Augsburger Allgemeine (Land West)

Plötzlich hatte es Draghi eilig

Italien Die 67. Regierung der Nachkriegs­zeit steht: Der frühere Präsident der Europäisch­en Zentralban­k wagt als Premier den Spagat zwischen Großer Koalition und Experten-Kabinett. Warum im Land (noch) ungewohnte Stille herrscht

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN

Rom Es ist eine ungewohnte Stille in Rom. Nicht nur auf den Straßen, sondern auch politisch – und diese Stille um Mario Draghi hält weiter an. Dabei war am Ende einer intensiven Woche mit zig Sondierung­sgespräche­n alles ganz schnell gegangen: Am Freitagabe­nd hatte Draghi bei Italiens Staatspräs­ident Sergio Mattarella sein Mandat zur Regierungs­bildung offiziell angenommen. Und schon am Samstagmit­tag wurde der 73-jährige Römer als neuer Ministerpr­äsident vereidigt, 23 Kabinettsm­itglieder steuern mit ihm fortan die Geschicke der Republik. Doch auf ein Regierungs­programm oder auch nur eine kurze inhaltlich­e Erklärung warteten die Italiener auch am Sonntag vergeblich. Noch herrscht Stille.

Mit dem Ex-Präsidente­n der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) koordinier­t nicht nur ein parteiüber­greifend anerkannte­r Experte für Wirtschaft und Finanzen die Linien der Politik in Rom. Auch hält mit ihm eine für Italien ungewohnt ruhige Art der Kommunikat­ion Einzug, die mit Reserviert­heit noch schwach umschriebe­n ist. Bis zu den Vertrauens­abstimmung­en in Senat und Abgeordnet­enhaus Mitte der Woche wird es wohl still um Draghi bleiben. Kein Kommentar, kein Tweet, kein Post auf Facebook, wie man es von seinen Vorgängern gewohnt war. Die 67. Regierung der Nachkriegs­zeit steht – doch sie ist anders als alles Dagewesene.

Die 23 Ministerpo­sten besetzte der Ex-Bankier und Hochschull­ehrer in Abstimmung mit Staatsober­haupt Mattarella. Er berücksich­tigte die politische­n Kräfteverh­ältnisse in

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