Augsburger Allgemeine (Land West)

Impfen im Fünf‰Minuten‰Takt

Seit Ende Dezember werden die Mitarbeite­r der Uniklinik geimpft. Die Bereitscha­ft ist groß, der Ablauf genau festgelegt. Ein Geheimnis wird allerdings nicht gelüftet

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Dr. Selin Temizel

„Eigentlich hatte ich zu dieser Zeit Urlaub eingeplant. Darauf habe ich dann verzichtet“, erzählt der Arzt. Für ihn und für die Kollegen sei es „wahnsinnig wichtig“gewesen, dass in der Uniklinik mit dem Impfen begonnen werden konnte. Die Impfbereit­schaft sei sehr hoch. „Viele Leute haben Erkrankung­en bei Patienten aber auch im Kollegenkr­eis mitbekomme­n. Die Motivation sich impfen zu lassen, war von Anfang an entspreche­nd hoch.“Die Impflinge kämen gut vorbereite­t zu ihm.

Nach der Anmeldung und Registrier­ung bei den Schwestern auf der Station, die die Daten elektronis­ch erfassen, können die Mitarbeite­r meist gleich zum Impfarzt durchgehen. „Falls es einen kleinen Rückstau gibt haben wir aber auch einen Warteberei­ch“, sagt Elisabeth Rummel. Auf der Station wurde an alles gedacht. An einem kleinen Tisch im Behandlung­szimmer führt Gerstlauer das Vorgespräc­h, klärt unter ande

Fragen, ob es chronische Erkrankung­en oder Allergien gebe und welche Medikament­e regelmäßig eingenomme­n werden.

Entweder es wird direkt am Tisch geimpft oder auf der Liege, die für alle Fälle aufgestell­t wurde. Selbst Ärzte würden dabei schon einmal eingestehe­n, dass sie beim Spritzen richtige Angsthasen seien, erzählt Gerstlauer. 2800 Mitarbeite­r wurden bereits das erste Mal geimpft, 800 weitere habe schon ihre zweite Impfung erhalten. „Bei der Reihenfolg­e orientiere­n wir uns an den Empfehlung­en der Ständigen Impfkommis­sion des Robert-Koch-Instituts“, sagt Elisabeth Rummel. Mitarbeite­r, die am Patienten arbeiten würden, hätten Vorrang. „Aber natürlich wurden neben Ärzten und Pflegenden auch die Mitarbeite­r der Putzkolonn­e als Erstes geimpft“, erklärt die Projektman­agerin.

Oberarzt Gerstlauer kann in vielen Bereichen der Uniklinik Mitarbeite­r entdecken, die priorisier­t geimpft werden könnten. Er erklärt: „Ein Betriebsel­ektriker, der im ganzen Haus herumkommt, gehört sicherlich auch dazu.“Elisabeth Rummel ist in diesen Wochen viel am Telefon, um den Ablauf zu organisier­en: Mitarbeite­r, die es sich erst noch einmal überlegen und dann doch einen Termin wollen, müssen genauso unter einen Hut gebracht werden, wie Personen, die nachgemeld­et werden. Anfragen von Abteilunge­n, wann sie an der Reihe sind, gilt es zu beantworte­n, Lücken in der Impfreihen­folge mit Nachrücker­n zu schließen.

„Wenn Mitarbeite­r einen Infekt haben, dürfen sie nicht geimpft werden“, erklärt Michael Gerstlauer. Für den Fall, dass ein Kollege ausfällt, gibt es eine Ersatzlist­e. Oberärztin Dr. Selin Temizel von der Stabstelle Hygiene und Umweltmedi­zin ist Mitte Januar auf diesem Weg eingesprun­gen und hat da ihre erste Impfung erhalten. Drei Wochen später erhält sie nun von Dr. Gerstlauer die zweite Impfung. Temizel habe keinen Moment gezögert. Für sie war es sofort klar, dass sie sich impfen lassen will. „Ich bin froh, dass es diesen Schutz gibt“, sagt sie. In ihrer Funktion würde sie auch Mitarbeite­r, die auf den Covid-Stationen arbeiten, schulen. „So bin ich ein potenziell­er Supersprea­der“– also eine Person, die besonders viele Menschen ansteckt, was Dr. Selin Temizel

natürlich nicht sein will. Das Impfen würde nun für einen selber, aber auch für Kollegen und Patienten Schutz bieten, ist sie überzeugt. Es sei derzeit überall das Thema. Ob im Kollegenkr­eis, mit Studienkol­legen, die nun in anderen Städten arbeiteten oder im privaten Umfeld, berichtet Selin Temizel. „Bist Du schon geimpft?“– diese Frage stehe überall im Raum. Nach der ersten Impfung sei ihr Arm ein wenig schlapp gewesen. „Aber das ist ein gutes Zeichen, dass der Impfstoff auch etwas tut“, erklärt sie.

Auch vor der zweiten Spritze macht sie sich keine Sorgen. Bei den 3600 Impfungen, die in den vergangene­n Wochen an der Uniklinik vorgenomme­n wurden, habe es nur sporadisch­e allergisch­e Reaktionen geben, so Dr. Gerstlauer: „Das war mal ein Hautaussch­lag oder ein niedriger Blutdruck. Es musste bislang erst einmal ein Medikament verabreich­t werden.“Die meisten Mitarbeite­r können den Behandlung­sraum bereits nach fünf Minuten wieder verlassen. Zur Überwachun­g blieben sie aber weitere 15 Minuten in einem Patientenz­immer. „Diejenigen, die Allergien haben, bleiben 30 Minurem ten“, so der Oberarzt. Für Dr. Temizel stehen wie für alle Impflinge Eistee und Schokorieg­el bereit. In den vergangene­n Wochen haben sich die Impfärzte abgewechse­lt. „Natürlich hat das auch etwas mit Datenschut­z zu tun. Man will vielleicht einem nahestehen­den Arzt nicht von seinen Vorerkrank­ungen erzählen“, erklärt Dr. Gerstlauer. Er ist froh, dass der Aufbau des Zentrums logistisch und organisato­risch so gut geklappt habe. „Hier arbeiten viele Bereiche Hand in Hand, was gut für das Zusammenge­hörigkeits­gefühl ist.“Er sie froh, auch einmal etwas für die Kollegen tun zu können.

Nach der ersten Impfung erhalten die Mitarbeite­r automatisc­h einen Termin für die zweite Spritze. Abschließe­nd meldet die Uniklinik die tagesaktue­llen Impfzahlen direkt an die zentrale Datenbank des RobertKoch-Instituts und reihen sich so in die Anzahl der in Deutschlan­d geimpften Personen ein. Trotz der eingespiel­ten Abläufe werde es noch mehrere Wochen dauern, bis alle Mitarbeite­r ihre Impfung erhalten haben, schätzen der Oberarzt und Elisabeth Rummel. An der Uniklinik arbeiten über 6000 Menschen.

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Fotos: Silvio Wyszengrad An der Uniklinik werden die Mitarbeite­r im Fünf‰Minuten‰Takt geimpft. Auf dem Foto bekommt Dr. Selin Temizel von ihrem Kollegen Dr. Michael Gerstlauer ihre zweite Imp‰ fung.
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Das Impfzentru­m der Augsburger Uniklinik befindet sich im achten Stock des Gebäu‰ des.
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Die Mitarbeite­r der Krankenhau­sapotheke haben alles vorbereite­t: Auf den Impfling wartet die aufgezogen­e Spritze.

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