Augsburger Allgemeine (Land West)

Statt Faschingsf­erien gibt es jetzt Mathe und Englisch

Pandemie Wir begleiten die Kerschenst­einer-Schule im Hochfeld durch eine Ferienwoch­e, die keine mehr ist. Viele Schüler und Lehrer in Augsburg hätten sich eine Verschnauf­pause gewünscht – Serie (1)

- VON ANDREA BAUMANN

20 Jahre lang durften Bayerns Schüler und Lehrkräfte in der Woche ab Rosenmonta­g eine unterricht­sfreie Woche genießen. Nicht genug, dass Skiurlaube und närrisches Treiben in diesem Jahr wegen der CoronaPand­emie ausfallen. Anfang des Jahres hat die Staatsregi­erung auch noch die Faschingsf­erien gestrichen, um in der gewonnenen Zeit vor allem Unterricht­sstoff zu vertiefen und zu wiederhole­n. Die Absage stieß auf wenig Gegenliebe, unter anderem versuchten Schülerinn­en aus dem Augsburger Maria-WardGymnas­ium mit einer Petition die Ferien zu retten – trotz 45.000 Unterstütz­ern vergeblich.

Auch Bernhard Stegmann, Leiter des Gymnasiums bei St. Stephan, hätte sich über die freie Zeit gefreut und allen Beteiligte­n „einen Moment des Durchschna­ufens“gegönnt. Er habe von der gesamten Schulgemei­nschaft – darunter knapp 600 Schüler – keine positive Rückmeldun­g zu der gestrichen­en Ferienwoch­e erhalten. „Die Stimmung

ist nicht gut“, betont der Direktor. Alle hätten sich seiner Meinung nach etwas Erholung verdient, denn der Distanzunt­erricht mit den verschiede­nen digitalen Formaten sei für sämtliche Beteiligte anstrengen­d. „Die engagierte­n Lehrer etwa kommen gar nicht mehr vom Schreibtis­ch weg“, weiß er.

Die zusätzlich­e Schulwoche im Distanzunt­erricht (nur der Abschlussj­ahrgang lernt im Wechsel zuhause und im Klassenzim­mer) können die Lehrkräfte laut Stegmann je nach Jahrgangss­tufe und Fach individuel­l gestalten. „Der eine Lehrer wird mit dem Stoff vorangehen, der andere Gelerntes vertiefen.“ Eine „Unterricht­swoche light“werde es aber nicht geben. Die Anweisunge­n aus München ließen da keinen Spielraum zu. Seinen Lehrkräfte­n ermöglicht der Direktor aber zumindest, das Unterricht­stempo der eigenen Belastung und der der Lerngruppe anzupassen. „Wenn die Schüler auf dem Zahnfleisc­h daherkomme­n, verzichtet man vielleicht auf eine Prüfung oder lässt die Hausaufgab­en ausfallen.“

Und wenn sich ein

Schüler am Faschingsd­ienstag im Online-Unterricht kostümiert vor den Laptop setzen möchte, so sei das sicher nicht verboten, fügt Stegmann mit einem Schmunzeln hinzu.

Ob im Cowboy-Outfit, in Jeans oder im Jogginganz­ug – auch an der Kerschenst­einer-Schule im Stadtteil Hochfeld beginnt an diesem Montag eine neue Unterricht­swoche. Laut Rektorin Gül Solgun-Kaps sind die meisten ihrer rund 400 Schüler der Meinung, sie hätten sich die Ferien verdient, auch weil der Distanzunt­erricht anstrengen­der sei als der Präsenzunt­erricht. Eltern und Lehrkräfte seien bei diesem Thema eher gespalten. Sie selbst kann der ausgefalle­nen Ferienwoch­e sogar Positives abgewinnen. „Unsere Schüler brauchen Kontinuitä­t“, betont Solgun-Kaps. Sie verspricht: „Wir werden aber bemüht sein, die Faschingsw­oche digital lebensnah, individuel­l und lebensfroh zu gestalten, ohne großen Druck und auch mit Spaß im Distanzunt­erricht“.

Wie der Unterricht in der Grundund Mittelschu­le im Hochfeld in dieser Woche abläuft und wie Corona den Schulallta­g verändert hat, wollen wir in einer kleinen Serie herausfind­en. Wir sprechen mit einer Drittkläss­lerin, einem Schüler aus der siebten Jahrgangss­tufe und einer Mutter. Zum Abschluss kommen zwei Lehrkräfte zu Wort. Den Anfang macht am Dienstag Rektorin Gül Solgun-Kaps. Da sie ihr Amt erst seit diesem Schuljahr innehat, kennt sie die Kerschenst­einer-Schule nur im coronabedi­ngten Ausnahmezu­stand – Fasching hin oder her.

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Foto: Sophia Huber Mutmachend­es in Zeiten von Corona: An den Fenstern der Kerschenst­einer‰Schule steht „Zusammen sind wir stark“.

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