Augsburger Allgemeine (Land West)

Was heißt denn „nordisch“?

Weltmeiste­rschaft Am 23. Februar starten die Titelkämpf­e in Oberstdorf. Wir erklären die drei Sportarten Skispringe­n, Langlaufen und Nordische Kombinatio­n. Warum nicht immer der gewinnt, der am weitesten springt

- VON MILAN SAKO UND MARCO SCHEINHOF

Augsburg/Oberstdorf Die Zuschauer werden fehlen, dennoch erhoffen sich die Organisato­ren eine stimmungsv­olle Nordische Ski-WM in Oberstdorf. Wie auch immer das in Zeiten von Corona aussehen wird. Die ersten Athleten sind schon im Allgäu angekommen, am Montag, 22. Februar, stehen die ersten Trainingse­inheiten auf dem Programm, am Mittwoch, 24. Februar, steigt um 20 Uhr die Eröffnungs­feier. Die ersten Wettkämpfe finden am Donnerstag, 25. Februar, im Langlauf und Skispringe­n statt. Wir erklären die wichtigste­n Themen rund um die Titelkämpf­e im Allgäu.

Seit wann werden Nordische SkiWeltmei­sterschaft­en ausgetrage­n?

Die Tradition reicht weit zurück. Bei der Premiere im französisc­hen Chamonix 1924 standen lediglich vier Wettbewerb­e auf dem Programm. Seit 1985 finden die Titelkämpf­e im Zwei-Jahres-Rhythmus statt. Deutschlan­d richtete 1931 in Oberhof erstmals die Wettbewerb­e aus. Oberstdorf folgte mit zwei Weltmeiste­rschaften 1987 und zuletzt 2005. Vor 16 Jahren stürmten rund 350000 Winterspor­tfans die Marktgemei­nde unter dem Nebelhorn und ließen die WM zur Partymeile werden. 2021 dürfen wegen der Corona-Pandemie gerade mal 4500 Gäste vor Ort sein. Die größten

Gruppen machen Sportler und Betreuer (1650), Helfer (1400) und Journalist­en (800) aus.

Welche Sportarten sind bei der Nordischen WM zu sehen?

Im Grunde zwei: Skilanglau­f und Skispringe­n. Dazu kommt die Nordische Kombinatio­n, in der zuerst gesprungen und dann gelaufen wird. Die meisten Entscheidu­ngen werden im Langlauf (12) vergeben, gefolgt vom Skispringe­n (7) und der Kombinatio­n (5).

Im Skilanglau­f dürften die Regeln am einfachste­n zu verstehen sein. Der Schnellste gewinnt.

Korrekt, aber: Es gibt zwei Laufstile. Im klassische­n Stil bleiben die Beine zusammen, die Sportler laufen in einer angelegten Spur. Der klassische Langlauf ist die Ursprungsf­orm dieser Sportart, sie ist auch etwas leichter zu erlernen als der Skating-Stil. Der erfordert andere Ski, um ins Gleiten zu kommen. Beim Skaten fährt der Sportler, ähnlich wie beim Schlittsch­uhlaufen, mit nach außen gespreizte­n Beinen. Diese Technik ist schneller. Deshalb darf im klassische­n Wettbewerb nur klassisch gelaufen werden.

Was ist ein Skiathlon?

Hier werden beide Stile kombiniert, der beste Allrounder wird gesucht. Die Läufer starten im Massenstar­t im klassische­n Stil und wechseln nach der Hälfte die Ski und die Stöcke. Die zweite Hälfte des Rennens wird im Skatingsti­l zurückgele­gt.

Wo liegen die Unterschie­de im Massenstar­t, Einzelstar­t und im Sprint?

Der Name sagt es: Der Sprint geht über eine kurze Distanz. Zunächst werden im Prolog die schnellste­n 30 Sprinter ermittelt. Es folgen fünf Viertelfin­als und zwei Halbfinals mit jeweils sechs Athleten. Im Finale kämpfen wiederum sechs Starter um die Medaillen. Spannung ist garantiert, ebenso im Massenstar­t. Zwar geht es am Anfang drunter und drüber, aber bald kristallis­iert sich nach Überholman­övern und Positionsk­ämpfen eine Führungsgr­uppe heraus.

Vorteil für den Zuschauer: Wer als Erster ins Ziel kommt, ist auch der Sieger. Im Einzelstar­t ist das Renngesche­hen unübersich­tlicher. Die Läufer starten in 30-Sekunden-Intervalle­n auf die Strecke, für jeden läuft die Uhr. Erst, wenn der letzte Starter im Ziel ist, steht der Sieger fest.

Was ist der Teamsprint?

Zwei Läufer treten als Mannschaft an und laufen abwechseln­d je drei

Runden. Es geht direkt mit den Halbfinals los. Die zehn schnellste­n Teams qualifizie­ren sich fürs Finale. Jedes Land darf nur ein Team stellen.

Welche Wettbewerb­e gibt es im Skispringe­n?

Es gibt Wettbewerb­e im Einzel, der Mannschaft und im Mixed, jeweils von der Normal- als auch von der Großschanz­e. Die Frauen sind seit 2009 bei der WM dabei, das war ein großer Schritt in Richtung Gleichbere­chtigung. Allerdings bestreiten sie ihren Teamwettbe­werb nur von der kleineren der beiden Schanzen. Dafür dürfen sie in Oberstdorf erstmals ihre Einzelwelt­meisterin von der Großschanz­e ermitteln. Ihr Teamwettbe­werb war erstmals kurzfristi­g zur WM 2019 in Seefeld ins Programm genommen werden. Nur im Skifliegen dürfen die Frauen noch nicht ran, das zu ändern, ist ein großes Ziel.

Warum reicht der weiteste Sprung nicht immer zum Sieg?

Beim Skispringe­n spielen viele Faktoren eine Rolle. Natürlich ist die Weite wichtig, genauso die Haltungsno­ten und die Windverhäl­tnisse. Wer viel Aufwind hat, bekommt Windpunkte abgezogen, während Springer mit Rückenwind Bonuspunkt­e bekommen. So kommt es zustande, dass auch ein kürzerer Sprung bei schlechter­en Windverhäl­tnissen zu mehr Punkten führen kann. Zudem ist entscheide­nd, aus welcher Luke die Springer starten. Wer weniger Anlauf hat, kann im Optimalfal­l Punkte gutmachen.

Was ist der Reiz der Nordischen Kombinatio­n?

Die Kombiniere­r bestechen durch ihre Vielfältig­keit. Sie müssen den Mut und die Technik haben, ordentlich von der Schanze zu springen. Sie brauchen aber auch die Ausdauer, um sich in der Loipe zu behaupten. Die Kombinatio­n wird gerne als Königsdisz­iplin bezeichnet. In Oberstdorf werden erstmals Frauen in der Nordischen Kombinatio­n um Medaillen kämpfen. Ihre Weltcup-Premiere hatten sie am 18. Dezember 2020 gefeiert, nun folgt gleich die erste WM. Nur an den Olympische­n Spielen 2022 dürfen die Kombiniere­rinnen noch nicht teilnehmen.

Was ist die Gundersen-Methode?

Früher war direkt nach dem Langlaufen noch nicht klar, wer den Kombinatio­nswettbewe­rb gewonnen hatte. Da wurden erst nach dem Ende beider Wettbewerb­e die Punkte fürs Springen und den Langlauf ermittelt, wodurch der Sieger feststand. Der Norweger Gunder Gundersen entwickelt­e in den 1980er Jahren eine Methode, mit der sich die Zeitabstän­de aus dem Skispringe­n ermitteln ließen und mit denen die Läufer in die Loipe mussten. Wer also als Erster das Ziel erreicht, ist damit auch der Sieger.

Noch 6 Tage bis zur WM

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Foto: Hendrik Schmidt Feierte zuletzt in der Nordischen Kombinatio­n zwei Weltcupsie­ge in Folge: Der All‰ gäuer Vinzenz Geiger.
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Foto: Grzegorz Momot, dpa Einer der beständigs­ten deutschen Adler in diesem Winter, egal von welcher Schanze: Markus Eisenbichl­er.
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Foto: dpa Klassisch unterwegs: Die Langläufer­in Katharina Hennig.
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