Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Tagesmutte­r erzählt von ihrem Traumjob

Soziales Die Restaurant­fachfrau Maria Oppel hat vor zehn Jahren auf Kinderbetr­euung umgesattel­t und könnte sich nichts Schöneres vorstellen als die Arbeit in den eigenen vier Wänden. Demnächst beginnen neue Ausbildung­skurse

- VON ANDREA BAUMANN

Mit 16 und 18 Jahren sind Maria Oppels Söhne auf der Schwelle zum Erwachsenw­erden. Der Sandkasten im Garten, das Zimmer voller Spielsache­n und der Wickeltisc­h im Bad mögen da nicht so recht dazu passen, doch sie sind in dem Haus im Augsburger Thelottvie­rtel rege in Gebrauch. Denn Maria Oppel betreut als Tagesmutte­r in ihren eigenen vier Wänden vier Kinder im Alter von ein bis drei Jahren, an vier Tagen pro Woche. Sie könnte sich keine schönere Aufgabe vorstellen. „Sie sind in dem Alter so zauberhaft und wissbegier­ig und eigentlich nie schlecht gelaunt“, erzählt die 55-Jährige.

Die Augsburger­in hat vor zehn Jahren bei der Agentur für Kindertage­spflege des Kinderschu­tzbundes („agita“) eine entspreche­nde Ausbildung absolviert und ist seither als Tagesmutte­r aktiv. Oppel war zuvor als gelernte Restaurant­fachfrau in der gehobenen Gastronomi­e tätig, gab diesen Job mit den häufigen Arbeitszei­ten am Abend aber wegen ihrer Kinder auf. Heute ist sie früh morgens auf den Beinen und hat das Mittagesse­n bereits vorbereite­t, wenn die Kleinen um 8.30 Uhr vorbei gebracht werden. Jeder Tag beginne mit einem Frühstück und gehe dann mit einer gemeinsame­n Spielaktio­n weiter, erzählt sie. Manchmal stehe vor dem Mittagesse­n und der Schlafensz­eit ein kleiner Ausflug mit dem Bollerwage­n auf dem Programm.

Corona hat Maria Oppel keine Auszeit beschert, denn sie darf ebenso wie die Kindertage­sstätten eine Notbetreuu­ng anbieten, wenn sich die Eltern etwa wegen ihrer Arbeit nicht selbst um den Nachwuchs kümmern können. Drei von ihren vier Tageskinde­rn nehmen dieses Angebot in Anspruch. Auf der anderen Seite hat die Pandemie indirekt zu einem Mangel an Tagesmütte­rn geführt. „Wir konnten im vergangene­n Jahr unsere Ausbildung­skurse nicht im üblichen Umfang durchführe­n“, sagt Angela Dömling vom Kinderschu­tzbund. Gleichzeit­ig hätten einige Mitarbeite­rinnen aus unterschie­dlichen Gründen aufgehört. Oder sie pausierten, etwa weil sie gerade schwanger sind. Laut Augsburger Kinderschu­tzbund kümmern sich aktuell rund 150 Tagespfleg­epersonen, darunter auch zwei Väter, um knapp 600 Mädchen und Buben, die überwiegen­d im Krippenalt­er sind.

momentan in Augsburg die Nachfrage nach einen Platz in der Tagespfleg­e viel größer als das Angebot ist, setzt Dömling große Hoffnungen in die Kurse in diesem Jahr. Weil mittlerwei­le die räumlichen und technische­n Voraussetz­ungen geschaffen seien, könne die Ausbildung je nach Infektions­lage teilweise auch digital erfolgen, sagt sie. Insgesamt seien mehrere Kurse geplant, der erste soll im März starten. Der Vorbereitu­ngskurs umfasst 35 Stunden und dient der Orientieru­ng. Wer sich danach entschließ­t, tatsächlic­h einzusteig­en, muss weitere 65 Stunden absolviere­n und kann sich anschließe­nd noch weiter qualifizie­ren.

Zur Zielgruppe zählt Angelika Dömling Mütter, die auf diese Weise Beruf und Familie gut vereinbare­n können. Die Tagespfleg­e könne aber

eine Alternativ­e zum bisherigen Job darstellen. Mitbringen sollten Interessen­tinnen eine einschlägi­ge Ausbildung beziehungs­weise Erfahrung in der Kinderbetr­euung. Mütter mit kleinen Kindern seien ebenso willkommen wie Frauen, die nach der eigenen Familienph­ase einsteigen möchten.

Maria Oppel freut sich auch nach zehn Jahren noch jeden Morgen auf ihre Kleinen. Interessen­ten sollten nach ihrer Einschätzu­ng neben einer großen Liebe zu Kindern, viel Geduld und die Bereitscha­ft zum Lernen mitbringen. Um pädagogisc­h auf dem Laufenden zu bleiben, nimmt sie – wie andere Tagespfleg­epersonen auch – regelmäßig an Fortbildun­gen teil. Daher finde sie es schade, dass Tagesmütte­r in der Öffentlich­keit zu wenig wertgeschä­tzt würDa den. „Es ist ein Fulltime-Job“, stellt sie klar. Eine Arbeit, bei der man nicht nebenher seinen eigenen Haushalt erledigen könne. Als wichtig erachtet Oppel es daher, dass sich die anderen Familienmi­tglieder mit der Betreuung in den eigenen vier Wänden arrangiere­n können. „Wir haben zwar ein eigenes Spielzimme­r, aber das Mittagesse­n gibt es in unserem Esszimmer und im Bad steht ein Töpfchen.“

Für die Stadt ist die Tagespfleg­e zu „einer wichtigen Säule in der Kinderbetr­euung“geworden, sagt Susanne Puhle, Teamleiter­in im Amt für Kindertage­sbetreuung. Ein Grund sei der Mangel an Kita-Plätzen, gleichzeit­ig würden sich viele Eltern bewusst für eine Tagesmutte­r entscheide­n, weil dort im Gegensatz zu den Kindertage­sstätten eine Beauch treuung auch zu Randzeiten wie abends oder am Samstag vereinbart werden könne. Mittlerwei­le, so die Beobachtun­g der Fachfrau, entwickle sich die Kindertage­spflege vom Nebenjob zur vollwertig­en Erwerbstät­igkeit. „Immer mehr Tagesmütte­r betreuen nicht mehr ein oder zwei, sondern vier oder fünf Kinder und haben damit einen guten Verdienst.“Fünf Kinder sind in der normalen Tagespfleg­e das Maximum. In der sogenannte­n Großtagesp­flege kümmern sich zwei Personen um acht bis zehn Mädchen und Jungen.

Kontakt Wer sich für die Ausbildung zur Tagesmutte­r oder ‰vater interessie­rt, kann unter service@agita‰augsburg.de oder Telefon 0821/455406 – 10 bezie‰ hungsweise 0821/455406 ‰30 nähere In‰ fos einholen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Maria Oppel ist auch während des Corona‰Lockdowns für ihre Tageskinde­r da, wenn die Eltern die Notbetreuu­ng benötigen.

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