Augsburger Allgemeine (Land West)
Boshafte Wolken über den Dolomiten
Kampflos wollte das Wetter dann doch nicht das Spielfeld räumen. Wo kämen wir auch hin, wenn jedes daher gelaufene Virus plötzlich darüber bestimmte, was passiert oder auch nicht. Also schneite es erst, dann kamen tief hängende Wolken dazu und noch mal eine Prise Schnee – schwups war alles zusammengerührt für ein ordentliches Durcheinander bei der alpinen Ski-WM im italienischen Cortina d’Ampezzo. Am Mittwoch, immerhin schon Tag drei der Titelkämpfe, war noch kein einziger Titel vergeben. Dafür soll es nun am Donnerstag losgehen. Mit gleich zwei Entscheidungen, denn irgendwann müssen ja all die Rennen gefahren werden, die das straffe Programm den Fahrern aufbürdet.
Die dürften nun gehörig ins Schwitzen kommen, denn der Weltverband Fis hat sich dem allgemeinen Trend angeschlossen, in möglichst vielen verschiedenen Disziplinen WM-Titel zu vergeben. Jedes Rennen lässt sich den Sponsoren als Werbeplattform verkaufen, die Fernsehstationen zahlen für die Übertragungsrechte auch den ein oder anderen Euro und schon platzt der Kalender aus allen Nähten.
Immerhin: Das miese Wetter hat es geschafft, das Coronavirus zumindest kurzfristig aus den Schlagzeilen dieser WM zu vertreiben. Fast könnte man den Eindruck von Normalität gewinnen, denn der Wintersport ist seit jeher von den äußeren Bedingungen abhängig. Entweder hat es zu wenig oder zu viel Schnee, ist es zu warm oder zu kalt, weht der Wind zu stark oder aus der falschen Richtung, ist die Sicht zu schlecht oder sonst irgendwas. In den italienischen Zeitungen lassen die Kollegen ihren Gefühlen freien Lauf, schreiben von einer kleinen, aber boshaften Wolke, die sich da über der Strecke verhakt habe. Oder: „Diese WM scheint verwunschen zu sein.“
So richtig spannend wird es aber doch erst, wenn derartige Wetterkapriolen mit der Pandemie zusammenarbeiten. Denn das Chaos wäre perfekt, würde jetzt auch noch das Virus einen Weg in eine der vier Blasen in Cortina finden. Am leichtesten zu verschmerzen wäre ein derartiger Einbruch vermutlich noch in der gelben Blase der Medienvertreter. Entscheidend für den Geldfluss ist nur die Produktion der Fernsehbilder und dafür werden sich schon ein paar negativ Getestete finden. Viel dramatischer wären Positiv-Fälle in der Sportler-Blase. Ausschließen lässt sich das trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nie.
Klar ist also, dass diese WM schon eine komplizierte ist und noch komplizierter werden könnte. Immerhin: Die Wetteraussichten versprechen Besserung. Es sei denn, eine boshafte Wolke beschließt, sich an den Dolomiten zu verhaken.