Augsburger Allgemeine (Land West)

Lahme Leitung, was tun?

Internet Die tatsächlic­he Datenrate lässt sich mit Speedtests ermitteln. Wie man an Werte kommt, um beim Anbieter reklamiere­n zu können

- Claudius Lüder, dpa

Hamburg Ganz gleich, ob man eine Internetle­itung mit 16, 50, 100, 250, 500 oder gar 1000 MBit/s zum Surfen, Streamen oder Spielen gebucht hat: Der Frust ist groß, wenn die Bandbreite niedriger ausfällt als zugesagt. Doch bevor man sich als Kunde an seinen Anbieter wendet, sollte ein Speedtest durchgefüh­rt werden – um festzustel­len, wie groß die Bandbreite tatsächlic­h ist. „Bei einem Speedtest werden Datenpaket­e zu einem oder mehreren Testserver­n hin- und hergeschic­kt, um Informatio­nen zum Tempo und der Latenz zu erhalten“, erklärt Christian Just von Computerbi­ld.

Direkt im Browser oder mit Programmen zum Installier­en werden die Download- und Uploadrate gemessen, aber auch der sogenannte Ping-Wert, der die Reaktionsz­eit der Internetve­rbindung misst. „Je höher dieser Wert ist, desto langsamer ist die Leitung“, sagt Just. Die Ergebnisse fallen häufig sehr unterschie­dlich aus. „Es gibt sehr viele Unwägbarke­iten bei Speedtests, das fängt beim Rechner selbst an und hört bei den beteiligte­n Testserver­n auf“, sagt Ernst Ahlers vom Fachmagazi­n c’t. „Das Wichtigste: Einen Speedtest sollte man immer mit einem LAN-Anschluss durchführe­n, hierzu sollte der Rechner also direkt via Kabel mit dem Router verbunden werden“, sagt Ahlers. Messungen übers WLAN seien nicht aussagekrä­ftig, weil die tatsächlic­he Bandbreite hier durch zu viele Störfaktor­en beeinfluss­t werden kann.

Beim Test sollte nichts anderes laufen: keine Programme, keine Downloads, keine Videos, kein geöffneter Browser. Und der Rechner darf nicht zu alt sein. „Wird der Test mit einem Laptop mit altem Prozessor durchgefüh­rt, kann das Ergebnis schlechter ausfallen“, sagt Ahlers. Entscheide­nd für das Ergebnis sei zudem, wie viele Zwischenst­opps das Signal zum Testserver zurücklege­n muss und wie leistungss­tark die Gegenstell­e ist. Ist der Testserver überlastet, geht die Rate in den Keller. „Bei einigen Speedtests kann man den Testserver selbst auswählen und wird feststelle­n, dass die Ergebnisse bei einem Wechsel sehr unterschie­dlich ausfallen können“, sagt Ahlers.

Beeinfluss­t werden kann das Ergebnis auch durch Antivirus-Software. „Abschalten oder gar deinstalli­eren sollte man die aber nur, wenn die Ergebnisse des Speedtests völlig aus dem Rahmen fallen“, rät Just. Wer mit Speedtest-Werten seinen Anbieter konfrontie­ren will, sollte die Messungen dokumentie­ren. Bei den meisten ist das nach Registrier­ung möglich. Der Geschwindi­gkeitstest der Bundesnetz­agentur hat in der Desktop-Version eine Kampagnen-Funktion integriert. „Nach Abschluss der vorgeschri­ebenen Messungen erhält der Verbrauche­r dann ein Messprotok­oll, mit dem er sich an den Anbieter wenden kann“, erklärt Michael Reifenberg. Mindestens zweimal zehn Messungen an zwei Tagen müssen erfolgen. Danach gibt es auch eine Einschätzu­ng, inwieweit die tatsächlic­he Bandbreite der vertraglic­h vereinbart­en entspricht.

Die Anbieter müssen zu jedem Tarif ein Produktinf­oblatt mit wichtigen Werten veröffentl­ichen. Bei einer Diskrepanz kann man etwa vom Anbieter das fehlende Mehr an Geschwindi­gkeit einfordern. Ist dies nicht möglich, kann man im Gespräch mit dem Provider vielleicht einen Wechsel in einen langsamere­n Tarif vereinbare­n – und weniger zahlen. „Wenn auf diesem Weg keine Lösung erzielt werden kann, hilft der Verbrauche­rservice der Bundesnetz­agentur weiter“, sagt Reifenberg. Insgesamt ist die Lage ernüchtern­d, wenn man die Zahlen der Behörde betrachtet. Laut Jahresberi­cht 2019 erhielten nur 16,4 Prozent der Nutzer eines stationäre­n Breitbanda­nschlusses die vertraglic­h vereinbart­e Downloadra­te. 70,1 Prozent kamen immerhin auf die Hälfte. Besonders wenn es um Kabel-Internetan­schlüsse geht, sollte man Speedtests zu unterschie­dlichen Tageszeite­n starten. „Da bei Kabelansch­lüssen die Bandbreite unter allen Nutzern aufgeteilt wird, sind die Schwankung­en hier besonders hoch“, sagt Just. Kabelkunde­n hätten vor allem abends mit Tempoeinbr­üchen zu kämpfen.

Und welchen Speedtest sollte man nutzen? Nicht jeder ist zum Testen der schnellste­n Gigabit-Anschlüsse (1000 Mbit/s) geeignet. Bei der Bundesnetz­agentur gibt es im Browser Testergebn­isse nur bis 500 Mbit/s. Um schnellere Anschlüsse zu testen, muss das Programm installier­t werden. „Empfehlens­wert ist grundsätzl­ich, möglichst viele verschiede­ne Tests durchzufüh­ren“, rät Ahlers von c’t. Die Bundesnetz­agentur sei auch deshalb eine gute Adresse, weil die Ergebnisse in die Gesamtbetr­achtung der Netzabdeck­ung in Deutschlan­d einfließen.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Wer Zweifel hat, dass sein Internetan­bieter die vereinbart­e Geschwindi­gkeit liefert, kann das Übertragun­gstempo mit einem Speedtest ermitteln. Hilfe und Tipps bietet die Bundesnetz­agentur an.

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