Augsburger Allgemeine (Land West)

Versammlun­g der CSU wird mit Eklat abgeblasen

Politik Im großen Innenstadt-Ortsverban­d steht eine Kampfabsti­mmung an. Deshalb kamen zu einer Sitzung am Samstag mehr Mitglieder als in Corona-Zeiten möglich. Das sorgt für Ärger in der Partei – und Misstönen mit der Kirche

- VON JÖRG HEINZLE

In der Augsburger CSU herrscht Unruhe seit dem Wochenende. Grabenkämp­fe, die erledigt schienen, brechen wieder auf. Rolf von Hohenhau, früherer Stadtrat und Ehrenvorsi­tzender des CSU-Kreisverba­nds im Augsburger Westen, sagt, er sei „empört“über das, was geschehen sei. Das Ansehen der Partei, so Hohenhau, habe Schaden genommen. Der Grund für die Aufregung: Eine Versammlun­g des Innenstadt-Ortsverban­ds musste wegen zu vielen Teilnehmer­n kurz vor Beginn abgesagt werden. Dabei soll es zu Wortgefech­ten und Beleidigun­gen gekommen sein. Auch das Verhältnis zwischen katholisch­em Bistum und CSU ist jetzt belastet.

Der Hintergrun­d: Die Augsburger CSU muss einen Kandidaten für die Bundestags­wahl nominieren. Es läuft alles auf den bisherigen Abgeordnet­en Volker Ullrich hinaus. Doch es ist eine offizielle Nominierun­g erforderli­ch – und dafür müssen zunächst die Ortsverbän­de Delegierte bestimmen. Das sollte am

Samstag bei fünf Ortsverbän­den passieren, dafür hatte die CSU das Haus Sankt Ulrich, das Tagungshau­s der Diözese, angemietet. Bei vier Ortsverbän­den lief das ohne Zwischenfä­lle. Beim Innenstadt­Ortsverban­d - in der Partei kurz OV 1 genannt - aber kam es zum Eklat. Nach längerem Hin und Her wurde die Versammlun­g abgesagt - und die knapp 70 anwesenden Mitglieder mussten unverricht­eter Dinge wieder nach Hause gehen.

Das Problem: Der große Saal im Haus Sankt Ulrich war wegen der Corona-Pandemie nur für 50 Personen ausgelegt. Weil aber mehr Mitglieder als Plätze da waren, gab es Ärger. CSU-Urgestein Rolf von Hohenhau bemängelt, man habe diesen Eklat „sehenden Auges“in Kauf genommen. Es sei klar gewesen, dass viele Mitglieder kommen könnten. Denn im Innenstadt-Ortsverban­d standen auch Vorstandsw­ahlen an. Und es zeichnete sich eine Kampfabsti­mmung ab. Vorsitzend­er ist derzeit Wayne Chico Pittmann, er zählt zum Lager des einflussre­ichen Vorsitzend­en der CSU-Stadtratsf­raktion

Leo Dietz. Aus dem Lager um Rolf von Hohenhau wiederum, das in den vergangene­n Jahren parteiinte­rn immer wieder den „DietzTrupp­en“unterlegen ist, sollte dem Vernehmen nach ein Gegenkandi­dat kommen. So kam es, dass beide Seiten Mitglieder mobilisier­ten. Und dass es hitzig wurde, als der Saal voll war. Auch einzelne Beleidigun­gen wie „Arschloch“sollen gefallen sein, berichten Anwesende.

Die Entscheidu­ng, dass die Versammlun­g abgeblasen wird, traf Volker Ullrich, der Vorsitzend­e des Augsburger Bezirksver­bands. Er habe das nach Rücksprach­e mit CSU-Generalsek­retär Markus Blume getan, so Ullrich. Die Versammlun­g soll nun möglichst bald in einem größeren Saal nachgeholt werden. Ullrich sagt, im Vorfeld habe man wegen Corona um Anmeldunge­n gebeten. Für die Sitzung des Innenstadt-Ortsverban­ds hätten sich nur 38 Personen angemeldet. Damit, dass so viele Mitglieder kommen, habe man nicht gerechnet. Rolf von Hohenhau sieht das anders. Er kritisiert, dass die Augsburger

CSU die Versammlun­g unbedingt habe durchziehe­n wollen, obwohl es schon im Vorfeld Bedenken gegeben habe. Das sei in Zeiten einer Pandemie unverantwo­rtlich.

Tatsächlic­h hatten die Verantwort­lichen im Haus Sankt Ulrich in der vorigen Woche wegen der geplanten CSU-Sitzungen Bedenken bekommen. Am Freitag wollte die Kirche der CSU dann kurzfristi­g absagen. Daraufhin liefen bei der Partei die Drähte heiß. Unter anderem Volker Ullrich schaltete sich ein und intervenie­rte bei dem kirchliche­n Tagungszen­trum. Ullrich sagt, er habe darauf verwiesen, dass die Veranstalt­ung von der Stadt genehmigt sei - und dass der Partei schon Kosten entstanden seien, die man im

Zweifel einfordern müsse. Der städtische Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU) stellte dann am Freitag gegenüber dem Haus Sankt Ulrich ebenfalls klar, dass die Stadt die Veranstalt­ung als zulässig erachtet.

Die kurzfristi­ge Absage am Samstag ist nach Ansicht von Volker Ullrich der Beleg dafür, dass man sich ans Hygienekon­zept gehalten habe. Und bei vier Ortsverbän­den sei ja auch alles reibungslo­s gelaufen. Nun müsste man eben einen größeren Saal suchen, in dem trotz Corona mehr als 50 Personen tagen könnten. Aus dem Lager von Leo Dietz heißt es, der Eklat sei von der Gegenseite „provoziert“worden. Leo Dietz, der auch Kreisvorsi­tzender im Augsburger Westen ist, sagt in Richtung von Rolf von Hohenhau gemünzt: „Wer sich empört über Vorgänge, die er selbst ausgelöst hat, löst bei mir Empörung aus.“In der Partei wird indes mit Spannung erwartet, wie viele Mitglieder dann zur zweiten Auflage der Versammlun­g kommen werden. Laut CSU hat der Innenstadt-Ortsverban­d immerhin 167 Mitglieder.

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