Augsburger Allgemeine (Land West)
Lahme Leitung, was tun?
Internet Die tatsächliche Datenrate lässt sich mit Speedtests ermitteln. Wie man an Werte kommt, um beim Anbieter reklamieren zu können
Hamburg Ganz gleich, ob man eine Internetleitung mit 16, 50, 100, 250, 500 oder gar 1000 MBit/s zum Surfen, Streamen oder Spielen gebucht hat: Der Frust ist groß, wenn die Bandbreite niedriger ausfällt als zugesagt. Doch bevor man sich als Kunde an seinen Anbieter wendet, sollte ein Speedtest durchgeführt werden – um festzustellen, wie groß die Bandbreite tatsächlich ist. „Bei einem Speedtest werden Datenpakete zu einem oder mehreren Testservern hin- und hergeschickt, um Informationen zum Tempo und der Latenz zu erhalten“, erklärt Christian Just von Computerbild.
Direkt im Browser oder mit Programmen zum Installieren werden die Download- und Uploadrate gemessen, aber auch der sogenannte Ping-Wert, der die Reaktionszeit der Internetverbindung misst. „Je höher dieser Wert ist, desto langsamer ist die Leitung“, sagt Just. Die Ergebnisse fallen häufig sehr unterschiedlich aus. „Es gibt sehr viele Unwägbarkeiten bei Speedtests, das fängt beim Rechner selbst an und hört bei den beteiligten Testservern auf“, sagt Ernst Ahlers vom Fachmagazin c’t. „Das Wichtigste: Einen Speedtest sollte man immer mit einem LAN-Anschluss durchführen, hierzu sollte der Rechner also direkt via Kabel mit dem Router verbunden werden“, sagt Ahlers. Messungen übers WLAN seien nicht aussagekräftig, weil die tatsächliche Bandbreite hier durch zu viele Störfaktoren beeinflusst werden kann.
Beim Test sollte nichts anderes laufen: keine Programme, keine Downloads, keine Videos, kein geöffneter Browser. Und der Rechner darf nicht zu alt sein. „Wird der Test mit einem Laptop mit altem Prozessor durchgeführt, kann das Ergebnis schlechter ausfallen“, sagt Ahlers. Entscheidend für das Ergebnis sei zudem, wie viele Zwischenstopps das Signal zum Testserver zurücklegen muss und wie leistungsstark die Gegenstelle ist. Ist der Testserver überlastet, geht die Rate in den Keller. „Bei einigen Speedtests kann man den Testserver selbst auswählen und wird feststellen, dass die Ergebnisse bei einem Wechsel sehr unterschiedlich ausfallen können“, sagt Ahlers.
Beeinflusst werden kann das Ergebnis auch durch Antivirus-Software. „Abschalten oder gar deinstallieren sollte man die aber nur, wenn die Ergebnisse des Speedtests völlig aus dem Rahmen fallen“, rät Just. Wer mit Speedtest-Werten seinen Anbieter konfrontieren will, sollte die Messungen dokumentieren. Bei den meisten ist das nach Registrierung möglich. Der Geschwindigkeitstest der Bundesnetzagentur hat in der Desktop-Version eine Kampagnen-Funktion integriert. „Nach Abschluss der vorgeschriebenen Messungen erhält der Verbraucher dann ein Messprotokoll, mit dem er sich an den Anbieter wenden kann“, erklärt Michael Reifenberg. Mindestens zweimal zehn Messungen an zwei Tagen müssen erfolgen. Danach gibt es auch eine Einschätzung, inwieweit die tatsächliche Bandbreite der vertraglich vereinbarten entspricht.
Die Anbieter müssen zu jedem Tarif ein Produktinfoblatt mit wichtigen Werten veröffentlichen. Bei einer Diskrepanz kann man etwa vom Anbieter das fehlende Mehr an Geschwindigkeit einfordern. Ist dies nicht möglich, kann man im Gespräch mit dem Provider vielleicht einen Wechsel in einen langsameren Tarif vereinbaren – und weniger zahlen. „Wenn auf diesem Weg keine Lösung erzielt werden kann, hilft der Verbraucherservice der Bundesnetzagentur weiter“, sagt Reifenberg. Insgesamt ist die Lage ernüchternd, wenn man die Zahlen der Behörde betrachtet. Laut Jahresbericht 2019 erhielten nur 16,4 Prozent der Nutzer eines stationären Breitbandanschlusses die vertraglich vereinbarte Downloadrate. 70,1 Prozent kamen immerhin auf die Hälfte. Besonders wenn es um Kabel-Internetanschlüsse geht, sollte man Speedtests zu unterschiedlichen Tageszeiten starten. „Da bei Kabelanschlüssen die Bandbreite unter allen Nutzern aufgeteilt wird, sind die Schwankungen hier besonders hoch“, sagt Just. Kabelkunden hätten vor allem abends mit Tempoeinbrüchen zu kämpfen.
Und welchen Speedtest sollte man nutzen? Nicht jeder ist zum Testen der schnellsten Gigabit-Anschlüsse (1000 Mbit/s) geeignet. Bei der Bundesnetzagentur gibt es im Browser Testergebnisse nur bis 500 Mbit/s. Um schnellere Anschlüsse zu testen, muss das Programm installiert werden. „Empfehlenswert ist grundsätzlich, möglichst viele verschiedene Tests durchzuführen“, rät Ahlers von c’t. Die Bundesnetzagentur sei auch deshalb eine gute Adresse, weil die Ergebnisse in die Gesamtbetrachtung der Netzabdeckung in Deutschland einfließen.