (Lehrkraft an der Singund Musikschule ZusmarshausenHorgau) und Carina Frey (Musikschulleiterin) in die Wohnzimmer ihrer Schüler und eröffneten die digitale Konzertpremiere. In einem halbstündigen Programm traten sie nacheinander in ihren Wohnzimmern vor ihren Familien auf. Ein bisschen Skepsis sei anfangs dabei gewesen, ob es auch technisch funktionieren werde, erzählt Johanna Groß. „Aber es hat recht gut geklappt. Die Schülerinnen haben zu den Musikstücken viel recherchiert und mit Begeisterung geübt.“Selbst zu Hause hatten sie eine geeignete Bühne eingerichtet und ihre Videos zur Korrektur oder Verbesserung an ihre Lehrerin geschickt.
Bereits nach den Weihnachtsferien begann Groß mit den Planungen für das Online-Konzert. „Für mich selbst war ein großes Maß an Selbstüberwindung nötig“, sagt sie. Hat doch das Musizieren alleine im kleinen Kämmerchen zu Hause wenig mit der Musikschul-Arbeit zu tun: fächerübergreifendes Musizieren mit Liebe zum Detail, ein tolles Bühnen-Ambiente zu schaffen und den Schülern neue Auftrittsplattformen
zu ermöglichen. Auch die Qualität leide unter dem Distanz-Unterricht. „Die ist beim Musizieren nur durch Nähe und unmittelbares Interagieren möglich“, sagt Groß. Sie ist alles andere als glücklich über die Situation. „Selbst der Einzelunterricht, wo genügend Abstand eingehalten werden kann, wurde untersagt.“
Die größte Herausforderung dieses Online-Konzerts war die Stabilität der Internetverbindung. Die zweite Herausforderung war, dass die Schüler alles in absoluter Eigenverantwortung vorbereiten mussten: das Einstimmen und Einspielen des Instruments, das Einstellen des Mikrofons und der Kamera, der Soundcheck, damit die Begleitung aus der Bluetooth-Box nicht zu laut erklingt. Moderieren, fehlerfrei spielen und am Ende lächelnd in die Kamera schauen – die Schülerinnen meisterten dies alles mit Bravour, lobt die Lehrkraft. Über 50 Prozent der Schülerinnen in Zusmarshausen-Horgau von Johanna Groß haben begeistert mitgemacht. Einige seien jedoch durch Homeschooling so ausgelastet, dass leider nicht mehr viel Platz für das kreative Arbeiten am Instrument bleibe, so die Lehrerin. „Doch gerade jetzt wäre das so wichtig.“Auf Klarinetten und Altblockflöten, zum Teil am Klavier oder am Akkordeon begleitet, wurden recht anspruchsvolle Musikstücke von Klassik bis Modern im Online-Unterricht einstudiert. Zwei Schülerinnen haben sogar die eigene Begleitung eingespielt. Mit spanischen, mexikanischen und österreichischen Klängen, Stücken von Beethoven und Bizet, um nur einige zu nennen, machten sie ihrem Publikum große Freude. Und der virtuelle Beifall am Bildschirm war den jungen Künstlern sicher.
Auch wenn das digitale Konzert gut gelungen war, so könne es das ganze Flair eines Livekonzerts nicht ersetzen, sagt Johanna Groß. „Mir fehlt vor allem das gemeinsame ,Ausklingenlassen‘ nach einem Konzert: Gefühle, die durch die Musik ausgelöst wurden, die nachklingen und innerlich bewegen. Und diese auch ,ohne Abstand‘ mit anderen Menschen zu teilen. Das ist doch das wahre Glück.“