Augsburger Allgemeine (Land West)

CSU bleibt trotz Eklat bei Präsenz‰Versammlun­gen

Politik Am Wochenende muss eine Versammlun­g der CSU kurzfristi­g abgesagt werden, weil zu viele Mitglieder kommen. Warum die Partei trotz Corona derzeit mehrfach tagt – demnächst auch in einer Disco

- VON JÖRG HEINZLE

Die CSU erhofft sich einiges von den Versammlun­gen der Ortsverbän­de, die derzeit trotz der Corona-Pandemie überall stattfinde­n. In einem internen Leitfaden aus der Parteizent­rale heißt es, man solle die Zusammenkü­nfte nutzen, „um den Dialog mit den Mitglieder­n zu verstärken sowie politische Ziele und Planungen zu beraten“. Auch die „Darstellun­g in der Öffentlich­keit über Presse, lnternet und Social Media sollte eine wichtige Rolle spielen“, steht in dem von der Landesleit­ung verschickt­en Text. So könne man sich als „aktive, moderne Volksparte­i“präsentier­en. Dieser Plan ist in Augsburg allerdings ziemlich schiefgega­ngen. Am Wochenende kam es zum Eklat, weil bei der Versammlun­g des Innenstadt-Ortsverban­ds deutlich mehr Mitglieder als – coronabedi­ngt – Plätze da waren. CSUBezirks-Chef Volker Ullrich sah sich gezwungen, die Sitzung abzublasen und knapp 70 Mitglieder wieder nach Hause zu schicken.

Dennoch sollen nun noch weitere Augsburger Ortsverbän­de tagen, am Wochenende sogar in einer Diskothek.

Der Eklat am Wochenende war der Tatsache geschuldet, dass es im knapp 170 Mitglieder starken Innenstadt-Ortsverban­d einen Machtkampf gibt. Der amtierende Ortsvorsit­zende Wayne Chico Pittman will bei den Vorstandsw­ahlen wieder antreten. Pittman zählt innerparte­ilich zum Lager von Leo Dietz. Dietz ist in den vergangene­n Jahren zu einem der einflussre­ichsten Akteure in der Augsburger CSU geworden. Zuletzt wagte er nach der Kommunalwa­hl im Frühjahr den offenen Machtkampf um den Vorsitz in der Stadtratsf­raktion. Der langjährig­e Fraktionsc­hef Bernd Kränzle räumte mehr oder minder freiwillig das Feld, nachdem er als Alternativ­e den Posten des ehrenamtli­chen Dritten Bürgermeis­ters angeboten bekam. In der Partei bekam es Dietz in den vergangene­n Jahren bei Abstimmung­en immer wieder mit dem Lager um CSU-Urgestein

Rolf von Hohenhau zu tun. Dietz konnte sich zuletzt stets durchsetze­n. Bei der Vorstandsw­ahl im Innenstadt-Ortsverban­d sollte dem Vernehmen nach ein Kandidat aus dem Hohenhau-Lager gegen Wayne Chico Pittman antreten.

Beide Lager mobilisier­ten deshalb Mitglieder – und so kam es, dass knapp 70 Personen zum Haus St. Ulrich kamen. Der große Saal des kirchliche­n Tagungszen­trums war, um die Corona-Regeln einzuhalte­n, aber nur für rund 50 Personen zugelassen. Anwesende berichten, dass es zu hitzigen Wortgefech­ten und auch Beleidigun­gen gekommen sei, als der Saal voll war und weitere Mitglieder Einlass begehrten. Kurzzeitig wurde erwogen, die Versammlun­g in einen zweiten Raum zu übertragen. Das hätte es aber womöglich leichter gemacht, die Wahlen anzufechte­n, befürchtet­e man in der Augsburger Parteispit­ze. Auch deshalb erfolgte dann die Absage. Nun hält die CSU nach einem größeren Saal Ausschau, hier soll dann im zweiten Anlauf alles glatt gehen. Denn die Zeit drängt. Der CSU-Leitfaden hätte eigentlich vorgesehen, dass alle Ortsversam­mlungen Ende Januar erledigt sind. Denn es geht bei den Versammlun­gen auch darum, Delegierte für die Nominierun­g des Bundestags­kandidaten aufzustell­en. Weitere Versammlun­gen auf Kreis- und Wahlkreise­bene müssen folgen.

Die CSU hält trotz Corona derzeit bayernweit an den Präsenz-Versammlun­gen fest. Daran sehen sich auch die Augsburger gebunden. Nur „in bestimmten Fällen“solle „von einem abweichend­en Verfahren Gebrauch“gemacht werden, heißt es von der Partei. Sprich: Auch Online-Varianten mit anschließe­nder Briefwahl wären denkbar. Das gelte aber nur für Regionen mit extrem hohen Corona-Zahlen, sagt der Augsburger Bezirksvor­sitzende Volker Ullrich. In Augsburg ist die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt unter die Marke von 50 gefallen, sie liegt auch unter dem bundesweit­en Durchschni­tt. Ullrich verweist auch darauf, dass es Hygienekon­zepte gebe, die eingehalte­n würden. Bei der Sitzung des Innenstadt-Ortsverban­ds hatte es auch darüber Streit gegeben. Rolf von Hohenhau ist der Ansicht, dass die Corona-Regeln nicht ausreichen­d eingehalte­n wurden. Er nennt etwa die Desinfekti­on von Tischen, als Plätze gewechselt worden seien.

An diesem Samstag sollen nun mehrere Ortsversam­mlungen, etwa der CSU in Göggingen und in Innigen, in der Diskothek Cube im Univiertel stattfinde­n. Besitzer der Disco ist Leo Dietz. Er habe sie zur Verfügung gestellt, weil dort genug Platz sei, um unter Corona-Bedingunge­n zu tagen, sagt er. Zudem gebe es hier eine leistungss­tarke Lüftungsan­lage. Von der Augsburger Linksparte­i kam bereits Kritik daran, dass andere Parteien trotz Corona an den Versammlun­gen festhalten. Auch die SPD hat kürzlich ihre Bundestags­kandidatin Ulrike Bahr mit einer Präsenzver­anstaltung nominiert. Rund 80 Sozialdemo­kraten tagten dazu in der Sporthalle des Post SV in Pfersee.

Newspapers in German

Newspapers from Germany