Augsburger Allgemeine (Land West)

„Die allerschli­mmste Krise“

Tourismus Der Hotel- und Gaststätte­nverband klagt über dramatisch eingebroch­ene Geschäfte und wirbt mit Hygienekon­zepten. Wirtschaft­sminister Aiwanger will auch Skilifte bald wieder öffnen

- VON ULI BACHMEIER

München Die heftig gebeutelte Tourismusw­irtschaft in Bayern, die zuletzt in rund 44000 Betrieben rund 475000 Mitarbeite­r beschäftig­te, sucht händeringe­nd nach einem Ausweg aus der Corona-Krise. Schon 2020 sei „ein katastroph­ales Jahr“für die Branche gewesen, sagte Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Um bedrohte Betriebe zu retten, forderte er von der Bundesregi­erung, für Hotels, Gaststätte­n und Skilifte „eine faire, faktenbasi­erte Öffnungspe­rspektive zu erarbeiten“. Er sei nicht bereit, dies immer mit dem Verweis auf den Corona-Hotspot in Ischgl „vom Tisch wischen zu lassen“. Die Branche mit ihren funktionie­renden Hygienekon­zepten sollte vielmehr „als Teil der Problemlös­ung“gesehen werden.

Wie hart die Tourismusw­irtschaft von Pandemie und Lockdown getroffen wurde, zeigt die Bilanz für das Jahr 2020, die Aiwanger gemeinsam mit Verbandsve­rtretern in München vorstellte: Die Zahl der Gästeankün­fte ist im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 50,4 Prozent eingebroch­en. Statt 40 Millionen reisten nur rund 19,8 Millionen Per

an. Die Zahl der Übernachtu­ngen sank von rund 101 Millionen auf knapp 60 Millionen, das entspricht einem Rückgang von 40,6 Prozent. Von dem Rückgang sind alle bayerische­n Tourismusr­egionen betroffen, die Spannbreit­e reicht bei den Gästeankün­ften von Minus 42,7 Prozent in Allgäu/BayerischS­chwaben bis Minus 55,7 Prozent in München/Oberbayern. Besonders stark war der Einbruch in den Städten, die unter der starken Reduzierun­g von Geschäftsr­eisen sowie den Absagen von Messen und Events gelitten haben. Nur einige ländliche Regionen konnten im Sommer davon profitiere­n, dass viele Menschen dort Urlaub gemacht hatten, statt ins Ausland zu reisen.

Angela Inselkamme­r, die Präsidenti­n des Hotel- und Gaststätte­nverbandes in Bayern, sagte: „Wir sind wirklich in der allerschli­mmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.“Auch sie betonte unter Versonen weis auf hohe Investitio­nen für Hygienekon­zepte, dass Hotels und Gaststätte­n als Teil der Lösung gesehen und deshalb so schnell wie möglich wieder geöffnet werden sollten. Die Bedürfniss­e der Menschen nach sozialen Kontakten könnten in den Betrieben „kanalisier­t“werden, die Nachverfol­gung von Kontakten sei sichergest­ellt. „Wir wissen, dass wir Gäste sicher bewirten können“, sagte Inselkamme­r. Wichtig seien eine klare Perspektiv­e, Planbarkei­t, weitere Erleichter­ungen bei der Mehrwertst­euer und mehr Flexibilit­ät bei der Einteilung der Arbeitszei­t.

Obwohl die Tourismusw­irtschaft in Schwaben weniger starke Verluste als anderswo hinnehmen musste, steht hier nach einer Umfrage der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben jeder fünfte Betrieb vor dem Aus. Die Zahl der Beschäftig­ten liege aktuell bei 27000, rund 1500 junge Menschen seien in Ausbildung. Martin Neumeister, Vorsitzend­er des IHK-Ausschusse­s für Freizeitwi­rtschaft, warnt: „Die Zahl der Arbeits- und Ausbildung­splätze im Gastgewerb­e ist bereits im Vorjahr deutlich gesunken. Und der Start ins neue Jahr lässt wenig Hoffnung zu, dass es 2021 besser wird.“

 ?? Foto: Armin Weigel, dpa ?? Ein Schild, wie es sie in diesen Zeiten so viele gibt. Hier vor einer Gaststätte am Geisskopf im Landkreis Regen.
Foto: Armin Weigel, dpa Ein Schild, wie es sie in diesen Zeiten so viele gibt. Hier vor einer Gaststätte am Geisskopf im Landkreis Regen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany