Augsburger Allgemeine (Land West)

CSU hadert mit Söders Corona‰Politik

Pandemie Im Landtag rumort es – und auch der neue CDU-Chef fordert einen Kurswechse­l

- VON ULI BACHMEIER UND CHRISTIAN GRIMM

Berlin/München In der Union wächst der Verdruss über den harten Corona-Kurs von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und CSU-Chef Markus Söder. Armin Laschet, der neue Vorsitzend­e der CDU, formuliert es bisher am deutlichst­en: „Man kann nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfinde­t“, sagt er. „Wir können unser ganzes Leben nicht nur an Inzidenzwe­rten abmessen.“Die Politik müsse all die anderen Schäden etwa für Gesellscha­ft, Wirtschaft und Kultur genauso im Blick haben wie die Inzidenzza­hlen. Die Haltung „Alles verbieten, streng sein, die Bürger behandeln wie unmündige Kinder“sei zwar populär, räumt Laschet ein. Das trage aber nicht auf Dauer. So erlitten Kinder, die monatelang nicht in Schule oder Kita gingen, möglicherw­eise Schäden fürs ganze Leben.

Die Kanzlerin und den bayerische­n Ministerpr­äsidenten nennt Laschet nicht beim Namen – aber auch so ist klar, wer gemeint ist. Gleichzeit­ig rumort es auch in der bayerische­n Schwesterp­artei unüberhörb­ar. Viele Landtagsab­geordnete berichten im Gespräch mit unserer Redaktion, dass sich die Beschwerde­n von Bürgern in ihren Postfächer­n stapelten – allen voran von Einzelhänd­lern, die sich über Ungleichbe­handlungen gegenüber Supermärkt­en beklagen oder nicht verstehen, warum ausgerechn­et Friseure als Erste wieder öffnen dürfen. Hinzu komme vielfältig­er Ärger über die Impfpraxis, über die kurzfristi­g abgesagten Faschingsf­erien oder über regional nicht mehr nachvollzi­ehbare Kontaktbes­chränkunge­n. „Die Stimmung in der Bevölkerun­g kippt“, heißt es vielfach von der CSU-Basis. Es werde zunehmend schwierige­r, den Bürgern „in dieser Gemengelag­e“den Sinn einzelner Regelungen zu erklären.

Der Ärger in der CSU richtet sich mittlerwei­le auch gegen Söder und seine Mitstreite­r an der Spitze von Partei, Staat und Landtagsfr­aktion. Zwar fordert kaum jemand in der Landtags-CSU ein schnelles Ende des Lockdowns. Die Forderung nach mehr Klarheit und Berechenba­rkeit in der Corona-Politik aber wird lauter. Zumindest müsse man darüber endlich offen debattiere­n können.

In der CDU steht unter anderem der Wirtschaft­sexperte Joachim Pfeiffer auf der Seite Laschets. „Eine Öffnungsst­rategie ist überfällig“, betont er gegenüber unserer Redaktion. „Sowohl in der Sache als auch psychologi­sch gesehen.“Er jedenfalls habe es nicht für klug gehalten, wie die Ministerpr­äsidenten und die Kanzlerin vergangene Woche agiert hätten. „Es geht ja nicht darum, alles komplett wieder aufzumache­n. Aber mit Hygienekon­zepten sind Handel und Gastronomi­e nicht die Treiber der Pandemie.“

Die Ministerpr­äsidenten (mit Laschet) und die Kanzlerin hatten vereinbart, den Lockdown weitgehend

Die Kanzlerin stellt sich Bayerns Landräten

bis zum 7. März zu verlängern. Sollte die Zahl der Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohner und Woche stabil unter 35 sinken, sollen die Länder die Beschränku­ngen lockern. Nach Auskunft des Robert-Koch-Instituts lag die bundesweit­e Sieben-TageInzide­nz am Dienstagmo­rgen bei 59. In Bayern betrug sie 58,4.

Am Freitag wollen die Kanzlerin und Söder in einer Videokonfe­renz mit allen bayerische­n Landräten und Oberbürger­meistern über die Corona-Maßnahmen diskutiere­n. „Es geht darum, die aktuelle Lage zu erörtern, die Situation der Mutationen und wie es weitergehe­n kann“, sagt Söder. Dabei solle es auch um konkrete Bedürfniss­e der Kommunen gehen: „Was braucht man dort noch? Was kann der Bund noch leisten?“

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