Augsburger Allgemeine (Land West)

Impfung für den Pfarrer?

Was ein Mediziner und ein Priester von der Diskussion halten

- VON ADRIAN BAUER

Landkreis Augsburg Die Geschichte dieses Artikels beginnt mit einem Anruf. Der Königsbrun­ner Pfarrer Bernd Leumann ist am Apparat, er verweist auf den Aufmacher-Artikel im überregion­alen Teil unserer Zeitung zur Impfung von Bischof Bertram Meier und sagt: „Ich wollte sagen, ich bin auch schon geimpft.“Nachdem der Vorgang so große Wellen schlage, wolle er von sich aus darüber informiere­n. Im Zuge der Impfung im Königsbrun­ner CaritasAlt­enheim St. Hedwig sei er verständig­t worden, dass er auch auf die Liste der zu impfenden Personen gesetzt wurde.

Auf die Liste kam er, weil er für das Altenheim zuständig und regelmäßig als Seelsorger vor Ort ist. Er habe lange überlegt, ob er das Angebot annehmen solle, sagt Leumann. Letztlich entschied er sich dafür: „Ich habe jeden Tag persönlich­en Kontakt mit Menschen, die zur Risikogrup­pe

gehören und dachte: Wenn ich diese Menschen damit auch ein wenig schützen kann, dann mache ich das.“So erhielt er mit den Bewohnern und dem Pflegepers­onal die beiden Impfspritz­en. Nicht bewusst war ihm, dass Hausärzte und Therapeute­n, die ebenfalls zu Hausbesuch­en ins Altenheim kommen, nicht geimpft wurden: „Die haben ja noch viel engeren Kontakt zu den Bewohnern. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich vermutlich anders entschiede­n.“

Diese fehlende Übersicht kann Dr. Claus Schöler, der Chefarzt der Wertachkli­nik in Schwabmünc­hen, gut nachvollzi­ehen. Er kritisiert dabei die Verordnung, die zu viele Interpreta­tionsspiel­räume lasse: Selbst bei ihm als Chirurg ließe sich streiten, ob er nun in die Gruppe mit der höchsten Impfpriori­tät oder in die Gruppe 2 einsortier­t werden sollte. Selbst unter den Mitglieder­n einer Gruppe gebe es Unschärfen – eine 1oder eine 2+. Die Entscheidu­ng über die Reihenfolg­e in der Wertachkli­nik trifft er als Leiter der dortigen Impfkampag­ne. Und auch außerhalb dürften sich die Menschen aus seiner Sicht auf das Urteil der Verantwort­lichen verlassen: „Wenn man ein Impfangebo­t erhält und es sich nicht durch Vorgabe falsche Tatsachen erschliche­n hat, darf man das Angebot aus meiner Sicht annehmen.“Er wisse nicht, wie oft der Bischof tatsächlic­h Altenheime besuche, die Diskussion darüber laufe aus seiner Sicht aber aus dem Ruder.

Auch wenn er zur Kirche keine persönlich­e Bindung hat, gehören Seelsorger aus Dr. Schölers Sicht in die Impfgruppe 1: „Ein Pfarrer besucht ein Altenheim, dann noch eines, dann vielleicht noch eine Familie. So jemand kann das Virus deutlich weiter herumtrage­n als ich, der ich nur hier an der Klinik unterwegs bin.“Zudem verlasse er als Mediziner ein Patientenz­immer nach wenigen Minuten wieder, während die Seelsorger länger vor Ort seien.

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Foto: Ulrich Wagner (Symbolbild) Wer bekommt den knappen Corona‰Impfstoff? Diese Frage treibt Ärzte und Priester im Landkreis Augsburg auch außerhalb der Diskussion um Bischof Bertram Meier um.

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