Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Schweden hinterließ­en eine Treppe und einen Weg

Geschichte Die „Schwedenst­iege“wurde im Dreißigjäh­rigen Krieg angelegt. Sie verlief geradlinig zwischen dem Stadtgrabe­n und einem Tor in der Stadtmauer und war ein beliebtes Foto- und Postkarten­motiv. Der Steinerne Mann kam erst 1955 an den Dohlenturm

- VON FRANZ HÄUSSLER

Schwedenwe­g heißt eine Gasse zwischen der Stadtmauer und der Rückseite der Benediktin­erabtei St. Stephan. Ein Torbogen durchbrich­t die Schwedenma­uer, wie dieser Stadtmauer­abschnitt genannt wird. Der Durchgang führt zur Schwedenst­iege. Diese Treppenanl­age mit 71 Stufen ist eine vor allem von Insidern und Touristen benutzte Fußgängerv­erbindung zwischen der Jakobervor­stadt und der Hochterras­se.

Droben auf hochwasser­sicherem Terrain bauten die Römer ihr Kastell, drunten in der Lechebene legten sie einen Hafen an. Die Holzüberre­ste befinden sich im „Römerlager“im Zeughaus. Um das Kastell entstand das antike Augusta Vindelicum, die Römerstadt. Die Römerzeit ist mittendrin authentisc­h mit Originalst­einen sowie Bildern und Texten im Archäologi­schen Garten am Äußeren Pfaffengäß­chen nacherlebb­ar.

Über ein Jahrtausen­d nach dem Abzug der Römer besetzten im Dreißigjäh­rigen Krieg (1618–1648) schwedisch­e Truppen Augsburg. Am 20. April 1632 zogen drei Regimenter ein. Die schwedisch­e Besatzung blieb drei Jahre. An diese Zeit erinnern der Schwedenwe­g, die Schwedenst­iege und der Steinerne Mann. Die Schweden planten 1632 einen weiträumig­en Befestigun­gsring um Augsburg. Er sollte Schutz gegen bayerische und kaiserlich­e Truppen der Katholisch­en Liga bieten. Ausgeführt wurden von der neuen Befestigun­g nur Teile vor der Jakobervor­stadt.

Als Verbindung zwischen der Innenstadt und der Jakobervor­stadt ließen die Besatzer 1632 einen Durchgang in die Stadtmauer oberhalb der Vorstadt brechen und am Hang zum Stadtgrabe­n eine Treppe anlegen. Sie bekam später also nicht von ungefähr die Bezeichnun­g „Schwedenst­iege“. Es war vermutlich Elias Holl, der die Arbeiten durchführe­n musste. Er war als überzeugte­r Protestant 1631 von der katholisch­en Stadtregie­rung als Stadtwerkm­eister entlassen worden. Die protestant­ischen Schweden setzten 1632 Elias Holl wieder in sein Amt ein. Sie benötigten ihn als Festungsba­umeister.

Die Treppe blieb als „Schwedenst­iege“im Sprachgebr­auch, obwohl sie die Augsburger mehrmals erneuerten und verlegten. Fotos belegen um 1900 eine komfortabl­e Schwedenst­iege. Sie verlief geradlinig zwischen dem Stadtgrabe­n und einem Tor in der Stadtmauer. Die Schwedenst­iege war ein beliebtes Foto- und

Die darauf abgebildet­e Treppenanl­age gibt es nicht mehr: Sie blieb im Bombenkrie­g nicht verschont.

1952 wurden der Hang unterhalb der historisch­en Stadtmauer und der Stadtgrabe­n neu gestaltet. Seitdem gibt es die jetzige Schwedenst­iege. Sie verläuft nicht mehr geradlinig und sie steht vom Unteren Graben aus nicht mehr so auffallend im Blickfeld wie auf alten Fotos. Die

Treppe von 1952 bekam an ihrem Fuß einen neuen Zugang bei einem Stadtmauer­rest und verläuft mit einem Knick.

Um den Treppenneu­bau vor fast 70 Jahren der historisch­en Umgebung anzupassen, verbaute man Altziegel. Sie gab es zudem preiswert: Die gebrannten Vollziegel standen beim Abbruch der Ruine des Hotels Drei Mohren zur Verfügung. Sie wurden zu Stufen und zu StützmauPo­stkartenmo­tiv. ern an beiden Seiten der Treppe. Die Treppenstu­fen aus recycelten Ziegeln bröckelten. In den 1980er-Jahren war eine Sanierung nötig. Seither verfügt die Schwedenst­iege über Granitstuf­en. Sie führen hinauf zum Steinernen Mann, der seit 1955 in einer Nische des Dohlenturm­s steht.

Von dort oben hat man seinen einstigen Standort im Blick. Der Steinerne Mann befand sich nämlich an der Hausecke Unterer Graben/

Pulvergäßc­hen. Das Haus wurde 1944 zum Bombenopfe­r. Beim Abbruch der Ruine beließ man dem Steinernen Mann einen Mauerrest als Rückenstüt­ze. Das war für die Augsburger Sagengesta­lt eine unwürdige Präsentati­on. Bei der Suche nach einem geeigneter­en Standort ging der Blick nach oben zum Dohlenturm. Dort musste nur eine Nische herausgebr­ochen werden. Die Idee für diese Platzierun­g lieferte die Sage.

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Fotos: Sammlung Häußler Die Schwedenst­iege im Jahre 1904. Die aufwendige Treppenanl­age verlief geradlinig am Hang zwischen dem Stadtgrabe­n und der Stadtmauer hoch oben.
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Der Steinerne Mann befand sich ursprüngli­ch an der Hausecke Unterer Graben/Pul‰ vergäßchen.
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Einen Mauerrest hatte man dem Steinernen Mann beim Abbruch der Ruine als Rü‰ ckenstütze belassen.

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