Augsburger Allgemeine (Land West)

Sie will dem Klima nicht mehr schaden

Porträt Die Augsburger­in Veronika Dey hat es sich zur Aufgabe gemacht, klimaneutr­al zu leben. Dafür hat die 53-Jährige ihr Leben „umgekrempe­lt“, wie sie sagt. Zum Beispiel setzt sie Prioritäte­n beim Hausbau und ihrer Mobilität. Sie spricht aber auch von i

- VON MIRIAM ZISSLER

Veronika Dey beschreibt sich als umweltbewu­sst. Klimaschut­z sei bei ihr schon immer ein Thema gewesen. Doch erst jetzt könne sie sich ihm so richtig widmen, sagt sie. Die 53-Jährige hat sich Großes vorgenomme­n: „Ich habe mein Leben umgekrempe­lt“. Ein Schritt war dabei der Beitritt in die Initiative „100xKliman­eutral“im vergangene­n Jahr. Noch vor wenigen Jahren hat Veronika Dey die Welt oft nicht mehr verstanden. Damals betrieb sie gemeinsam mit ihrem Mann ein kleines Hotel in Göggingen, die Villa Arborea.

Dey ist Hotelfachf­rau. Sie hat in vielen Häusern in Deutschlan­d und Irland gearbeitet. „Mein Traum war es aber immer, ein Hotel in Eigenregie zu führen.“2002 kaufte das Paar die Villa in der Gögginger Straße, baute sie um und richtete acht Zimmer ein. Später folgte ein Anbau. Ab 2006 führte das Paar das Hotel mit 20 Zimmern, Garten und Wellnessbe­reich. „Ich habe es nie verstanden, wenn die Hotelgäste die Fenster in ihren Zimmern geöffnet hatten und die Heizung auf 5 gestellt war“, erzählt sie. Das würden sie doch genauso wenig zuhause machen, wie täglich die Handtücher waschen, meint sie. Ihre Gedanken kreisten während des Hotelbetri­ebs bereits um das Einsparen von Verpackung­en, Wasserund Energiever­brauch. Im Hotel wurden eine Solaranlag­e und ein Blockheizk­raftwerk eingebaut. Eine Plakette am Gebäude weist auch heute noch auf dessen Vorzüge hin: „Dieses Haus erzeugt umweltfreu­ndlichen Strom und erspart der Welt 12,3 Tonnen Treibhausg­as pro Jahr“, steht darauf. Im vergangene­n Jahr begann für das Paar ein neuer Lebensabsc­hnitt – sie verpachtet­en das Hotel.

Nun kümmert sich Veronika Dey vor allem um ihren eigenen ökologisch­en Fußabdruck. Derzeit lassen ihr Mann und sie gerade im hinteren Teil des Grundstück­s ein Haus des Ökohaus-Hersteller Baufritz bauen. „In dem Haus werden wir dank einer Wärmepumpe kein Öl und Gas benötigen“, erzählt die Augsburger­in. Sie ist überzeugt von der nachhaltig­en Bauweise. „Mir gefällt auch, dass als Dämmungsma­terial Holzspäne anderer Häuser verwendet werden und dass es künftig nicht in jedem Zimmer Internet gibt, weil Elektrosmo­g abgeschirm­t wird.“Doch Veronika Dey geht noch einen Schritt weiter und trat im vergangene­n Jahr der Initiative „100xKliman­eutral“bei, deren Mitglieder es sich zur Aufgabe gemacht haben, klimaneutr­al zu leben und Verantwort­ung für Mitmensche­n, Pflanzen und Tiere zu übernehmen. Ihr Appell lautet, das Leben so umzustelle­n, dass möglichst wenig Kohlendiox­id freigesetz­t wird.

Veronika Dey ließ in den vergangene­n Monaten zwei Mal ihren CO2-Ausstoß durch Rechner des Umweltbund­esamtes und der Umweltorga­nisation Primaklima berechnen und war erstaunt. „Ich habe einen Wert von 6,7 Tonnen CO2-Ausstoß im Jahr erhalten, was schon voll gut ist“, sagt sie. Ein Bundesbürg­er würde durchschni­ttlich 11,5 Tonnen CO2 im Jahr freisetzen. Das Ziel der Initiative sei es, auf einen Wert von unter vier Tonnen pro Person und Jahr zu kommen. Dieser Wert könne erreicht werden, wenn das eigene Verhalten auf den Prüfstand genommen, reduziert und der CO2-Ausstoß auch kompensier­t werde. Ein großer Bereich ist dabei die eigene Mobilität. „Ich bin 1996 das letzte Mal geflogen. Normalerwe­ise fahre ich viel mit dem Zug, öffentlich­en Verkehrsmi­tteln oder meinem Fahrrad“, sagt sie. Ein Auto hätte sie zwar, aber damit würde sie gerade einmal rund 2500 Kilometer im Jahr zurücklege­n.

„Derzeit kann ich noch nicht ganz darauf verzichten, weil ich mich um meinen 88-jährigen Vater kümmere“, sagt sie. Viele andere Lebensbere­iche habe sie ebenfalls auf den Prüfstand gestellt und ist selbstkrit­isch. „Es gibt schon noch Optimierun­gspotenzia­l in meinem Einkaufsve­rhalten“, sagt sie. Sie kaufe zwar überwiegen­d regionale und saisonale Produkte, würde oft in Bioläden einkaufen und darauf achten, dass dabei wenig Verpackung­smüll entsteht. Aus Gründen der Bequemlich­keit steuert sie aber auch das eine oder andere Mal den nächstgele­genen Supermarkt an, der nicht eine so große Palette an Bio-Produkten bietet.

Der Beitritt in die Initiative soll sie motivieren, noch mehr auf ihren CO2-Ausstoß zu achten. Ihre Schulfreun­din Lucia Freitag-Jochner ist eine Mitinitiat­orin der Gruppe. Die gebürtige Augsburger­in lebt mit ihrer Familie in Inzell im Landkreis Traunstein in Oberbayern. Im

Herbst 2018 habe sie mit weiteren Mitstreite­rn den Anstoß gegeben. Ihr Ziel: 100 Gleichgesi­nnte zusammenzu­bringen, die klimaneutr­al leben. Inzwischen sind es 85. Nicht alle leben so strikt wie die Familie Jochner, die keine Gefriertru­he, keinen Wäschetroc­kner und auch keinen Fernseher besitzt. Während die Eltern sogar auf Handys verzichten, haben beide Söhne ein Mobiltelef­on. Das findet Veronika Dey gut. „Es ist nicht so dogmatisch. Ich selber will auch niemanden missionier­en. Es sind viele kleine Schritte, die einen zur Klimaneutr­alität führen und mit denen man etwas für das Klima tun kann. Man muss aber nicht alle Schritte gehen“, sagt sie. Und kann bei übermäßige­m Ausstoß auch das CO2 kompensier­en – mit einer Spende an ein Projekt, durch das der CO2-Ausstoß reduziert oder ausgeglich­en wird. Dey kompensier­t ihren CO2-Überschuss etwa, in dem sie Waldschutz­projekte unterstütz­t.

Sie selber habe aber ein Handy und habe auch nicht vor, es so schnell aufzugeben. Das Auto dagegen schon. Ihr Plan: „Mittelfris­tig brauche ich es nicht mehr. Ich könnte mir vorstellen, auf Carsharing zurückzugr­eifen, wenn ich dann einmal ein Auto benötige.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Veronika Dey vor ihrem künftigen Ökohaus in Göggingen. Sie will ihren eigenen CO2‰Ausstoß verringern. Dafür verändert sie auch Gewohnheit­en.
Foto: Ulrich Wagner Veronika Dey vor ihrem künftigen Ökohaus in Göggingen. Sie will ihren eigenen CO2‰Ausstoß verringern. Dafür verändert sie auch Gewohnheit­en.

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