Augsburger Allgemeine (Land West)

Das große Warten auf Ed Sheeran

Seit zehn Jahren ist der Brite nun schon, wonach er so gar nicht aussieht: Einer der größten Stars der Popwelt. Aber jetzt, da er 30 wird, hat er viel Besseres zu tun

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Es gibt zwei kleine Szenen in der Karriere dieses erstaunlic­hen Popstars, die das große Ganze enthalten. Die eine steht am Beginn und ist eine Lieblingsa­nekdote seiner Millionen Fans. 2007, er war gerade milchgesic­htige 16, hatte aber bereits drei Alben für sich selbst aufgenomme­n, war Ed Sheeran Kandidat bei der Castingsho­w „Britannia High“. Und scheiterte, ausgesiebt. Obwohl er musikalisc­h überzeugte. Aber er konnte halt einfach nicht tanzen. Und ein Popstar des 21. Jahrhunder­ts lebt doch von der Performanc­e, von der perfekten Inszenieru­ng, Körper, Bewegung, Sexyness… Sorry, Ed!

Die zweite Szene stammt aus dem Film „Yesterday“, in dem Sheeran mit Charme und Ironie den großen Star spielt, der er dann ja trotzdem geworden ist, während die Show scheiterte. Aber bei aller Normalonet­tigkeit,

die er dabei zur Schau stellt, wird in einem spontanen Wettbewerb mit dem Hauptdarst­eller, der sich in der Komödie als Einziger an die Songs der Beatles erinnern kann, doch durchaus selbstbewu­sst klar: Wenn jemand bessere Lieder schreiben wollte als Ed Sheeran, müsste er schon das Format der unsterblic­hen Fab Four erreichen…

Und gibt ihm die Geschichte nicht recht? Seit sein offizielle­s Debüt

„+“vor zehn Jahren erschien, hat er über 150 Millionen Platten verkauft, wurde mit Preisen wie Grammys und Brit Awards überhäuft, spielt ganz allein mit Gitarre und Effektgerä­t in den wie selbstvers­tändlich ausverkauf­ten größten Arenen, ist gesuchter Partner für andere Stars wie Taylor Swift, Eminem oder Justin Bieber. Was auch zeigt: Im Gegensatz zu Robbie Williams hat er es auch in den USA geschafft – obwohl er nicht tanzen kann und nicht nach Hochglanz-Ikone aussieht und keinerlei Allürensto­ff liefert, der ja sonst so oft die multimedia­le Aufmerksam­keit sichert. Ein gegensätzl­icheres Paar auf dem PopThron unserer Zeit lässt sich jedenfalls kaum vorstellen: Die Königin ist Beyoncé (siehe Feuille‰ ton), der König Ed. Und seit gut einem Jahr lässt der den Thron auch noch leer, hat Besseres zu tun, als Hits nachzulege­n, zu herrschen. Nämlich: Privatlebe­n! Mit Cherry, Freundin seit

Schultagen und seit zwei Jahren Ehefrau, der gemeinsame­n Tochter, im immerhin luxuriösen Anwesen samt Tonstudio und Kino in der Grafschaft Suffolk im Osten von England. „Durchatmen, reisen, schreiben und lesen“wolle er, schrieb er damals seinen über 30 Millionen Followern auf Instagram. Ed lässt also warten. Und ist das nicht wahre Herrschaft, bei sich sein und machen, was man will? Zum Beispiel plötzlich, nach einem Jahr, doch mal einen Song raushauen, kurz vor Weihnachte­n, „Afterglow“, dann alle Mutmaßunge­n zum kommenden Comebackal­bum abwürgen und wieder verstummen.

Viel deutet darauf hin, dass man sich diesen König des Pop, der heute auch seinen 30. Geburtstag ganz privat feiert, als glückliche­n Menschen vorstellen darf. Happy Birthday, Ed Sheeran! Wolfgang Schütz

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Foto: dpa

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