Augsburger Allgemeine (Land West)
Sexuelle Nötigung: Schmerzensgeld für Polizisten
Justiz Einer Polizistin griff er an den Unterleib, einen Polizisten verletzte er: Nach einer Rangelei am Gleis 1 am Augsburger Hauptbahnhof wurde ein 45-jähriger Bauarbeiter nun vor dem Amtsgericht verurteilt
Teuer zu stehen kommt einen 45-jährigen Bauarbeiter eine Rangelei, die er sich mit einer Polizistin und einem Polizisten am Gleis 1 des Augsburger Hauptbahnhofs geliefert hat. Insgesamt muss der Mann 5200 Euro Schmerzensgeld zahlen. Zumindest kommt er aber nach vier Monaten in Untersuchungshaft sofort aus dem Gefängnis frei, da seine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten vom Augsburger Amtsgericht am zweiten Verhandlungstag zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Gericht wertete sein Verhalten unter anderem als sexuelle Nötigung der Beamtin.
Nein, er wolle sich nicht schleunigst in seine rumänische Heimat verziehen, sondern er wolle nach seiner Freilassung baldmöglichst wieder in Deutschland zur Arbeit gehen, bekräftigte der 45-jährige Bauarbeiter nun vor Gericht. Die Frage stellte sich, denn der Mann stimmte Schmerzensgeldzahlungen zu, die voraussetzen, dass er wieder Geld verdienen kann. Entsprechende Forderungen hatten die 20-jährige Bundespolizistin und deren verletzter 51-jähriger Kollege gestellt. Damit konnte Richterin Kerstin Meurer im Strafverfahren einen Zivilprozess um das Schmerzensgeld mit erledigen.
Der 51-jährige Polizeibeamte wurde bei der Rangelei, die sich im Oktober 2020 im Zuge einer Personenkontrolle entwickelt hatte, erheblich am Knie verletzt. Noch immer ist der Beamte nicht dienstfähig. In seinem Fall einigten sich die Beteiligten auf ein Schmerzensgeld von 4500 Euro, das der Angeklagte in monatlichen Raten zu 200 Euro zahlen will, sobald er wieder zu Geld kommt.
Die 20-jährige Polizistin, die ins Gesicht geschlagen worden war und der der Angeklagte in den Unterleib gekniffen hatte, bekommt 700 Euro Schmerzensgeld, so die Vereinbarung. Nur im Fall der Frau erkannte Richterin Meurer eine sexuelle Nötigung. Ein ähnlichen Griff, den der Angeklagte zuvor beim Kollegen der Beamtin ausgeführt hatte, könne man so genau nicht belegen. Damit war es aber nicht getan. Immerhin, so Staatsanwalt Daniel Kulawig, habe sich der Angeklagte mehrere schwerwiegende Delikte zuschulden kommen lassen, die er zum Teil bereits am ersten Verhandlungstag gestanden hatte. Kulawig sprach sich für eine Haftstrafe von 18 Monaten sowie eine Zahlung von weiteren 1000 Euro Geldbuße aus. Rechtsanwältin Petra Dittmer plädierte hingegen für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Richterin Meurer folgte dem vom Staatsanwalt geforderten Strafmaß von 18 Monaten Freiheitsstrafe wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, wegen Körperverletzung, wegen sexueller Nötigung und wegen Hausfriedensbruchs.
Sie folgte der Bitte um Bewährung zum einen, weil der Angeklagte bereits vier Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte, zum anderen wegen seines Geständnisses und der Bereitschaft zur Schmerzensgeldzahlung. Angeklagter und Staatsanwaltschaft nahmen das Urteil noch im Gerichtssaal an, es wird damit rechtskräftig. Der Haftbefehl gegen den Angeklagten wurde aufgehoben. Nun kann er sich auf Arbeitssuche machen, um für das Schmerzensgeld aufzukommen.